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Simulationsforscher Popper: Beseitigung von Ineffizienzen ist der schnellste Hebel für die Energiewende

Was hat Österreich aus der letzten großen Krise, der Corona-Pandemie gelernt? Und wie ließen sich diese Erkenntnisse für die Bewältigung der aktuellen Klima- und Energiekrise nutzen? Darüber sprach bei Oesterreichs Energie Kongress der Simulationsforscher Niki Popper.

In seinem Vortrag griff Popper auf ein Bild zurück, das vor ihm bereits Michael Strebl, Spartensprecher Handel & Vertrieb bei Oesterreichs Energie verwendete: In vielen Bereichen, etwa dem fossilen Verkehr mit seinem Wirkungsgrad von zwanzig Prozent, handeln wir wie jemand, der jeden Tag fünf Flaschen Milch kauft, vier davon wegschüttet und am nächsten Tag wieder fünf Flaschen kauft. Die Beseitigung derartiger Ineffizienzen sei der beste Weg, um in der aktuellen Krise schnelle Abhilfe zu schaffen.

Zu verstehen, warum es im Gesundheitswesen oder in der Wirtschaft aber überhaupt zu solchen Ungleichgewichten kommt, darin bestehe einer der Aufgaben von Simulationen, sagte Popper. Ein solches Verständnis könne allerdings nur zustande kommen, wenn die Modelle, aus denen es abgeleitet wird, transparent, öffentlich und qualitätskontrolliert sind. Hier habe die Energiewirtschaft große Aufgaben zu bewältigen: „Gibt es ein europäisches Gesamtenergiemodell? Ich glaube nicht“, sagte Popper. Ein solches sei aber unverzichtbar, wenn man zu belastbaren Prognosen kommen will.

In diesem Zusammenhang warnte Popper auch vor übereilten Schlüssen. „Unter Druck, und die Energiewirtschaft steht derzeit ohne Zweifel unter Druck, ist die Gefahr von Missinterpretation von Daten groß.“ Das sei allerdings auf jeden Fall zu verhindern. Denn wenn die Prognosen, die ein Modell liefert, in Misskredit geraten, werde es in der Folge sehr schwer, das Vertrauen der Öffentlichkeit wieder zu gewinnen. „In der Corona-Pandemie haben wir das sehr eindrücklich gesehen.“

Gute Modelle als Handlungs- und Prognosegrundlage seien in der aktuellen Situation für die Energiewirtschaft aber auch noch aus einem anderen Grund essenziell. Derzeit bestehe eine große Bereitschaft das Richtige zu tun, um die Klima- und Energiekrise zu bewältigen. „Doch wenn alle das vermeintlich Richtige tun, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass am Ende auch tatsächlich die beste Option getroffen wird“, erklärte Popper. Simulationen können in so einer Situation helfen zu verstehen, wie sich das Handeln des Einzelnen, zum Beispiel der Aufbau einer Haus-PV-Anlage, auf das Gesamtsystem auswirkt.“

Zugleich betonte Popper aber auch, dass Modellierungen zwar sehr viel leisten können, vielfach aber an den überzogenen Erwartungen an die daraus abgeleiteten Prognosen scheitern. „Es gibt einfach Datenunsicherheiten, die vielen Vorhersagen eine Grenze setzen.“ Außerdem dürfe man auch noch einen wichtigen anderen Punkt nicht außer Acht lassen: „Modellierungen bedienen den Intellekt, wir neigen aber dazu Entscheidungen aus dem Gefühl zu treffen und bevorzugen dann die Prognosen, die unser Gefühl stützen.“