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Interview: Frauen in der E-Wirtschaft

Warum für den Jobantritt von Anna Schrammel Umbauarbeiten notwendig waren, wie verwundert Beti Trajanoska über den geringen Frauenanteil in Technikjobs in Österreich war – und weshalb Brigitte Bach sich für mehr Frauen im Unternehmen stark macht. Drei weibliche Role Models der Energiewirtschaft im Gespräch.

Moderation: Barbara Schmidt

Barbara Schmidt, Brigitte Bach, Anna Schrammel und Beti Trajanoska im Gespräch
© Thomas Topf

Barbara Schmidt: Wir haben euch, stellvertretend für die – noch immer viel zu wenigen – Frauen in der E-Wirtschaft eingeladen. Meine erste Frage an euch: Wie seid ihr eigentlich dahingekommen, wo ihr derzeit seid?

Brigitte Bach: Ich habe ursprünglich Technische Physik studiert und Astronomie – ich bin aber dann nach meinem Doktorat sehr schnell in die Umwelt- und Energiebranche gekommen. Erst im Ökologie-Institut als Geschäftsführerin und dann im Jahr 1999 in das damalige Arsenal-Research, das mittlerweile AIT heißt, wo ich die Energieforschung aufgebaut habe. Bei der Wien Energie war meine Rolle jene, neue Geschäftsmodelle aufzubauen. Und dann kam die Ausschreibung für die Salzburg AG, in der explizit darauf hingewiesen wurde, dass Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt würden. Seit 1. Januar 2021 bin ich Technikvorständin der Salzburg AG.

Darf ich da kurz nachfragen: Du betonst die Tatsache, dass Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt wurden. Hat das deine Bewerbung beeinflusst?

Bach: Ja, absolut. Das hat mich auf jeden Fall ermutigt, mich zu bewerben.

Warum?

Bach: Weil diese Branche gerade in der Führungsebene sehr von Männern dominiert ist.

Brigitte Bach
„Ganz ehrlich: Ich finde eine Frauenquote beschleunigt den Weg zur Gender-Balance.“ Brigitte Bach Geschäftsführerin Austrian Institute of Technology (AIT)

Eine provokative Frage: Fühlst du dich als Quotenfrau?

Bach: Nein, weil es keine Quote gab in der Salzburg AG – und weil es trotz aller Arbeit in dem Bereich auch noch keine gibt. Man muss mit Quoten vorsichtig sein – und genau schauen, was der Arbeitsmarkt eigentlich hergibt. Aber ganz ehrlich: Ich finde, eine Frauenquote beschleunigt den Weg zur Gender-Balance.

Darf ich dich fragen, Beti, wie bist du in die E-Wirtschaft gekommen?

Beti Trajanoska: Ich habe einen Elektrotechnik-Background, meine Familie, die Eltern, Onkel und Tanten haben alle ein technisches Studium absolviert – und ich bin nach meinem Studium und einigen Jahren bei den Mazedonischen Staatsbahnen nach Österreich gekommen, wo ich an der Technischen Universität Graz am Institut für Elektrische Anlagen als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete. Wir haben Projekte für viele Stromnetzbetreiber durchgeführt – und eines Tages ist die ehemalige Geschäftsführerin von E-Werk Franz auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich mir die Aufgabe der technischen Betriebsleiterin zutraue. Heuer bin ich das zehnte Jahr bei E-Werk Franz.

Wie kam es dazu, dass eine junge Frau wie du, Anna, von der Schule weg sagt: „Ich gehe zu einem Netzbetreiber und mache dort eine Lehre.“?

Anna Schrammel: Ich habe mich immer schon für Technik interessiert, ich habe nur nicht gewusst, was ich genau damit machen will. Ich habe in Schnupperwochen bei kleinen Elektrikern gearbeitet – und kam dann zur EVN. Dort hat es von den Kollegen bis zum Tätigkeitsfeld sofort gut gepasst.

Anna Schrammel

„Wir hatten schon das Gefühl, dass wir uns beweisen müssen. Wir mussten uns am Anfang aktiv nach Herausforderungen umsehen, von denen Kollegen dachten, wir schaffen die nicht.“

Anna Schrammel Lehrling bei der Netz Niederösterreich

Hattest du anfangs das Gefühl, dass Vorgesetzte und Kollegen anders mit dir umgehen, weil du eine Frau bist?

Schrammel: Am Anfang der Lehre schon, wenn ich ehrlich bin. Ich hatte das Glück, dass ich mit einer Kollegin im selben Lehrjahr begonnen habe – wir waren also zu zweit die ersten Frauen in unserem Team, was die Sache einfacher machte. Wir hatten schon das Gefühl, dass wir uns alles selbst erarbeiten, uns beweisen müssen. Wir mussten uns am Anfang aktiv nach Herausforderungen umsehen, von denen Kollegen wohl dachten, wir schaffen die nicht.

