Koordinationsstelle Energiegemeinschaften: Instrument für die Energiewende
Eva Dvorak, die Leiterin der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klimafonds, über ihren Auftrag, Energiegemeinschaften als Instrument für die Energiewende zu etablieren und welche Rolle die E-Wirtschaft spielt.
Sie leiten seit Mai des heurigen Jahres die Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften. Wie fällt die bisherige Bilanz aus?
Eva DVORAK: Die Energiegemeinschaften sind ein neues Instrument, um die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Energiewende einzubinden. Das Interesse ist extrem groß. Insbesondere Gemeinden engagieren sich bei einschlägigen Projekten. Sie wollen ihre Energieerzeugungsanlagen gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern noch besser verwerten. Bei einer Photovoltaikanlage z. B. auf einer Schule ist die Erzeugung im Sommer am größten, also dann, wenn niemand da ist, um den Strom zu nutzen.
Mit einer Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft wird das anders: Der lokal erzeugte Strom lässt sich beispielsweise im Freibad einsetzen oder zur Versorgung von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Neben der Einbindung von Mobilität ist es auch möglich, Wärmeerzeugungsanlagen einzubinden und so in die Sektorkopplung zu gehen. Das steigert die Effizienz der Anlagen und macht sie rentabler.
Interessieren sich bisher also eher Kommunen für Energiegemeinschaften? Wie schaut es mit den Bürgerinnen und Bürgern aus?
DVORAK: Die Kommunen werden in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen und wir sind froh, dass Gemeinden wie zum Beispiel Schnifis in Vorarlberg vorangehen und zeigen, wie die produzierte Energie nach Möglichkeit direkt in dieser Gemeinschaft verbraucht wird. Solche Beispiele holen dann Bürgerinnen und Bürger ab, sie wecken Interesse. Wir spüren bereits jetzt starkes Interesse von Bürgerinnen und Bürgern. Unsere Aufgabe ist es, Fallbeispiele für unterschiedlichste Situationen und praktische Umsetzungen von Energiegemeinschaften auszuarbeiten. Als unabhängige Servicestelle wollen wir den Eintritt in Energiegemeinschaften möglichst niederschwellig gestalten.
Die Energiewende wird erfolgreich sein, weil sie von möglichst vielen aktiv betrieben wird, viele können eine Rolle übernehmen. Die Akzeptanz für das Errichten von Erzeugungsanlagen im Nahebereich wird deutlich steigen, wenn man selbst daran beteiligt ist. Schon ab dem zweiten Halbjahr 2022 werden wir aktiv breitere Kreise ansprechen, denn dann wird es bereits eine Reihe von Best-Practice-Beispielen geben, die als Vorbilder dienen können.
Sie beschreiben auf Ihrer Website die „ersten Schritte“ auf dem Weg zur Energiegemeinschaft. Dazu gehören u. a. eine Konzepterstellung und ein Finanzierungsplan. Wo können sich Interessierte konkret Hilfe holen, um diese ersten Schritte zu gehen?
DVORAK: Bei den Gemeinschaftsanlagen gemäß ElWOG hat sich seit 2017 gezeigt: Wenn das Gesetz neue Möglichkeiten eröffnet, aber die Menschen alleine lässt und sie nicht ausreichend unterstützt, ist der Erfolg überschaubar. Unsere Aufgabe ist es, dass das bei den Energiegemeinschaften nicht passiert und dafür arbeiten wir sehr intensiv mit den Energieberatungsstellen der Bundesländer, dem Regulator und dem BMK zusammen. Durch Pionierprojekte können wir Wissen aufbauen und dieses dann niederschwellig bereitstellen. Es muss nicht jeder oder jede Expertise im Energierecht oder in Energiewirtschaft aufbauen – aber jeder oder jede kann Teil der Energiewende sein – wenn sie oder er das möchte. Wichtig ist hier besonders die Zusammenarbeit mit den Bundesländern, die Beratungsstellen betreiben. Über eine gemeinsame Arbeitsplattform bekommen wir ein gutes Bild, was sich in Österreich tut. Darüber hinaus bietet auch der Klimafonds mit seinem neuen Programm Unterstützung.
Wie beurteilen Sie die Tätigkeit der Energiewirtschaft in Hinblick auf die Energiegemeinschaften?
DVORAK: Die Verteilernetzbetreiber haben ihre gesetzlichen Aufträge, vor allem im Zusammenhang mit der Abrechnung. Wo es Probleme gibt, finden sie Lösungen. Energielieferanten sind zwar laut EAG von der Teilnahme ausgeschlossen, können jedoch als Dienstleister auftreten. Viele von ihnen haben ja immer mit den Gemeinden zusammengearbeitet und tun das auch bei den Energiegemeinschaften. Soweit wir sehen, funktioniert das gut. Grundsätzlich können Energieunternehmen das Management von Energiegemeinschaften komplett übernehmen.
Die große Expertise der Energiewirtschaft wird immer gefragt sein, um allen neuen Herausforderungen – wie beispielsweise der massiv zunehmenden Elektrifizierung – entsprechend begegnen zu können. Der Energiewirtschaft werden weiterhin wichtige und sicherlich auch viele neue Rollen im zukünftigen Energiesystem zukommen, das dezentraler, dekarbonisiert und demokratischer sein wird.
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