StromLinie 03-2021
Kann Markt Klimaneutralität?
Vor zwanzig Jahren standen die österreichische und die europäische E-Wirtschaft vor einer Zeitenwende: Der Wettbewerb hielt Einzug und aus Gebieten wurden Märkte, aus Stromabnehmern Kunden, aus integrierten Versorgungsunternehmen wurden Stromerzeuger, Netzbetreiber, Händler und Lieferanten. Die österreichische E-Wirtschaft hat diesen Wandel mit großem Einsatz mitgestaltet und die Unternehmen haben bewiesen, dass sie sich auch im europäischen Wettbewerb behaupten können.
Nun steht die Branche vor einer ähnlichen Herausforderung: In weniger als einem Jahrzehnt soll der Strom in Österreich über das Jahr betrachtet vollständig aus erneuerbaren Quellen stammen, bereits in zwei Jahrzehnten soll das gesamte Land die Klimaneutralität erreichen. Dafür müssen wir in den kommenden Jahren erneuerbare Erzeugungskapazitäten im Ausmaß von 27 Terawattstunden errichten. Das entspricht etwa der Stromproduktion von Dänemark. Wir müssen die Netze ausbauen, Speicher schaffen und neue Marktteilnehmer wie Energiegemeinschaften ins System integrieren.
Damit dieses Projekt gelingen kann, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen – wir brauchen ausreichend geeignete Flächen, auf denen Kraftwerke errichtet werden können. Wir brauchen zügige und berechenbare Genehmigungsverfahren, damit wir unsere Projekte in den wenigen verbleibenden Jahren auch planen und umsetzen können. Wir brauchen den Rückhalt der Öffentlichkeit – und wir brauchen ein zeitgemäßes Marktdesign, das mittelfristig die richtige Balance zwischen Kosteneffizienz und Zukunftsinvestitionen findet.
Dabei stellt sich die Frage, ob die Regeln des Wettbewerbs auch die geeigneten Regeln für die Energiewende sind. Eines ist jedenfalls klar: Wir werden neben dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das im Sommer beschlossen wurde, weitere Schritte brauchen, damit wir die Ziele erreichen und der Strom nicht nur sauberer wird, sondern auch weiter sicher und leistbar bleibt.