Ihr zwei wart die ersten weib­lichen Lehrlinge im Team. Wurde da von euren Chefs irgendetwas geändert, als ihr kamt? Gab es Programme, hat der Chef mehr darauf geachtet, dass die Gruppe funktioniert?

Schrammel: (lacht) Bis auf die Tatsache, dass für uns eigene Umkleidekabinen gebaut werden mussten, eigentlich nicht. Und ich glaube auch, dass das gut ist, denn es soll ja eben kein Unterschied gemacht werden. Wir haben dieses Jahr drei neue weibliche Lehrlinge bekommen und sind jetzt zu sechst. Von insgesamt 70 Lehrlingen ist das im Gegensatz zu früher ein Riesensprung.

Anna hat vorhin das Sich-Beweisen-Müssen als stärksten Eindruck ihrer Anfangszeit genannt – ist das eine Erfahrung, die ihr auch gemacht habt?

Trajanoska: Definitiv. Ich erinnere mich an die Momente, als ich als Technikerin auf eine Baustelle kam. Ich musste mich mit meinem Know-how überall beweisen, um mich gleichstellen zu können.

Bach: Ich kenne diese Situation sowohl vom technischen Studium als auch von unterschiedlichen Aufgabenbereichen im Arbeitsleben. Und das ändert sich auch als Vorständin nicht.

Brigitte Bach

„Es ist in vielen Studien belegt: Teams mit einem bestimmten Mindest­anteil an Frauen agieren einfach effizienter, lösungs­orientierter und
kreativer.“

Brigitte Bach Geschäftsführerin Austrian Institute of Technology (AIT)

Ich möchte noch einmal auf das Thema Quote zurückkommen. Warum hältst du, Brigitte, diese für wichtig?

Bach: Es ist in vielen Studien belegt: Teams mit einem bestimmten Mindestanteil an Frauen agieren einfach effizienter, lösungsorientierter und kreativer. Das zieht sich auch bis in die Führung der Unternehmen: Ab einem bestimmten Anteil von weiblichen Führungskräften wird das Unternehmen innovativer und insgesamt wirtschaftlich besser agieren. Von alleine kommen die Frauen in männerdominierte Unternehmen leider nicht. Am Ende des Tages, wenn man wirklich substanziell in einem Unternehmen etwas verändern will, braucht man genaue Vorgaben, um das anzustoßen.

Trajanoska: Ich erlebe täglich, dass unsere Diversität - von neun Technikerinnen sind mittlerweile immerhin vier Frauen (wir haben keine Quote) -  uns einen großen Vorteil bringt. Wir stehen vor verschiedenen Problemstellungen und sind durch die unterschiedlichen Sichtweisen kreativer und meist effizienter.

Eines der Argumente gegen die Quote, die ich immer höre, ist, dass man einfach keine qualifizierten Mitarbeiterinnen fände. Ist es so, dass man keine geeigneten Frauen findet?

Bach: Aus meiner Sicht ist es nicht so. Man muss manchmal länger suchen, man muss schauen, dass es auf den Listen der Recruiter, egal ob extern oder intern, Vorgaben gibt. Man muss vielleicht anders suchen. Wir haben durch unser Programm den Frauenanteil in zweieinhalb Jahren von 17 Prozent auf 20 Prozent im Unternehmen steigern können – bei den Führungskräften sogar noch deutlicher, von 5 auf 11 Prozent. Es bewegt sich was.

Trajanoska: Ich bin der Meinung, dass man bei gleichen Qualifikationen – zumindest in technischen Berufen – immer eine weibliche Mitarbeiterin bevorzugen sollte. Selbst bei nicht vollständiger Qualifikation zahlt es sich aus, in Frauen in der Technik zu investieren. Das ist, was wir z. B. im E-Werk Franz, damals wie heute, unter unserem neuen Geschäftsführer tun und auch weiterhin fortsetzen wollen.

Brigitte Bach
© Thomas Topf

Brigitte Bach, 57,

hat Technische Physik und Astronomie studiert und ist seit 2021 Technikvorständin der Salzburg AG. Zuvor leitete sie die Bereiche Telekommunikation, Elektromobilität und neue Geschäftsfelder bei der Wien Energie. Nach einigen beruflichen Stationen heuerte sie bei Arsenal Research (der Vorgängerorganisation des AIT) an und stieg rasch zur Geschäftsführerin des Energy Departments mit über 200 Mitarbeitenden auf.

