Fachtagung zum Elektrizitätswirtschaftsgesetz
Wien
Mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Energiewirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Recht folgten diese Woche der Einladung zur hochkarätig besetzten Fachtagung zum Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) nach Wien. Die Veranstaltung der Oesterreichs Energie Akademie verzeichnet damit einen Publikumsrekord an einer einzelnen Fachtagung – Symptom für das große Interesse und die Bedeutung, die das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) für die gesamte Branche hat.
Im Zentrum der Diskussion stand der aktuelle Stand des ElWG, das laut Bundesregierung demnächst mit einigen Neuerungen in Begutachtung gehen soll. Nach Jahren intensiver Diskussionen ist das Gesetz von zentraler Bedeutung für die Umsetzung der Transformation in Österreich. Es soll die rechtliche Grundlage für die Einbindung neuer Akteure, den massiven Ausbau erneuerbarer Energien inklusive Speicherlösungen und kosteneffiziente Netzinfrastruktur bilden sowie für die Herstellung von Rechtssicherheit in zentralen Bereichen der Elektrizitätswirtschaft sorgen.
Expert:innen aus Ministerien, Unternehmen, Regulierung, Forschung und Recht analysierten zentrale Inhalte des geplanten Gesetzes und diskutierten offen über Herausforderungen und Chancen, die sich daraus ergeben.

Oesterreichs Energie-Generalsekretärin Barbara Schmidt eröffnete die Tagung und unterstrich dabei die Dringlichkeit und Relevanz des ElWG: „Wir stehen im Energiebereich vor enormen Herausforderungen. Rechtliche Klarheit ist dafür unabdingbar. Weitere zentrale Anliegen der Branche, von Rechtssicherheit bei Preisanpassungen über Maßnahmen zur Kostendämpfung im Netzbereich bis hin zur Unterstützung von Speichern, wurden klar adressiert. Das ElWG ist ein entscheidendes Update für unsere Energiezukunft.“
In den Vorträgen gingen die Expert:innen besonders auf die praktische Bedeutung des Gesetzes ein. Benedikt Ennser, interimistischer Leiter der Sektion Energie, Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus, hob das 15-jährige Jubiläum des bestehenden ElWOG hervor und betonte, dass ein Update dringend notwendig sei: „Für ein Gesetz in der Energiebranche ist es recht alt. Aufgrund der neuen Konstellation in der Regierung müssen sich nun drei Parteien koordinieren, dann braucht es auch noch eine Verfassungsmehrheit im Parlament. Dennoch spüre ich den klaren Willen, das Gesetz nun rasch über die Ziellinie zu bringen.“


Klaus Oberndorfer, Rechtsanwalt und Partner, BEURLE Rechtsanwälte GmbH & Co KG, sprach konkret über das Preisänderungsrecht, bei dem derzeit Rechtsunsicherheit herrscht. Er erläuterte, dass Rückschlüsse aus der aktuellen Judikatur in den Entwurf des ElWG eingearbeitet wurden: „Der aktuelle Entwurf vom Mai enthält bereits das gesetzliche Preisänderungsrecht. Weitere Themen wie Grundversorgung, Auffangversorgung und gestützter Preis für begünstigte Haushalte versprechen verbesserte Regelungen, wenngleich im Detail noch Diskussionsbedarf besteht. Der Entwurf orientiert sich an bestehender Judikatur, um möglichst rechtssicher zu sein. Ob mit der neuen Regelung tatsächlich wieder Rechtsfrieden eintritt, wird sich erst in der Praxis zeigen.“
Marta Hodasz, Stellvertretende Leiterin Energie Rechtsangelegenheiten im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus, betonte: „Im Fokus der Neugestaltung des Strommarktes stehen die Endkundinnen und Endkunden. Digitalisierung, Versorgungssicherheit und Dezentralisierung sind dabei zentrale Leitlinien, um den Anforderungen eines zukunftsfähigen Energiemarktes gerecht zu werden.“


Herwig Hauenschild, Geschäftsführer bei EnergieAllianz Austria GmbH, betonte, wie wichtig klare Rahmenbedingungen für die gesamte Energiewirtschaft sind. Dabei stellte er besonders die Kundenbedürfnisse in den Vordergrund: „Kunden wünschen sich berechenbare Preise. Das erfordert auch für Lieferanten eine hohe Planbarkeit. Nur wenn die Branche von stabilen Rahmenbedingungen ausgehen kann, können wir unseren Kunden stabile und einfache Energieverträge anbieten. Das Preisänderungsrecht ist daher nicht nur aus Gründen der Planbarkeit entscheidend, sondern auch, um die Kundenzufriedenheit langfristig zu sichern. Wir brauchen ein Gesetz, das klar und eindeutig ist – eines, das Energieversorgung ermöglicht und nicht endlose Diskussionen und zusätzliche Arbeit für Anwälte schafft.“
Eva Tatschl-Unterberger, Geschäftsführerin der KNG-Kärnten Netz GmbH und Leiterin der Sparte Netze bei Oesterreichs Energie, hob die Bedeutung einer wirtschaftlich nachhaltigen Netzgestaltung hervor: „Unsere Stromnetze müssen auch zukünftig flexibel und sicher funktionieren. Dabei darf aber die Leistbarkeit nicht außer Acht gelassen werden. Eine kostengünstige Netzinfrastruktur bildet das Rückgrat einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Energieversorgung. Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz muss das klar berücksichtigen.“


Alfons Haber, Vorstand von E-Control, verdeutlichte aus Sicht des Regulators die Relevanz des Gesetzes für eine nachhaltige Systemtransformation: „Das ElWG bietet entscheidende Instrumente, um die laufende Transformation des Energiesystems effektiv zu unterstützen. Wesentlich sind dabei ein kostenoptimierter Ausbau der Netze, die Ermöglichung von Lastflexibilität sowie Anreize für netzdienliches Verhalten durch eine entsprechende Tarifierung. Vorrangig ist es, eine Infrastruktur zu gewährleisten, die langfristig möglichst kostengünstig bleibt und zugleich den zukünftigen Anforderungen gerecht wird.“
Hubert Fechner, Obmann der Österreichischen Technologieplattform Photovoltaik, verwies auf die rasanten Fortschritte der Photovoltaiktechnologie und deren anstehende Herausforderungen: „Die Photovoltaik ist längts aus den Kinderschuhen herausgewachsen. Jetzt geht es um die intelligente Integration in das gesamte Energiesystem. Der Schlüssel dazu liegt meiner Ansicht nach in der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Speichertechnologien. Die Lernkurve bei Speichern verläuft ähnlich dynamisch wie zuvor bei der Photovoltaik – große Unternehmen investieren massiv in die Entwicklung, weshalb ich davon ausgehe, dass wir in diesem Bereich noch erhebliche Fortschritte sehen werden.“


Zum Abschluss der Tagung gab es eine lebhafte Podiumsdiskussion mit intensivem Austausch zwischen den Expertinnen und Experten und dem Publikum. Im Zentrum standen insbesondere der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Herausforderungen bei der Netzintegration. An der Diskussion beteiligten sich Alfons Haber, Vorstand der E-Control Austria, Karl Heinz Gruber, Spartensprecher Erzeugung bei Oesterreichs Energie, Eva Tatschl-Unterberger, Geschäftsführerin der KNG-Kärnten Netz GmbH, sowie Marie-Theres Thöni, Leiterin der Abteilung für Erneuerbare Energieerzeugung im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus. Damit wurde die Tagung mit wertvollen Impulsen und neuen Perspektiven für die künftige Gestaltung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes abgerundet.