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Deshalb ist Österreich Spitzenreiter bei der Spannungsqualität

Die Spannungsqualität in Österreich ist eine der besten der Welt. Und die Energiewirtschaft tut alles, damit das auch unter den Bedingungen der Energiewende so bleibt. 

Unter „Spannungsqualität“ (Power Quality, PQ) ist im Wesentlichen die Qualität der elektrischen Energie zu verstehen, die der Endkunde „an der Steckdose“ bezieht. Um sie zu bestimmen, gibt es eine Reihe von Kriterien. Auch in breiteren Bevölkerungskreisen bekannt ist das Auftreten des sogenannten „Flickers“: Schaltet jemand beispielsweise in seiner Garage eine Kreissäge ein, können im danebengelegenen Wohnhaus die elektrischen Lampen kurz flackern. Dieses Phänomen kann auch in den Bürogebäuden eines Industriebetriebes auftreten, wenn etwa ein Lichtbogenofen an dem Standort ein- oder ausgeschaltet wird. 

So harmlos, wie dies auf den ersten Blick erscheinen mag, sind die Auswirkungen von Schwankungen in der Spannungsqualität allerdings keineswegs immer. Sie können sich weithin in den Netzen ausbreiten und in der Industrie sowie im Gewerbe zu schweren Beeinträchtigungen der Funktion von Geräten führen. Zu den besonders sensiblen Branchen zählt nicht zuletzt die Halbleiterindustrie, bei der selbst Produktionsausfälle nicht grundsätzlich auszuschließen sind. Die Folge können langwierige rechtliche Auseinandersetzungen mit erheblichen Schadenersatzforderungen gegenüber dem jeweiligen Netzbetreiber sein. Oft genug stellt sich dabei nach umfangreichen, aufwendigen und komplexen Untersuchungen des Falles heraus, dass das Problem dem Kunden selbst geschuldet ist: Elektrische Anlagen, die dieser betreibt, beeinflussen einander wechselseitig und können somit die vom Netzbetreiber bereitgestellte einwandfreie Stromqualität beeinträchtigen. 

© Raimo Rudi Rumpler

Als unbestritten gilt, dass die Spannungsqualität in Österreich im internationalen Vergleich zu den besten der Welt gehört. Dazu trägt die Elektrizitätswirtschaft mit einer Reihe von Maßnahmen bei, zu denen ein umfassendes Monitoring der Spannungsqualität zählt. Die Branche achtet penibel auf die Einhaltung sämtlicher europäischer und innerösterreichischer Vorgaben zur Power Quality (siehe Kasten). Eine der wichtigsten diesbezüglichen Normen ist die EN 50160, zu deren wesentlichsten Parametern die Frequenz, die Spannungshöhe, der Oberschwingungsgehalt sowie die Symmetrie der Leiterspannungen gehören. Die aktuelle Ausgabe der EN 50160 wurde vor drei Jahren veröffentlicht. 

Die Vorgaben zur Power Quality

Zur Einhaltung der EN 50160 sind die österreichischen Netzbetreiber aufgrund der Netzdienstleistungsverordnung der Regulierungsbehörde E-Control verpflichtet. Ferner verpflichtet die Verordnung die Netzbetreiber dazu, „jährlich Messungen an 360 verschiedenen Messstellen im gesamten Bundesgebiet für mindestens drei aufeinanderfolgende Wochen durchzuführen. Die Auswahl dieser Messstellen erfolgt jährlich basierend auf einem statistischen, dem Stand der Technik entsprechenden Auswahlverfahren, das der Regulierungsbehörde vorzulegen und mit ihr abzustimmen ist. 40 weitere Messstellen sind jedes Jahr in den gleichen drei Kalenderwochen zu messen. Die Auswahl dieser Messstellen ist zu begründen und der Regulierungsbehörde vorzulegen und mit ihr abzustimmen.“

Überdies sind in allen Umspannwerken des Bundesgebiets „die Messungen von Spannungseinbrüchen, -erhöhungen sowie -unterbrechungen ganzjährig und durchgehend durchzuführen“. In der aktuellen Statistik über die Spannungsqualität in Österreich heißt es dazu: „Seit dem Berichtsjahr 2014 werden an 400 Messorten (davon 40 Messorte immer am gleichen Ort zur jeweils selben Zeit) über 3 Wochen die PQ-Parameter (Langsame Spannungsänderungen, Oberschwingungen, Flicker) entsprechend EN 50160 erfasst. Zudem erfolgt ab 1. Jänner 2014 eine ganzjährige Erfassung der Spannungsereignisse in rund zehn Prozent der Umspannwerke sowie ab 1. Jänner 2016 in rund 50 Prozent der Umspannwerke und in 100 % der Umspannwerke ab 1. Jänner 2020.“

