Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz 2025 aus Sicht der E-Wirtschaft
Der neue Begutachtungsentwurf zum Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) 2025 ist ein wesentlicher Schritt hin zu einem modernen, funktionalen und fairen Stromsystem. Der Entwurf bildet viele der Anforderungen einer sicheren, sauberen und leistbaren Stromversorgung ab und berücksichtigt die europäischen Vorgaben umfassend.
Die E-Wirtschaft begrüßt den Fortschritt, sieht jedoch in mehreren Punkten Anpassungsbedarf, um die Ziele – Investitionssicherheit, Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Kundenschutz – in der Praxis zu erreichen. Einige Regelungen führen zu zusätzlicher Belastung einzelner Akteure oder bergen erhebliche Rechtsunsicherheiten. Ziel muss ein Gesetz sein, das Planungssicherheit schafft und die Energiewende beschleunigt statt bremst.
Positive Aspekte
- Leistungsorientierte Tarifstruktur: Mehr Kostengerechtigkeit, höhere Transparenz und Effizienz.
- Spitzenkappung bei PV/Wind: Ermöglicht bessere Nutzung bestehender Netze mit minimalen Ertragseinbußen.
- Digitale Kundenkommunikation: Moderne, zeitgemäße Lösung mit Mehrwert für Kund:innen.
- Flexibles Netzentgelt: Systemdienliches Verhalten wird belohnt – ein sinnvoller Anreiz.
- Wahlrecht bei Abrechnungen: Mehr Flexibilität und Kundennähe durch Monats- oder Jahresabrechnung
- Grundversorgung: Abstellen auf Neukundentarif
Wo wir noch Änderungsbedarf sehen
Was sieht das ElWG vor?
Der Entwurf sieht vor, dass künftig auch Stromerzeuger Netznutzungsentgelte („G-Komponente“) entrichten sollen. Damit würden alle Einspeiser – unabhängig von Größe und Technologie – zu einer zusätzlichen Kostenbeteiligung herangezogen.
Unsere Einschätzung
Diese Regelung würde die österreichische Stromerzeugung im europäischen Vergleich deutlich schwächen. Schon heute sind Einspeiser in Österreich stärker belastet als in den meisten Nachbarländern. Zusätzliche Entgelte würden die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Produktion gefährden, Investitionen verteuern und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen hemmen. Der Ansatz widerspricht dem Ziel, Erneuerbare rasch zu integrieren und die Strompreise langfristig zu senken. Besonders problematisch wäre eine generelle Einbeziehung von Anlagen ab 5 MW, die bereits spezifische Entgelte leisten.
Unser Vorschlag
- Keine Netznutzungsentgelte für Einspeiser: Eine generelle Einbeziehung von Erzeugern ist abzulehnen:
- Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen: Einspeiseentgelte führen zu Standortnachteilen und erhöhen das Investitionsrisiko.
- Europäische Lösung: Österreich sollte sich am europäischen Standard orientieren, wo Einspeiseentgelte die Ausnahme sind.
Was sieht das ElWG vor?
Speicher sollen von Netzentgelten befreit werden, wenn sie „systemdienlich“ betrieben werden. Ob ein Speicher systemdienlich ist, soll im Einzelfall festgestellt werden.
Unsere Einschätzung
Die Befreiung ist grundsätzlich positiv, da Speicher das Netz entlasten und die Integration erneuerbarer Energien ermöglichen. Die geplante Einzelfallprüfung bietet aber keine Rechtssicherheit und ist mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbunden.
Zudem ist der Begriff „systemdienlich“ unklar definiert. Ohne klare gesetzliche Kriterien besteht Planungsunsicherheit, die Investitionen hemmt. Bestehende Speicher, die im Vertrauen auf die Entgeltbefreiung nach den Bestimmungen des ElWOG 2010 errichtet wurden, benötigen in jedem Falle einen Bestandsschutz.
Unser Vorschlag
- Klare Definition der Systemdienlichkeit: Inklusive der Berücksichtigung marktbasierter Speicherbetriebskonzepte, da auch diese einen Beitrag zur Systemstabilität leisten.
- Pauschale Befreiung von doppelten Netzentgelten (Bezug + Einspeisung) für Speicher.
- Bestandsschutz für bestehende Anlagen, die auf Basis der früheren Rechtslage errichtet wurden - zur Sicherstellung von Investitions- und Rechtssicherheit.
Was sieht das ElWG vor?
Das ElWG 2025 sieht zum einen ein gesetzliches Preisänderungsrecht für Lieferanten vor, zum anderen sind Energielieferanten verpflichtet, gesunkene Beschaffungskosten innerhalb von sechs Monaten an ihre Kund:innen weiterzugeben. Gleichzeitig werden neue Informations- und Transparenzpflichten festgelegt.
Unsere Einschätzung
Die Zielsetzung – Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Preisänderungen – ist nachvollziehbar. Die vorgeschlagene Umsetzung geht jedoch weit über den Verbraucherschutz hinaus und führt zu massiven rechtlichen und wirtschaftlichen Problemen:
Die vorgesehene Senkungsverpflichtung nach sechs Monaten („6-Monats-Floater“) führt zu einer versteckten Preisregulierung und untergräbt langfristige Vertragsmodelle. Auch können die Vertragsparteien Preisänderungsklauseln nicht mehr frei gestalten. Dies steht im Widerspruch zur zivilrechtlichen Vertragsfreiheit und zu EU-Vorgaben, die eine unternehmerische Preisgestaltung zulassen. Darüber hinaus geraten Anbieter mit langfristiger Beschaffung (z. B. über Terminmärkte) gegenüber kurzfristig agierenden Lieferanten ins Hintertreffen.
