UVP-Gesetz: Turbo gezündet?
Der Entwurf der Novelle des UVP-Gesetzes und des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes ist im Wesentlichen gelungen. Einige Punkte sollten aber noch überarbeitet werden.
Gleich zwei für die Energiewirtschaft wesentliche rechtliche Bestimmungen stehen im Herbst zur Beschlussfassung an: Zum einen geht es um die seit langem debattierte Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz).
Sie soll die dringend benötigte Straffung der Genehmigungsverfahren für Projekte der Energiewirtschaft bringen, die zur Umsetzung der Energiewende benötigt werden. Zum anderen handelt es sich um das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG), das den Umstieg auf eine weitestgehend klimaneutrale Wärmeversorgung von Wirtschaft und Gesellschaft vorsieht – nicht zuletzt in Hinblick auf das Ziel der Bundesregierung, Österreich bis 2040 zu einem „klimaneutralen“ Land zu machen.
Die Wärmeversorgung ist bekanntermaßen nicht die wichtigste Aufgabe der Elektrizitätswirtschaft, wiewohl dieses Thema keineswegs unterschätzt werden darf: Strom kann erheblich zur Dekarbonisierung des Wärmesektors beitragen. Dennoch ist für die Elektrizitätsbranche die Novelle zum UVP-Gesetz verständlicherweise von größerer Bedeutung als das neue EWG: Ermöglichen soll die Novelle den unverzichtbaren beschleunigten Ausbau von Erzeugungsanlagen, Netzen und den immer wichtiger werdenden Speichern. Und der Entwurf, den die Bundesregierung vorlegte, sei nach Ansicht von Oesterreichs Energie wenigstens „auf den ersten Blick ein guter, praxisnaher Vorschlag für deutlich schnellere Verfahren“, konstatiert Generalsekretärin Barbara Schmidt.
„Fast Track“ zu begrüßenBesonders begrüßt die E-Wirtschaft den sogenannten „Fast Track“ für Genehmigungsverfahren. Laut dem Begutachtungsentwurf des Klimaschutzministeriums (BMK) umfassen die Änderungen u. a. die „Beschleunigung der Genehmigung von Vorhaben der Energiewende durch Festlegung des hohen öffentlichen Interesses, den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei nicht ausreichend substanziierten Beschwerden, die Flexibilisierung bei Änderungen von Genehmigungen, die Vermeidung von Doppelprüfungen hinsichtlich des Landschaftsbildes, die Ermöglichung einer Entkoppelung ökologischer Maßnahmen von der Genehmigung und der finanzielle Ausgleich von Umwelteingriffen sowie die Beschleunigung der Genehmigung von Windkraftanlagen durch Vorgaben bei fehlender Flächenwidmung“. Vorgesehen ist in dem Entwurf ferner die „Steigerung der Verfahrenseffizienz durch Strukturierung des Verfahrens wie Prioritätensetzung hinsichtlich der Umweltauswirkungen“. Überdies bestehen „Möglichkeiten zur Setzung von Fristen“, der Aufstockung personeller Ressourcen bei Behörden und Verwaltungsgerichten sowie zum Abhalten von „Online- und Hybrid-Verhandlungen“.
Mit den einschlägigen Bestimmungen werden manche Möglichkeiten entschärft, die dazu beitragen, Verfahren zu verzögern. Beispielsweise ist es künftig nicht mehr zulässig, Beweisanträge, Einwände und Stellungnahmen bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung einzubringen. Stattdessen können die Genehmigungsbehörden Fristen für solche Vorbringungen festlegen. Enden sollen diese Fristen laut den Erläuterungen zu der Novelle zwei bis höchstens acht Wochen vor der Verhandlung. Treffen die Behörden keine Festlegungen, sind Vorbringungen „bis spätestens eine Woche vor dem Termin der mündlichen Verhandlung schriftlich“ möglich.
