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Photovoltaik: Per Mausklick ans Netz

Leuchttürme der Energiewende. Ein Online-Service der Netz Oberösterreich erleichtert den Betreibern von Photovoltaikanlagen den Netzzugang. Anträge werden seit Neuestem „über Nacht“ – üblicherweise positiv – erledigt.
 

Seit rund 18 Monaten besteht der Info-Bereich für Anfragen zum Anschluss von Photovoltaikanlagen im Serviceportal der Netz Oberösterreich. Die Einrichtung erfolgte, nachdem die Zahl der Anfragen infolge der russischen Invasion in der Ukraine Ende Februar 2022 auf über 1.000 pro Woche geschnellt war. Hatte die Bearbeitung zuvor wenige Tage gedauert, mussten die Interessenten nun mit acht bis zehn Wochen rechnen, in Einzelfällen sogar mit noch längeren Zeiträumen. Die Folge: Die zuständigen Fachleute der Netz Oberösterreich sahen sich mit telefonischen Anfragen förmlich überschwemmt, was wiederum die Bearbeitung der Anträge verzögerte. Und so entschloss sich die Netz Oberösterreich, im Online-Kundenportal eine personalisierte Lösung nach Art der Sendungsverfolgung bei Paketdiensten wie Amazon einzurichten. Anfangs war die Lösung auf den Prüfungsablauf abgestimmt: Sie zeigte dem Kunden, in welchem Stadium des Bearbeitungsprozesses er sich befand und wie viele Fälle vor dem seinen zu bearbeiten waren.

Familie steht vor einer PV-Anlage
© Erwin Wimmer

Bald aber habe sich herausgestellt, dass dies nicht ausreiche, berichtet der Pressesprecher der Netz Oberösterreich, Wolfgang Denk. Denn war die Zusage hinsichtlich des Anschlusses erteilt, standen die Errichtung und die Inbetriebnahme der Anlage an. Bei Letzterem aber war wiederum die Netz Oberösterreich gefragt. Vor der Energiekrise hatten die Techniker des Unternehmens mit den Anlagenbetreibern diesbezüglich individuelle Termine vereinbart. Bei rund 35.000 jährlichen Anfragen anstelle der gewohnten rund 6.000 bis 8.000 war dies schlicht nicht mehr möglich.

Deshalb erweiterte die Netz Oberösterreich diesen Servicebereich für ihre Kunden und digitalisierte auch die Inbetriebnahme der Anlagen. Sind alle notwendigen Unterlagen vorhanden, nimmt der zuständige Techniker die Freischaltung nun vom Büro aus vor. Lediglich stichprobenartig erfolgen Kontrollen vor Ort, beispielsweise dann, wenn ein Elektrounternehmen erstmals eine PV-Anlage im Netz der Netz Oberösterreich installiert.

Das Projekt in ZahlenProjektbeginn: Frühjahr 2022
Projektabschluss: laufende Weiterentwicklung
Investitionskosten: nicht bezifferbar
Effekt: raschere Abwicklung von Netzzugangsanfragen und damit rascherer Photovoltaik-Ausbau

Möchte ein Kunde die Frist für die Fertigstellung seiner Anlage im gesetzlich zulässigen Ausmaß verlängern, ist das mittlerweile ebenfalls online per Mausklick möglich. Der Kunde erhält die Bestätigung seiner Verlängerung automatisch – üblicherweise eine Sache von Augenblicken.


Automatisierte Genehmigung

Im Sommer nahm die Netz Oberösterreich ihren Genehmigungsautomatismus „Anette“, das automatische Netzzugangsprüfungs-Tool für dezentrale Erzeugungsanlagen, in Betrieb. Dieser arbeitet automatisiert und fallabschließend für alle Anlagen aus dem vereinfachten Verfahren des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), das für Anlagen mit maximal 20 kW Leistung gilt. Stellt ein Kunde einen entsprechenden Antrag, so nimmt „Anette“ über Nacht die notwendigen Berechnungen vor. Im Idealfall findet der Kunde schon am folgenden Morgen die Zusage hinsichtlich des Anschlusses der Anlage in seinem Maileingang. Anträge betreffend Anlagen mit höherer Leistung sowie in bereits weitgehend ausgelasteten Netzgebieten werden gesondert behandelt. Gewöhnlich erfolgt aber auch ihre Bearbeitung mittlerweile binnen weniger Tage. Auch für diese Anlagen, die abschließend noch manuell bearbeitet werden, liefert „Anette“ wichtige Vorberechnungen, was die Bearbeitung noch einmal deutlich verkürzt.