Herausforderungen durch die Energiewende

Tatsache ist, dass die Energiewende die Sicherstellung einer hohen Spannungsqualität vor neue Herausforderungen stellt. Zu tun hat das mit dem vermehrten Einsatz dezentraler Erzeugungsanlagen ebenso wie mit der zunehmenden Anwendung von Leistungselektronik in elektrischen Geräten und Anlagen. Bei der Leistungselektronik geht es, grob gesprochen, um Folgendes: Sinkt, aus welchen Gründen auch immer, die Spannung im Stromnetz ab, erhöht die Leistungselektronik gemäß ihrer Charakteristik den Aufnahmestrom der mit ihr ausgestatteten Anlagen und Geräte, um deren einwandfreies Funktionieren sicherzustellen. Das aber erhöht wiederum die Rückwirkungen auf das Netz. Beispiele für derartige leistungselektronische Anwendungen sind Regelungen für Wärmepumpen sowie Ladecontroller von Elektroautos und beschleunigten Ladestationen, aber auch die Wechselrichter von Photovoltaikanlagen. 

In der aktuellen Ausgabe der „Technischen Regeln für die Beurteilung von Netzrückwirkungen“ der E-Wirtschafts-Verbände Österreichs, Deutschlands, der Tschechischen Republik und der Schweiz (DACHCZ III) heißt es dazu: „Die konkreten Einflüsse einzelner Technologien auf das Verhalten der Verteilernetze sind derzeit noch nicht umfassend geklärt. Anlagen von Netzbenutzern mit einem nichtlinearen Verhalten der Geräte wie beispielsweise die Wechselrichter von Erzeugungsanlagen beeinflussen die frequenzabhängige Netzimpedanz und können unerwünschte Resonanzen im Netz verursachen. Dezentrale Regelungen im Verteilnetz mit dem Ziel der lokalen Spannungshaltung können die dynamische Stabilität des Netzes beeinflussen. Auch im Falle von ‚netzfreundlichen‘ bzw. ‚netzdienlichen‘ Maßnahmen sind wichtige Fragen für den Netzbetrieb wie beispielsweise die Verfahrensweise beim Ausfall dieser Technologien noch zu wenig untersucht.“
 

Kläranlage statt Bügeleisen 

Die DACHCZ III bezieht sich auf größere sowie komplexere Anlagen, die Strom erzeugen oder verbrauchen. Ihr Thema ist also nicht das sprichwörtliche Bügeleisen des Junggesellen in der Großstadt, sehr wohl aber die 300 kWp starke Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Gewerbe- bzw. Industriebetriebs oder die kommunale Kläranlage. Die DACHCZ III dient dazu zu gewährleisten, dass die Spannungsqualität auch künftig auf einem ebenso hohen Niveau bleibt wie derzeit. Sie wurde nach umfassender Überarbeitung im Herbst des vergangenen Jahres neu veröffentlicht. Die beteiligten E-Wirtschafts-Verbände berücksichtigten dabei die jüngsten technischen Entwicklungen ebenso wie jene auf dem Markt und antizipierten, was sich für die Zukunft abzeichnet. Dazu gehört das Aufkommen von „Prosumern“ und Aggregatoren ebenso wie die anzunehmende Entstehung von Energiegemeinschaften. Erweist sich dies als erforderlich, werden die Technischen Regeln neuerlich adaptiert, heißt es aus der E-Wirtschaft. 

„Trafos machen die Netze ‚härter‘ und dämpfen die Netzrückwirkungen von Anlagen. Aber grundsätzlich gilt: Je leistungsstärker die Netze, desto besser.“ René Braunstein Energie Steiermark, Leiter des Arbeitskreises Spannungsqualität bei Oesterreichs Energie

Derartige Herausforderungen treten insbesondere dann auf, wenn das Stromnetz in einer bestimmten Region vergleichsweise schwach ausgebaut ist wie in manchen ländlichen Gebieten. So stellte sich beispielsweise bei einem Landwirt in einer solchen Region heraus, dass dessen Lampen flackerten, weil die Wärmeanlage für die Wasserversorgung seines Stalls schlecht konzipiert war. Die Folge: Die Anlage schaltete sich mehrmals pro Minute ein und aus, brachte die Lampen aus dem Konzept und den löblichen Agronomen schier zur Verzweiflung – durch eine schlechte Spannungsqualität, die er letzten Endes selbst verursacht hatte. Dem örtlichen Netzbetreiber gelang es, auch für diesen Fall eine Lösung zu finden. 