Mit dem „hohen öffentlichen Interesse“ an einem Projekt wiederum wird dem dringenden Ausbaubedarf und Vorrangstatus von Projekten im Bereich der Energiewende Rechnung getragen. Allerdings gibt es bei dieser Formulierung noch Nachbesserungsbedarf in Richtung EU-Vorgaben – Stichwort „überwiegendes öffentliches Interesse“. Die Wirksamkeit massenhafter, inhaltlich und oft auch wörtlich identischer „Blankobeschwerden“ soll dem Entwurf der Novelle zufolge keine aufschiebende Wirkung mehr haben und somit ein Projekt nicht mehr verzögern können. Hilfreich wäre nach Ansicht von Oesterreichs Energie auch die geplante „Flexibilisierung bei Änderungen von Genehmigungen“. Gemeint ist damit: Von der Einreichung des Projekts bis zu seiner Genehmigung vergeht manchmal so viel Zeit, dass die in den Unterlagen angeführte Anlage nicht mehr auf dem Markt erhältlich ist. Bis jetzt heißt das: Der Projektwerber muss das Verfahren von vorne beginnen. Künftig gilt die Genehmigung auch für modernere Versionen der Anlage, wenn diese vernachlässigbare Auswirkungen auf Nachbarn und die Umwelt haben. Der Projektwerber hat der Behörde die Verwendung einer anderen als der beantragten Anlage anzuzeigen. Beim Stand der Technik ist nunmehr der Zeitpunkt des Beginns der öffentlichen Auflage maßgebend und nicht mehr wie bisher der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Positiv aus Sicht der Branche ist, dass die ursprünglich diskutierte UVP-Pflicht für PV-Freiflächenanlagen keinen Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden hat.
Kritische PunkteNeben diesen Änderungen gibt es nach Ansicht von Oesterreichs Energie aber auch verbesserungsbedürftige Punkte. Sie betreffen etwa die zusätzlichen UVP-Tatbestände für Wasserkraftwerke in bestimmten Gebieten, die weder EU-rechtlich geboten noch sachlich sinnvoll sind. Kritisch sieht Oesterreichs Energie auch, „dass als Voraussetzung für eine Genehmigung die Inanspruchnahme neuer Flächen durch ein Vorhaben so gering wie möglich zu halten ist“. Laut Generalsekretärin Schmidt würden diesbezüglich „berechenbare und objektive Beurteilungsparameter“ fehlen: „Diese Unklarheit könnte sich zu einem veritablen Bremsklotz entwickeln.“ Beim so wichtigen Leitungsausbau schlägt die Branche vor, dass für Trassenaufhiebe ein Gewichtungsfaktor von 0,2 für die Berechnung des Schwellenwertes für eine UVP-Pflicht vorgeschlagen wird. Ansonsten wäre aufgrund der neu vorgeschlagenen Kumulierungsregel die Netzintegration der Erneuerbaren wesentlichen Netzausbau-Projekte sehr nachteilig.
Unklarheiten beim EWGWas das EWG betrifft, begrüßt Oesterreichs Energie grundsätzlich die Bemühungen der Bundesregierung um das Erreichen ihres Klimaneutralitätsziels „auch durch das Setzen von Maßnahmen im Gebäudebestand“. Dies betrifft nicht zuletzt Erleichterungen für den Einsatz von Wärmepumpen. Notwendig wäre diesbezüglich jedoch die „Prüfung und Überarbeitung diverser baurechtlicher Vorschriften“, um Hürden für den Einsatz der Geräte insbesondere in Bestandsgebäuden zu beseitigen. Auch abgesehen davon gibt es in dem Entwurf einige Unklarheiten. So ist beispielsweise der Zeitplan für den Ausstieg aus Erdgas „recht vage gehalten“. Laut Oesterreichs Energie wäre die Umstellungsphase möglichst kurz und die Kosten niedrig zu halten. Dies sei „essenziell für Zustimmung und Durchsetzbarkeit“. Zu wenig klar formuliert seien die Bestimmungen zum „kompetenzrechtlichen Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern“. Bisher nicht erfasst ist im EWG-Entwurf der Austausch von Gasherden, die als Wärmeabgabestellen aufgefasst werden können. Werden sie nicht berücksichtigt, könnte die Stilllegung der Gasleitungen in etlichen Häusern rechtlich undurchsetzbar sein. Überdies bemängelt Oesterreichs Energie, dass der Bereich der thermischen Sanierung in dem Entwurf nicht erwähnt wird, langfristige Förderprogramme für den Ausstieg aus fossilen Heizsystemen fehlen und keine ausreichenden Rahmenbedingungen für den Ausbau der Fernwärme bestehen.
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