Wärmepumpe: Beziehungsstatus
Warum die Transformation des Energiesystems die Wärmepumpe braucht – und warum das für die Energiewirtschaft manchmal unbequem ist.
Die Wärmepumpe gilt als eine Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Doch während über die Integration von PV-Anlagen und E-Auto-Ladeinfrastruktur in das Stromnetz inzwischen auch eine breitere Öffentlichkeit diskutiert, werden die Auswirkungen der Wärmepumpe auf das Netz selten thematisiert.
Dabei wäre es durchaus an der Zeit: Laut Angaben von Wärmepumpe Austria, dem Interessensverband der Wärmepumpenhersteller, wurden in Österreich 2024 an die 55.000 Wärmepumpen verkauft. Der Gerätebestand ist somit auf mehr als eine Million installierter Geräte gestiegen. Beim Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern ist die Wärmepumpe mit einem Anteil von 76 Prozent inzwischen die klar vorherrschende Technologie.
Hoher Strombedarf
In Kombination mit Photovoltaik und Batteriespeicher können Wärmepumpen die CO2-Emissionen eines Vier-Personen-Haushalts um bis zu 75 Prozent reduzieren, verglichen mit einem identischen Haushalt, der ausschließlich eine Gasheizung verwendet, wie eine aktuelle Modellrechnung des E.ON Energy Research Centers zeigt. Der Strombedarf einer Wärmepumpe ist allerdings nicht beträchtlich.
Für ein sehr gut gedämmtes Neubau-Einfamilienhaus müssen, je nach Hausgröße, der Größe der Außenflächen und sonstigen Faktoren zumindest 3.000 bis 4.000 kWh pro Jahr angenommen werden, in weniger günstigen Konstellationen auch mehr. Damit ist die Wärmepumpe der mit Abstand größte Stromverbraucher im Haushalt. Durch sie kann sich der Strombedarf schnell verdoppeln oder sogar verdreifachen. Selbst, wenn ein Haushalt ein E-Auto mit einer Fahrleistung von rund 15.000 Kilometern pro Jahr unterhält und ausschließlich zuhause lädt, bleibt die Wärmepumpe der größte Verbraucher.
Für das Stromnetz kann das eine ziemliche Belastung sein. Schon heute kann es vorkommen, dass Wärmepumpen nicht in Betrieb genommen werden können, weil die entsprechenden Netzkapazitäten fehlen, wie Richard Freimüller, Präsident des Bundesverbandes Wärmepumpe Austria, berichtet: „Momentan höre ich von der Netzseite häufig, dass der Anschluss einer Photovoltaikanlage nicht möglich ist. Vereinzelt gibt es auch Fälle, in denen Wärmepumpen aus Gründen der Stromversorgung abgelehnt werden.“
Herausforderung für die Netze
In Zukunft wird diese Herausforderung nicht geringer. Bis 2030 soll es laut einer aktuellen Studie des Austrian Institute of Technology im Netzgebiet Österreich rund 1,65 Millionen private Wärmepumpen geben, für deren Betrieb eine netzwirksame Leistung im Ausmaß von 4,6 GW benötigt wird. Bis 2040 wird die Zahl auf 2,35 Millionen und eine benötigte netzwirksame Leistung von 5,6 GW steigen. Verbunden mit der stetig zunehmenden Einspeisung von Erneuerbaren Energien ins Netz und dem weiteren Ausbau der E-Ladeinfrastruktur ergibt das eine veritable Zusatzbelastung, auf die das Netz vorbereitet werden muss. Gleichzeitig wird es auch Fälle geben, in denen der lokale Verbrauch durch Wärmepumpen die lokale Einspeisung ins Netz durch PV maßgeblich reduziert.
Die gute Nachricht ist allerdings: Je besser die technische Integration der Erzeugung gelingt, desto mehr des von der Wärmepumpe benötigten Stroms kann vor Ort erzeugt werden. Mit einer simplen Koppelung von PV und Wärmepumpe liegt der Anteil nach Angaben des Fraunhofer ISE bei 25 Prozent. Kommt ein intelligentes System zum Einsatz, das die Interaktion zwischen PV-Anlage und Pumpe optimiert, lassen sich bereits 36 Prozent erreichen. In Kombination mit einem Batteriespeicher kann der Eigenproduktionsanteil auf 46 Prozent gesteigert werden. Bei einer durchoptimierten Steuerung und einem vergrößerten Speicher wären sogar 55 Prozent möglich.
Grunddilemma bleibt
Ganz beheben lässt sich das Grunddilemma, dass auch die Wärmepumpe den Strom häufig dann braucht, wenn dieser gerade knapp ist, nicht. Wie bei E-Autoladestationen ist es aber möglich, die Lasten so zu verteilen, dass das Netz geschont wird. „Die Möglichkeit, Wärmepumpen während der Lastspitzen vom Netz zu nehmen oder den Betrieb in Phasen mit hoher erneuerbarer Erzeugung zu verlagern, bietet ein erhebliches Systementlastungspotenzial – insbesondere, wenn diese Flexibilität aggregiert über viele Haushalte hinweg genutzt wird“, sagt der Energie-Experte und Geschäftsführer des oberösterreichischen Energiesparverbandes Gerhard Dell.
Wie hoch diese Potentiale sind, zeigt eine Studie des Fraunhofer IEE, die ein reales Verteilnetz mit 1.500 Einfamilienhäusern analysierte. Sie kam zum Ergebnis, dass schon einfache Steuerungsmaßnahmen wie das zeitweise Abschalten bei Netzspitzen den Netzausbaubedarf um bis zu 23 Prozent senken können.
Konkret lautete das von Fraunhofer getestete Szenario: freiwillige, verbraucherseitige Leistungsreduktion der Wärmepumpen auf null in den Zeitfenstern von 12:00 bis 13:00 Uhr und von 18:00 bis 20:00 Uhr. Interessanter Nebenaspekt der Fraunhofer-Studie: Ein größerer Speicher hatte keinen signifikanten netzschonenden Einfluss.
Wärmepumpen, die auch zur Kühlung dienen können, bergen zusätzlich das Potenzial, gerade in den Zeiten der PV-Einspeise-Spitzen die elektrische Energie der Sonne unmittelbar lokal zu nutzen und gar nicht erst ins Netz einzuspeisen.
Netzdienliche Verwendung
In Zukunft wird es bessere technische Möglichkeiten geben, um Wärmepumpen netzdienlich zu betreiben. Auch die Bereitschaft, diese Möglichkeiten zu nutzen wird weiter steigen, wie Dell ausführt: „Wir sehen zunehmend smarte Lösungen, etwa dass die Wärmepumpe den aktuellen Strompreis erkennt und dann läuft, wenn es einerseits kostenoptimal und andererseits netzschonend ist.“ Voraussetzung dafür sind freilich Kundinnen und Kunden, die flexible Netztarife nützen. „In der jüngeren Generation gibt es den Willen dazu, weil das Menschen sind, die bereits mit den diversen Formen der Plattformökonomie aufgewachsen sind“, sagt Dell.
Damit Wärmepumpen als Flexibilitätsoptionen genutzt werden können, muss es aber auch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen für den Betrieb von Aggregatoren geben. Der aktuelle ElWG-Entwurf sieht das bereits vor. Beschlossen ist das Gesetz trotz Ankündigungen aber noch nicht.