Wir sehen in der Branche, dass wir bei BerufseinsteigerInnen mit einem Prozentsatz von 50:50, leider noch nicht in technischen Feldern, aber im Schnitt, schon recht attraktiv sind. Aber wir verlieren die Frauen sozusagen am Weg. Möglicherweise durch eine gläserne Decke, aber auch dadurch, dass Frauen einfach nicht mehr aus der Karenz zurückkommen …

Bach: Um dem vorzubeugen, unterstützen wir als Salzburg AG die partnerschaftliche Kinderbetreuung der Elternteile.

Eine interessante Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung hat ergeben, dass das Hauptmotiv dieser Frauen – es sind immerhin 62 Prozent jener, die nach der Karenz nicht mehr in ihren Job zurückkehren – nicht etwa mangelndes oder zu teures Kinderbetreuungsangebot ist, sondern dass diese Frauen einfach mehr Sinn in der Kindererziehung sehen. Gerade dieser Sinnaspekt müsste doch eigentlich in unserer Branche, der E-Wirtschaft – Stichwort Klimawandel –, einfach zu adressieren sein, meint ihr nicht?

Bach: Die Energiewirtschaft hat genau jenes zukunftsorientiert-sinngebende Arbeitsangebot, das junge Mütter anziehen kann: dem Klimawandel zu begegnen, der die nächste Generation bedroht. Aber Teil der Energiewende zu sein genügt nicht, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen. Einer meiner ersten Schwerpunkte als Vorständin der Salzburg AG war es, genau diese Rahmenbedingungen mit einem Programm namens #DIEzukunft zu adressieren. Wir müssen die Hürden für Frauen senken. Das beginnt mit dem Recruiting Bias von der Bild- und Textsprache von Inseraten, das geht über das Auswahlverfahren – wir wissen, dass sich Frauen vorsichtiger präsentieren als Männer, obwohl sie dasselbe meinen, und das geht so weit, dass wir uns darum kümmern müssen, Frauen im Unternehmen zu fördern und zu halten.

Beti Trajanoska

„Ich habe das Phänomen des geringen Anteils an Frauen im Management und in technischen Berufen eigentlich erst nach meinem Umzug aus Mazedonien kennengelernt.“

Beti Trajanoska E-Werk Franz, Leitung Technischer Betrieb

Wie gibst du Frauen nach der Karenz Sinn?

Bach: Wir versuchen, unsere Frauen schon im Mutterschutz interessiert zu halten. Dass sie, wenn sie das wünschen, ihr Handy, ihren Laptop behalten, dass sie eingeladen werden zu Informationsveranstaltungen oder zu gesellschaftlichen Veranstaltungen. Wir haben auch begonnen, das Führen in Teilzeit zu ermöglichen, insbesondere für Frauen, aber natürlich auch für Männer.

Trajanoska: Ich war vor zehn Jahren die einzige Technikerin im Unternehmen, inzwischen habe ich drei Kolleginnen – und auch diese waren im Mutterschutz und sind wieder zu uns zurück, worauf wir wirklich sehr stolz sind. Ich glaube, das Thema „Perspektive geben“ für die Zeit danach ist sehr wichtig. Was ich jedoch überaus bemerkenswert finde, ist, dass ich das Phänomen des geringen Anteils an Frauen im Management und in technischen Berufen eigentlich erst nach meinem Umzug aus Mazedonien kennengelernt habe. In Südost-, aber auch Osteuropa ist es im Gegensatz zu Mitteleuropa völlig selbstverständlich, dass Frauen rund die Hälfte aller technischen Managementpositionen innehaben.

Warum ist das so?

Trajanoska: Möglicherweise ist es ein Überbleibsel aus dem Sozialismus, der ja die Gleichheit von Mann und Frau betont hat. Aber viel wahrscheinlicher auch durch die noch immer viel geringere Verbreitung von Teilzeitmodellen. Denn diese wirken – nach wie vor – vor allem für Frauen als Karrierebremse, weil sie zumeist nur von ihnen in Anspruch genommen werden. Ich habe das selbst erlebt: Bei einem 20-Stunden-Job passiert viel am Nachmittag, wo man nicht anwesend ist. Und dann fehlen automatisch Informationen, man ist bei Besprechungen nicht mehr dabei – und kann nicht mitentscheiden …

Beti Trajanoska
© Thomas Topf

Beti Trajanoska, 55,

studierte in ihrer Heimat Mazedonien Elektrotechnik und arbeitete zehn Jahre bei der Mazedonischen Eisenbahn. Nach ihrem Umzug nach Österreich startete sie an der TU Graz am Institut für Elektrische Anlagen als wissenschaftliche Mitarbeiterin, wo sie viele Projekte für Stromnetzbetreiber erfolgreich umgesetzt hat. Vor zehn Jahren wechselte sie zu E-Werk Franz, dem größten privaten österreichischen Stromnetzbetreiber im Grazer Raum.