Im Bereich der Industrie seien Beeinträchtigungen der Spannungsqualität zumindest in Österreich sehr selten, betont Braunstein. Moderne Stahlwerke etwa verfügen über Kompensationsanlagen, die das Auftreten von Flicker und ihrer Folgewirkungen im Netz etwa um den Faktor 2 verringern. Überdies ist es möglich, sensible Teile von Industrieanlagen mit Geräten zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) abzusichern. Dies ist erheblich kostengünstiger und annähernd ebenso effektiv wie der Schutz kompletter Industrieanlagen mittels USV.

Im Zuge der Energiewende werden vermehrt dezentrale Einspeiser in die Verteilernetze integriert. Um dies zu ermöglichen, installieren die Netzbetreiber ferner mehr und größere Trafos. „Das macht die Netze ‚härter‘ und dämpft die Netzrückwirkungen von Anlagen“, erläutert Braunstein. Generell könne der weitere Ausbau der Stromnetze laut Braunstein in keineswegs zu unterschätzendem Maße zur Verbesserung der Spannungsqualität beitragen: „Je leistungsstärker diese sind, desto besser.“ 

In der DACHCZ III berücksichtigt wurden unter anderem die zunehmende Verbreitung von Erzeugungs- und Speicheranlagen sowie von energieeffizienter, selbstgeführter Leistungselektronik mit Emission im Frequenzbereich von über zwei kHz und kapazitivem Charakter der netzseitigen Impedanz, aber auch von Ladegeräten für Elektrofahrzeuge. Ebenso behandelt werden neue netzseitige Komponenten im Zuge der weiteren Ertüchtigung der Verteilernetze. Dies betrifft etwa regelbare Ortsnetztrafos (RONT). Ferner im Blick hat die DACHCZ III die Anwendung der Datenübertragung über das Stromnetz (Power Line Communication, PLC) im CENELEC A- Band, die nicht zuletzt für die Übermittlung von Smart-Meter-Daten von Bedeutung ist. Bezugs-, Erzeugungs- und Speicheranlagen werden in der DACHCZ III anders als in den vorherigen Versionen der Technischen Regeln gleichbehandelt. Das hat folgenden Grund: Letzten Endes ist es unerheblich, welche Art von Gerät die Spannungsqualität beeinflusst. Überdies fasst die DACHCZ III Details zu den jeweiligen Anwendungen wie deren Mindestanschlussleistung konkreter, ebenso wie die Bestimmungen zur Durchführung von Nachweismessungen. Die DACHCZ III ist zwar um fast ein Drittel umfangreicher als ihre Vorgängerin DACHCZ II. Weil sie aber thematisch in einzelne Teile getrennt ist, lässt sie sich leichter handhaben. 
 

Messung klärt den Fall 

Trete ein Problem mit der Spannungsqualität auf, seien umfangreiche Messungen zur Klärung des Falls erforderlich, berichtet René Braunstein von der Energie Steiermark, der den Arbeitskreis Spannungsqualität von Oesterreichs Energie leitet. Sein Unternehmen hatte unlängst mit einer Causa zu tun, bei der in den Häusern zweier benachbarter Landwirte Flicker auftraten. Sie beschuldigten einander wechselseitig, diese zu verursachen. Mithilfe eines für einen Industriekunden entwickelten Tools gelang es Braunstein und seinen Kollegen, den tatsächlichen Verursacher des Flickers ausfindig zu machen und eine Lösung für das Problem zu finden. 

Nichts mit der Spannungsqualität zu tun hatte übrigens, dass vor einigen Jahren in manchen Balkanländern Bahnhofsuhren einige Minuten nachgingen. Vielmehr wurde in einem Land der Region aus politischen Gründen zu wenig Energie eingespeist. In der Folge sank die Frequenz des gesamten Verbundnetzes und löste das Nachgehen der Uhren selbst in weiter entfernten Regionen aus. 

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