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EU-Strommarktdesign: Evolution statt Revolution

Energiemarktdesign: Spitzenvertreter von Oesterreichs Energie erklärten in Brüssel die Position der heimischen Energiewirtschaft. Angesichts der Herausforderung Energiewende plädierten sie dabei für einen ganzheitlichen Blick.

Aktiv an der Gestaltung des zukünftigen europäischen Energiemarktdesigns mitzuwirken – diese Strategie verfolgt Oesterreichs Energie bereits seit Langem. Nicht zuletzt deshalb, weil Österreich sich – selbst wenn es wollte – nicht vom europäischen Markt abkoppeln kann. „Wir müssen zwölf Prozent des Strombedarfs importieren. Allein schon deshalb ist das europäische Marktdesign für Österreich so wichtig“, kommentiert die Situation der Präsident von Oesterreichs Energie, Michael Strugl.

Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie und Vorstandsvorsitzender der Verbund AG

„Die angestrebte Energiewende bedeutet die größte Transformation des Energiesektors, die wir je hatten. Das Energiemarktdesig muss diese Wende unterstützen.“

Michael Strugl Präsident von Oesterreichs Energie und Vorstands­vorsitzender der Verbund AG

Um die österreichische Position dort zu vertreten, wo die Entscheidungen über das europäische Energiemarktdesign letztlich getroffen werden, reiste eine hochrangige Delegation von Oesterreichs Energie Ende Mai nach Brüssel. Und wurde dort auch mit großem Interesse empfangen. An den Diskussionen mit Oesterreichs-Energie-Präsident Michael Strugl und Generalsekretärin Barbara Schmidt beteiligten sich nicht nur die für Energiebelange zuständigen Kommissionsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen, sondern auch politische Entscheidungsträger und -trägerinnen, darunter der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, sowie Vertreter der verschiedensten europäischen Energieinteressensverbände.
 

Klare Position von Oesterreichs Energie

Die Position, die Michael Strugl und Barbara Schmidt in Brüssel einmal mehr mit Nachdruck vortrugen, ist in ihrem Kern ebenso einfach wie eindeutig: Ja zu einem Marktdesign, das Versorgungssicherheit gewährleistet und die soziale Komponente berücksichtigt. Nein zu einer Umgestaltung, die die erprobten Vorteile des Merit-Order-Prinzips über Bord werfen würde. Oder wie es Präsident Strugl prägnant formulierte: Evolution ja, Revolution nein. Und, wie Barbara Schmidt ergänzte: „Für Krisensituationen ist es gerechtfertigt, spezielle Instrumente zu schaffen, für Zeiten ohne Energiekrise brauchen wir aber den Markt.“

Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie

„Für Krisensituationen ist es gerechtfertigt, spezielle Instrumente zu schaffen, für Zeiten ohne Energiekrise brauchen wir aber den Markt.“

Barbara Schmidt Generalsekretärin von Oesterreichs Energie

Marktdesign, das betonten Strugl und Schmidt, müsse dabei ganzheitlich gedacht werden. So wichtig es sei, über Preismechanismen zu diskutieren und Lösungen zu etablieren, die in Zukunft eine längerfristige und weniger sprunghafte Preisentwicklung sichern, so wichtig sei es auch, die Finanzierung der Energiewende zu ermöglichen. Und diese werde bekanntlich kein Sonntagsspaziergang, wie Strugl betonte: „Die angestrebte Energiewende bedeutet die größte Transformation des Energiesektors, die wir je hatten. Ein zeitgemäßes Strommarktmodell muss das unterstützen.“
 

Erneuerbare, Verbraucherschutz, Wettbewerb

Mehr erneuerbare Energien, mehr Verbraucherschutz und mehr Wettbewerbsfähigkeit – das sind die von der Europäischen Union angestrebten Ziele, die mit einem entsprechenden europäischen Energiemarktdesign verwirklicht werden sollen. In diesem Kontext betonten die Repräsentanten von Oesterreichs Energie die grundsätzlichen Vorteile einer Merit-Order-Regelung mit pay-as-cleared.

Die Preisbildung auf dem Day-ahead-Markt auf Grundlage einer Merit Order sichere den optimalen Einsatz der verfügbaren Kraftwerkskapazitäten und garantiere auf diese Art auch, dass einerseits die Investitionsbereitschaft der Energieerzeuger erhalten bleibe, andererseits aber auch, dass die Erzeuger ihre Preise der Marktlage entsprechend kalkulierten.
 

Mehr Tempo gefordert

Zugleich wünschen sich die Vertreter der österreichischen Energiewirtschaft Maßnahmen, die die Liquidität im Strommarkt erhöhen, indem sie Teilnahmebarrieren reduzieren und die Möglichkeiten von zonenübergreifendem Handel ausweiten. Entsprechende, von der Europäischen Union für das Jahr 2028 vorgesehene Änderungen würde die heimische Energiewirtschaft daher lieber früher umgesetzt sehen.

In diesem Zusammenhang erinnerte Oesterreichs Energie auch daran, dass die Integration der nationalen Energiemärkte eine essenzielle Voraussetzung ist, um in einem fossilfreien Europa die volatilen und nicht-grundlastfähigen Formen der erneuerbaren Energie ins Netz zu bringen. Zugleich sei es wichtig, die grundlastfähige Wasserkraft als eine „grüne Batterie“ zu verstehen und für entsprechenden Ausbau zu sorgen, auch wenn es hier nicht immer einfach sei, entsprechende neue Kapazitäten zu finden.
 

Hohe Kosten brauchen Sicherheit

Eine wichtige Rolle beim Bemühen, die Liquidität am europäischen Strommarkt zu garantieren, werde auch der Ausbau der Netze spielen. Barbara Schmidt wies in diesem Zusammenhang auf die enormen Investitionssummen hin, die dafür notwendig seien, und nannte die 20 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 die in den Ausbau der Netze fließen müssen. Zusätzlich müssen 30 Milliarden Euro in den Ausbau der Erneuerbaren investiert werden. Die Summe sei hoch, allerdings: „Wir zahlen bis dahin das Doppelte für fossile Importe.“

Die massiven Investitionskosten, die für einen Erfolg der Energiewende unverzichtbar sind, ziehen noch eine weitere Forderung nach sich: ein europäisches Energiemarktdesign, das die erneuerbaren Energien fördert, wettbewerbsfreundlich und sozial gerecht ist, dabei aber auch Stabilität garantiert. „Um die anstehenden Investitionen zu stemmen, braucht die Energiewirtschaft Planungssicherheit“, betont in diesem Zusammenhang Michael Strugl.

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