Bach: Wir sind immer noch in einer Management-Kultur der Anwesenheit, wo es auch darum geht, dass Information Macht ist. Wenn wir es nicht schaffen, in unserer Gesellschaft Männer und Frauen in gleichen Teilen in die Kindererziehung einzubinden, wird dieser Effekt immer bestehen bleiben. Kinder haben Eltern – und nicht nur Mütter. Genau deshalb richtet sich unser Führen-in-Teilzeit-Modell natürlich auch an Männer.

Wie lässt sich die E-Wirtschaft für Frauen attraktivieren? Wie kann man dafür sorgen, dass Frauen Karriere machen – oder besser: sich
entfalten können?

Bach: Ich glaube, die wichtigste Attraktivierungsmaßnahme ist, dass es bereits – sichtbar – Frauen im jeweiligen Unternehmensteam gibt. Beti hat das so schön formuliert, dass sie von einer Frau „geholt wurde“ und über ihre Tätigkeit andere Frauen angezogen hat. Anna hat beschrieben, wie wichtig es für sie war, dass sie die Lehre in diesem Beruf zu zweit mit einer Kollegin beginnen konnte. Es braucht einen gewissen Prozentsatz an Frauen im Unternehmen, um überhaupt Frauen an- und nachzuziehen. Ab einem gewissen Prozentsatz wird das sichtbar – und wohl auch leichter, Frauen anzuziehen. Ohne aktive Maßnahmen – und einen Mann oder eine Frau im Führungsteam, die das wirklich vorantreibt – kommt das nicht von selbst.

Trajanoska: Das denke ich auch. Ich sehe, welchen Eindruck es auf Bewerberinnen macht, wenn eine weibliche Führungskraft schon beim Bewerbungsgespräch anwesend ist.

Bach: Ein Punkt, der sicher auch noch wichtig ist, ist, dass wir im Unternehmen und darüber hinaus Vernetzungsmöglichkeiten anbieten – und
wir versuchen, das ist auch ein Teil des Programms, wirklich regelmäßig die weiblichen Führungskräfte einzuladen, aber auch Veranstaltungen zu machen für alle Frauen im Unternehmen, um sich einfach ein bisschen gegenseitig kennenzulernen, die Sichtbarkeit zu steigern. Das hilft auch.

Wir planen Ähnliches, der Kickstart dazu ist am 22. März, auch für die gesamte Branche. Wir planen dazu ein Treffen, bei dem wir uns austauschen können – und voneinander, auch unternehmensübergreifend, lernen können. Aber ich möchte hier jetzt auch ein wenig den Fokus auf unsere Tätigkeiten legen. Ihr seid Role Models als Frauen, aber auch als Leistungsträgerinnen in euren Jobs, deshalb die  ganz direkte Frage: Worauf wart ihr – Stichwort: Die Energiezukunft ist weiblich – in den letzten Monaten am meisten stolz bei eurer Arbeit? Wer möchte beginnen?

Schrammel: Ich persönlich bin sehr stolz, dass ich ein Teil der Lösung bin, wenn es um das Thema der sicheren Stromversorgung geht. Wir haben letztes Jahr gesehen, wie wenig selbstverständlich das ist. Egal ob wir Trafostationen aufstellen oder Umspannwerke ausbauen, wir machen dieses Land energiesicher. Und das, obwohl wir zuletzt mit den allergrößten Herausforderungen zu tun hatten: Wir warten teilweise eineinhalb Jahre auf eine Trafostation. Und die Teilnahme am Energiekongress war ein Highlight: Das war wirklich cool. Wir sind mit den anderen eingeladenen Lehrlingen jetzt in regelmäßigem Kontakt.

Anna Schrammel
© Thomas Topf

Anna Schrammel, 18,

ist Lehrling bei der Netz Niederösterreich. Sie ist bei einer Berufsmesse auf ihren Arbeitgeber aufmerksam geworden. Nach einigen Schnupperpraktika hat sie die Lehre beim niederösterreichischen Netzbetreiber begonnen. Sie steht vor ihrer Lehrabschlussprüfung und plant den Besuch einer berufsbegleitenden Abend-HTL.