„Anette“ steht auch hinter der sogenannten „Einspeiseampel“, die die Netz Oberösterreich seit kurzem anbietet. Die „Ampel“ zeigt mittels der gewohnten Farben die Auslastung des Ortsnetzes an: „Grün“ bedeutet, dass der Anschluss von PV-Anlagen mit bis zu 20 kW voraussichtlich ohne Probleme möglich sein wird. Bei Gelb ist eine genaue Untersuchung der Lage notwendig. Bisweilen lässt sich auch in solchen Fällen eine Anschlussleistung bis 20 kW bewerkstelligen, etwa wenn die Anlage in unmittelbarer Nähe einer Trafostation errichtet wird. Eventuell ist es aber notwendig, die Einspeiseleistung auf die Bezugsleistung zu begrenzen, die bei Haushalten etwa 4 kW beträgt. Bei Rot werden im Regelfall wahrscheinlich Einschränkungen beim Netzzugang der Anlagen zu erwarten sein.

Website zeigt verfügbare NetzkapazitätenMit einer neuen Website macht Oesterreichs Energie gemeinsam mit den Verteilnetzbetreibern die freien Kapazitäten in Österreichs Umspannwerken transparent und erleichtert damit den Erneuerbarenausbau. Auf einer interaktiven Karte des Bundesgebiets sowie auf einer darunter stehenden Liste ist mit einem Blick ersichtlich, bei welchem Umspannwerk wie viel Kapazität grundsätzlich noch verfügbar ist. Die Daten beziehen sich auf die Netzebene 4 und werden vierteljährlich aktualisiert.

    Die Website biete laut Oesterreichs Energie einen ersten Eindruck der Situation beim jeweiligen Umspannwerk. Freilich: Konkrete Anfragen bezüglich des Netzanschlusses kann die Website nicht ersetzen. Deshalb ist es weiterhin notwendig, bei entsprechenden Fällen den zuständigen Verteilnetzbetreiber zu kontaktieren.

    Link zur interaktiven Karte: Verfügbare Netzanschlusskapazitäten

    Mit der Einspeiseampel und „Anette“ im Hintergrund wird es Kunden der Netz Oberösterreich künftig möglich sein, aus dem Kundenportal heraus für PV-Anlagen bis 20 kW selbst eine Anfrage auf Netzzugang zu stellen. Die Ampel gibt dabei schon einen Ausblick, ob Einschränkungen zu erwarten sind. Mit Einführung dieser Selbstanfragen soll „Anette“ die Prüfung dann sofort starten. Abhängig ist das von den Erfahrungen aus dem Echtbetrieb und den verfügbaren Rechenkapazitäten.

    Insgesamt sind ans Stromnetz der Netz Oberösterreich derzeit etwa 65.000 PV-Anlagen angeschlossen, für weitere etwa 21.000 liegen Anträge auf Netzzugang vor. Egal, wie viele davon letzten Endes tatsächlich realisiert werden, klar ist: Mit ihrem Info-Bereich hat die Netz Oberösterreich Prozesse und Services etabliert, die ihr ermöglichen, auch bei künftigen Anfragewellen mit extrem vielen Anfragen pro Woche zurechtzukommen – und diese sollen kontinuierlich weiterentwickelt werden.


    Künftig selbsttätig

    Der Genehmigungsautomatismus etwa soll künftig in der Lage sein, Standardfälle mit Kleinanlagen bis 20 kW fallabschließend vollautomatisiert abzuarbeiten. Die Techniker des Netzbetreibers selbst könnten sich dann auf Großanlagen mit Leistungen von etwa 100 kW und mehr konzentrieren, für die eigene Anschlusskonzepte erforderlich sind. Laut Denk seien das jene Fälle, die das meiste Potenzial zur Netz-Optimierung aufweisen würden. Meist handelt es sich dabei um Freiflächenanlagen oder Projekte auf den Dächern von Lagerhallen sowie Einkaufszentren. Dabei kann es unter anderem um Adaptionen oder Neuerrichtungen von Trafostationen gehen, um die Verstärkung oder Neuerrichtung von Leitungen zum nächstgelegenen Umspannwerk, eventuell auch um Anpassungen im Umspannwerk selbst. Bisweilen wird auch die Begrenzung der Einspeiseleistung ein Thema. Grundsätzlich ist es sinnvoll, die mit einer PV-Anlage erzeugte elektrische Energie zur Deckung des Eigenbedarfs zu nutzen und nur Restmengen ins Netz einzuspeisen. Erfolgt dies, hält sich der „Verlust“ von Energie in engen Grenzen: Selbst bei einer Begrenzung der Einspeiseleistung auf 50 Prozent des Nominalwerts beläuft sich die entgangene Energie auf rund 10 Prozent der Jahresmenge.

    Weitere spannende Berichte zum Thema Energie finden Sie in der „StromLinie“. Die aktuelle Ausgabe unseres Magazins zur Energiewende finden Sie hier.
     

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