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Strommacherin: Asetila Köstinger stellt sich vor 

Sie sorgen dafür, dass in Österreich die Lichter nicht ausgehen: die tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Energiewirtschaft. Strom Linie lässt in jeder Ausgabe zwei von ihnen selbst zu Wort kommen: Hier erzählen sie von ihrer Motivation, ihrer Verantwortung und ihrem beruflichen Alltag.
 

Meine Freunde nennen mich Tila, die Hummel. Wieso? Weil ich mich immer wieder an Projekten versuche, von denen alle sagen: Das kann doch nicht funktionieren! Und am Ende funktioniert es doch. Sie kennen diese Hummel-Geschichte: Nach den Gesetzen der Aerodynamik dürfte die Hummel gar nicht fliegen können, ihre Flügelfläche ist dafür zu klein. Doch sie weiß nichts davon oder sie ignoriert es – und fliegt trotzdem.

„Wir beheizen mit der vorhandenen Wärme über einen Wärmetauscher und einen geschlossenen Wasserkreislauf Glashäuser.“

Asetila Köstinger Greenwell Energy GmbH

Eines meiner aktuellen Projekte, von denen viele anfangs meinten, es würde niemals funktionieren können, ist Greenwell Energy. Ich habe Greenwell Energy 2018 gemeinsam mit Robert Philipp, einem früheren OMV-Manager, und Werner Donke, der früher unter anderem bei Haliburton war, gegründet. Robert kam eines Tag mit der Idee, aufgelassene Bohrungen von Erdölfirmen als Wärmequellen zu nutzen.

Normalerweise werden solche Bohrungen verfüllt und liquidiert. Doch das ist Verschwendung, sie können schließlich eine großartige Quelle für Geothermie sein. Pro hundert Metern Tiefe wird es durchschnittlich um drei Grad wärmer. Schon in eintausend Metern Tiefe kann man daher eine Temperatur von rund dreißig Grad erwarten. Die Erdölbohrungen sind üblicherweise 2.000 bis 3.500 Meter tief, bieten also einiges an Wärme, auch wenn sich nicht jedes Bohrloch gleich gut eignet.

Das Potenzial für unsere Idee ist riesig: Weltweit gibt es mehr als eine Million Bohrlöcher, rund zehn bis dreißig Prozent davon werden aufgelassen. Die Herausforderung besteht natürlich darin, dass der Ort, an dem man daraus die Wärme entnehmen kann, nicht frei wählbar, sondern durch die Bohrung vorgegeben ist. In Europa befinden sich solche Bohrungen oft auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Der Business Case, den wir entwickelt haben, ist daher auf Landwirte und Agripreneure zugeschnitten. Wir beheizen mit der vorhandenen Wärme über einen Wärmetauscher und einen geschlossenen Wasserkreislauf Glashäuser. Das Geschäftsmodell dahinter lässt sich als Heat-as-a-Service bezeichnen, der Landwirt oder Agripreneur bezieht von uns Wärme, die ihm uneingeschränkt 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht, und zahlt dafür einen monatlichen Fixbetrag. Die Anlage selbst verbleibt in unserem Besitz.

Nebenbei gesagt: Glashaus muss nicht zwingend Gemüse bedeuten, die konstanten Temperaturen, die sich mit unserer Technologie erzielen lassen, können auch für die Trocknung, etwa von Gewürzen, die Zucht von exotischen Früchten oder auch von Garnelen und Hummern genutzt werden. Und für vieles andere auch.

Ich bin mir daher sicher: Wir werden auch diese Idee zum Fliegen bringen.