Unser Vorschlag
- Klarstellung im Gesetz, dass die vorgeschlagene Bestimmung nicht auf vertraglich vereinbarte Preisgleit- oder Indexklauseln anwendbar ist.
- Streichung der Senkungsverpflichtung nach sechs Monaten – Preisänderungen müssen an objektive Marktverhältnisse gekoppelt bleiben.
- Verlängerung der Übergangsfristen, um eine rechtssichere Umstellung bestehender Verträge zu ermöglichen.
Was sieht das ElWG vor?
Die Auffangversorgung soll Kund:innen automatisch einem Auffangversorger zuweisen, wenn kein gültiger Liefervertrag besteht. Sie soll die kontinuierliche Stromversorgung sicherstellen und Abschaltungen vermeiden.
Unsere Einschätzung
Das Ziel, Versorgungslücken zu vermeiden, ist nachvollziehbar. Die praktische Ausgestaltung birgt aber erhebliche Risiken, denn die Automatische Zuweisung führt zu schwer kalkulierbaren Preis- und Mengenrisiken. Darüber hinaus schwächen der hohe administrative Aufwand und unklare Haftungsfragen die Wettbewerbsdynamik. Zu kritisieren ist auch die derzeit fehlende Begrenzung des Anwendungsbereichs – denn auch freiwillige oder verschuldete Vertragsbeendigungen würden erfasst.
Unser Vorschlag
- Einschränkung auf unverschuldete Vertragslosigkeit, insbesondere bei Lieferantenausfall.
- Abschaffung des automatischen Zuweisungsmechanismus – Kund:innen sollen aktiv einen Antrag stellen müssen.
- Preisgestaltung analog zur Grundversorgung zu den geltenden Neukundentarifen.
- Rechtssichere Definition des Schuldverhältnisses zwischen Auffangversorger und Kund:in.
- Klare Regelungen für den Zeitraum nach Ablauf der zweijährigen
Was sieht das ElWG vor?
Der Entwurf sieht einen gestützten Energiepreis (6 ct/kWh bis 2.900 kWh) für definierte einkommensschwache Haushalte vor, finanziert durch Beiträge der Stromlieferanten.
Unsere Einschätzung
Die Unterstützung sozial schwächerer Haushalte ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Finanzierung über die Energiewirtschaft ist jedoch systemwidrig.
Die Energiepolitik kann soziale Härtefälle abfedern, aber soziale Umverteilung ist Aufgabe der allgemeinen Sozialpolitik.
Unser Vorschlag
- Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln statt aus Branchenbeiträgen.
- Transparente Abwicklung über bestehende Sozialstrukturen.
- Berücksichtigung des Energiekrisenbeitrags der Branche (ca. 200 Mio. €/Jahr) als Beitrag zur sozialen Entlastung.
Was sieht das ElWG vor?
Alle Smart Meter sollen künftig Viertelstundenwerte liefern. Herausfordernde Kund:innen – z. B. mit PV-Anlagen, Wärmepumpen oder in Energiegemeinschaften – werden prioritär umgestellt.
Unsere Einschätzung
Die verpflichtende Auslesung von Viertelstundenwerten ist ein wichtiger Fortschritt für eine verursachungsgerechte Netzkostenverteilung.
Die Umsetzung ist technisch anspruchsvoll, daher müssen die Fristen realistisch gestaltet werden. Die derzeitige Praxis der Restlastzuordnung belastet einzelne Lieferanten („Local Player“) unverhältnismäßig und führt zu Wettbewerbsverzerrungen.
Unser Vorschlag
- Beibehaltung des Stufenplans mit verlängerten Fristen
- Klare Definition und faire Verteilung der Restlast auf alle Lieferanten
- Diskriminierungsfreie Datenauswertung durch die Regulierungsbehörde.
- Rechtssichere Übergangsregelungen zur Entlastung der Local Player bis zur Vollumsetzung.
Was sieht das ElWG vor?
Das Gesetz bringt erstmals die Möglichkeit eines flexiblen Netzzugangs, sieht aber vor, dass Netzzugänge nur befristet beschränkt werden können.
Unsere Einschätzung
Netzkapazitäten sind teuer und sollten bestmöglich ausgelastet sein. PV-Anlagen erreichen ihre Spitzenleistung nur wenige Stunden pro Tag. Es wäre volkswirtschaftlich unvernünftig die Netzkapazitäten auf diese seltenen Spitzen auszulegen.
Unser Vorschlag
- Dauerhafte Beschränkung der Leistung auf 70 Prozent der Maximalkapazität: Damit sinkt die Energiemenge um maximal 5 Prozent, es könnten aber 40 Prozent mehr Anlagen angeschlossen werden.
Schlussfolgerung
Der ElWG-Entwurf 2025 enthält viele positive Ansätze für ein zukunftsfähiges Energierecht. Entscheidend ist nun, die rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die Branche die Energiewende effizient umsetzen kann.
Oesterreichs Energie steht zu einem modernen, europarechtskonformen und praktikablen Elektrizitätswirtschaftsgesetz, das Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringt – ohne unnötige Belastungen und mit klarer Rechtssicherheit für alle Marktteilnehmer:innen.