Strommacherin: Walburga Hemetsberger stellt sich vor
Sie sorgen dafür, dass in Österreich die Lichter nicht ausgehen: die tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Energiewirtschaft. Strom Linie lässt in jeder Ausgabe zwei von ihnen selbst zu Wort kommen: Hier erzählen sie von ihrer Motivation, ihrer Verantwortung und ihrem beruflichen Alltag.
Seit 24 Jahren arbeite ich inzwischen in Brüssel. Und ich fühle mich hier wirklich wohl. Das liegt natürlich auch daran, dass meine Familie hier lebt, doch nicht nur. Brüssel ist einfach ein Ort, an dem unglaublich viele Menschen zusammenkommen, die etwas bewegen, die die Welt, wenn man pathetisch sprechen möchte, zu einem besseren Ort machen wollen. Es gibt hier ganz viele purposeful jobs, Aufgaben die sinnstiftend sind.
Mein aktueller Job ist das definitiv. Seit fünf Jahren leite ich als CEO Solar Power Europe einen Verband, der die Interessen der europäischen Solarwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette vertritt. In der Energiebranche bin ich aber viel länger. Mein erster energiebezogener Job in Brüssel war die Leitung des hiesigen Büros von VERBUND. Meine Faszination für Europa reicht aber noch viel länger zurück, in meine Studienzeit. Da habe ich ein Praktikum im Europaparlament gemacht und habe von da an gewusst: Einen Job mit EU-Bezug, das wünsche ich mir!
Was uns als Solar Power Europe derzeit sehr beschäftigt – wir sind hier in Brüssel etwas mehr als 50 Personen – ist der massive Aufschwung, den die Solarenergie, nicht zuletzt als Folge der Energiekrise, erlebt. Allein im letzten Jahr wurden in ganz Europa mehr als 56 GW an Solarstrom installiert. Damit man sich vorstellen kann, was das bedeutet: Das sind zusätzliche 17 Millionen Haushalte, die mit grüner Energie versorgt werden können. Der rasante Zubau bringt allerdings die Netze vielerorts in Europa an ihre Kapazitätsgrenzen.
Wenn wir, wie in den europäischen Zielen festgeschrieben, bis 2030 eine Solarleistung von 750 GW erreichen wollen, bedeutet das im Schnitt einen Zubau von 70 GW pro Jahr. Flexibilitäten und Speicher zu schaffen, damit die europäischen Netze diese Mengen an volatiler Energie bewältigen können, ist daher zentral. Neben dem ohnehin unverzichtbaren Netzausbau gibt es auch viele smarte Lösungen, die dafür genutzt werden können, zum Beispiel Wechselrichter, die auch netzunterstützend eingesetzt werden können.
Ein anderer wichtiger Schwerpunkt für die nächste Legislaturperiode werden auch wirtschaftspolitische Fragen sein. Die EU bekennt sich im Rahmen ihres Net Zero Industry Acts dazu, die europäischen Produktionskapazitäten für grüne Technologien auszubauen. Im Bereich Solar sind wir im Moment aber noch sehr stark von nichteuropäischen Rohstoffen und Vorprodukten abhängig. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette entfielen im letzten Jahr bei Solaranlagen gerade einmal zwei Prozent der Wertschöpfung auf Europa. Das gilt es zu ändern, auch um Europa resilienter zu machen. Dass 23 europäische Energieminister:innen jüngst eine Solar-Charta unterschrieben haben, die das als Ziel hat, sehe ich als einen wichtigen Fortschritt.
Doch es wird noch viel mehr brauchen – zum Beispiel auch Initiativen, die sicherstellen, dass der Solarwirtschaft in Zukunft jene Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, die sie benötigt.