Was ich persönlich großartig finde, ich hoffe, du erlaubst mir die Einschätzung, ist, dass du Teil der Lösung für das Nachwuchsproblem in unserer Branche bist. Während andere Jugendliche in deinem Alter demonstrieren gehen, hilfst du mit, Menschen für einen Job zu begeistern, der Teil der Lösung ist. Wie geht’s für dich weiter nach dem Abschluss der Lehre?

Schrammel: Ich plane, und das ist auch eines der Argumente für all jene, die sagen, dass Lehre nicht in Frage kommt, weil sie weiter in die Schule gehen wollen, den Besuch der Aufbau-HTL. Es gibt bei uns noch einige Prüfungen, die wir nach der Lehrzeit schaffen müssen, etwa Schaltberechtigungen, doch danach möchte ich in ein, zwei Jahren den Abendlehrgang der HTL machen. Aber keine Sorge, ich werde der Netz-Niederösterreich erhalten bleiben (lacht).

Trajanoska: Das vergangene Jahr war für alle Unternehmen der Branche das wohl herausforderndste Jahr in vielerlei Hinsicht seit Jahrzehnten. Dennoch konnten wir einige Projekte erfolgreich umsetzen. Unzählige Photovoltaik-Anlagen sowie mehrere E-Ladestationen wurden letztes Jahr ans Netz angeschlossen. Meine persönlich größte Herausforderung war es zuletzt, die Datenübertragung von Smart Metern sicherzustellen. Durch die neuen variablen Flextarife (die sind direkt am Börsenpreis orientiert) sind die Smart Meter in der Konfiguration „Opt in“ zu einem echten Meta-Thema mit dutzenden Anfragen geworden.

Weiters bin ich stolz auf das positive TSM Audit, das wir als kleines Unternehmen erfolgreich bestanden haben. Ja, und dazu hatten wir durch unser stabiles Netz immer schon wenige und seit drei Jahren hintereinander überhaupt keine Strom-Ausfälle. Das ist deutlich unter dem – ohnehin schon österreichweit extrem niedrigen – 23-Minuten-Jahresschnitt.

Beti Trajanoska
„Ich habe das selbst erlebt: Bei einem 20-Stunden-Job passiert viel am Nachmittag, wo man nicht anwesend ist. Und dann fehlen automatisch Informationen, man ist bei Besprechungen nicht mehr dabei – und kann nicht mitentscheiden.“ Beti Trajanoska E-Werk Franz, Leitung Technischer Betrieb

Du erlebst, glaube ich, etwas, wovon viele in der Energiebranche ein Lied singen können. Die Aufgaben sind im Zuge der Energiewende enorm gestiegen – in Umfang und Komplexität –, aber das vorhandene Personal nicht …

Trajanoska: Wir haben uns zu diesem Thema viele Gedanken gemacht: Ich glaube, wir sind auch aufgrund unserer Attraktivität für weibliche Arbeitskräfte, beginnend mit den weiblichen Auszubildenden, in einer guten Position. Aber wir haben es auch geschafft, angesichts des Fachkräftemangels über die Grenzen hinaus zu denken. Wir haben zuletzt etwa Monteure aus Kroatien gewinnen können. Deren Diplom-Anerkennung ist jetzt am Laufen und sie sind bereits nach Österreich gezogen.

Was war der Beitrag, auf den du am stolzesten bist, Brigitte?

Bach: Wir habe zuletzt eine Dekarbonisierungsstrategie für die Salzburg AG initiiert, und zwar für Gas und Wärme, worauf ich sehr stolz bin. Ich denke, im Strombereich ist ja relativ klar, was zu tun ist. Auch wie es zu tun ist, ist zwar nicht einfach, aber klar. Im Gaswärmebereich ist das weniger klar. Da geht es stark um die Frage: Wie weit können wir die Fernwärme ausbauen, wie können wir sie dekarbonisieren, welche Mengen schaffen wir hier, wie viel Grüngaswärme schaffen wir in Salzburg und welche Mengen brauchen wir und wozu? Aber natürlich ist auch operativ sehr viel passiert. Wir hatten im Dezember im Aufsichtsrat Baubeschluss für zwei Wasserkraftwerke. In diesem Frühling ist Betriebsbeginn eines sehr großen Biomasseheizkraftwerks Siezenheim II. Wir sind jetzt auch tatsächlich endlich am Weg, hier einige Windkraftprojekte voranzutreiben – und wir rollen jetzt für das Bundesland Salzburg öffentliche Ladeinfrastruktur aus. Es geht sehr gut voran und wird auch sehr gut angenommen.

Vielen Dank für das Gespräch – und ich freue mich, euch am 22. März bei unserer Veranstaltung  „Die Energiezukunft ist weiblich“ begrüßen zu dürfen!

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