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Innovation: Fischfreundliche Turbine

Patrick Landerl hat bei next-incubator, dem Innovations-Hub für Nachhaltigkeit der Energie Steiermark, ein Pilotprojekt mit Natel Energy begleitet. Die konkrete Umsetzung des Projekts verantwortete Andreas Fürst von der Green Power GmbH, der Stromerzeugungsgesellschaft der Energie Steiermark.

Wer wissen will, was in der globalen Start-up-Welt los ist, kommt an der Adresse 40 N Wolfe Road, Sunnyvale, Kalifornien nicht vorbei. Dort hat das Plug-and-Play-Tech-Center seinen Sitz. Vor über dreißig Jahren von Saeed Amidi gegründet, ist das Center heute der weltgrößte Start-up-Hub. An der Gründung von Google war das Plug-and-Play-Tech-Center ebenso beteiligt wie an jener von Dropbox oder PayPal – nur um einige der ganz Großen zu nennen.

 

Andreas Fürst und Patrick Landerl
© Daniela Jakob

Andreas Fürst (49, links) ist in der Green Power für Produktmanagement-Erzeugung verantwortlich.

Patrick Landerl (36) ist bei next-incubator für Projekte im Bereich nachhaltige Energieinnovationen zuständig.

Für die Energie Steiermark war es, jedenfalls rückblickend betrachtet, daher nur logisch, dass man mit dem Plug-and-Play-Tech-Center Kontakt aufgenommen hat, um im Rahmen von internationalem Scouting Lösungen zu sichten, die dazu beitragen können, die Energiewende voranzutreiben.
 

Beeindruckende Kooperation

Die Kooperation mit den Amerikanern, erzählt Landerl, habe sich von Anfang an beeindruckend gestaltet. „In einem ersten Schritt bereitete das Plug-and-Play-Center eine Longlist an Start-ups vor, die für uns als Kooperationspartner interessant sein könnten, weil sie im Bereich grüner Energietechnologien tätig sind.“
Mithilfe von Hintergrundrecherchen reduzierte next-incubator die umfangreiche Liste dann zunächst auf zwanzig potenzielle Partner und in einem weiteren Schritt auf einige wenige Namen. Um unter diesen Kandidaten die allerbesten zu finden, flog das next-incubator-Team dann nach Kalifornien.

Die fischfreundlichen Turbinen könnten in Zukunft nicht nur für Kleinwasserkraftwerke, sondern auch für große Anlagen eine  interessante Option sein.
© Daniela Jakob

Mit Natel Energy war unter den aus der Sicht von next-incubator besonders interessanten Unternehmen auch ein Anbieter von fischfreundlichen Turbinen für den Kraftwerksbau dabei, einer, der eine Technologie entwickelt hat, die bis dato in Europa noch nicht verwendet wurde.
 

Zwei wichtige Assets

„Eine wichtige Stärke dieser Turbine ist ihre Fischfreundlichkeit. Es wird davon ausgegangen, dass fast hundert Prozent der Fische, die in die Turbine kommen, unverletzt bleiben. Die zweite wichtige Stärke besteht darin, dass die Turbine auch für kleine Gewässer mit geringer Durchflussgeschwindigkeit und Fallhöhe ausgelegt ist. Durch einfache Montagelösungen verursacht sie auch geringere Baukosten. In dieser Kombination ist das schon sehr innovativ“, erklärt Andreas Fürst von der Green Power GmbH, der die konkrete technische Umsetzung des Projekts vor Ort in der Steiermark verantwortete. Die Green Power GmbH ist die Stromerzeugungsgesellschaft der Energie Steiermark.

Von der Entscheidung, ein Pilotprojekt mit einer Natel-Energy-Turbine im Grazer Umland zu starten, bis zur  Inbetriebnahme im letzten Herbst war der Weg allerdings lang. „Alles so anzupassen und zu dimensionieren, dass es den europäischen bzw. österreichischen Rechtsvorgaben entspricht, erwies sich als durchaus herausfordernd. Auch die unterschiedlichen Maßsysteme in den USA und Europa waren nicht immer einfach zu handhaben“, erinnern sich Landerl und Fürst.
Inzwischen ist die Turbine aber im Praxiseinsatz – am Mühlgang, einem künstlichen Seitenarm der Mur, der einst, wie der Name schon vermuten lässt, angelegt wurde, um die hiesigen Mühlen zu versorgen. Auf einen bis zwei Kubikmeter Durchfluss pro Minute bringt es der Mühlgang und ist somit mit einem mittelgroßen, eher trägen Bach zu vergleichen. „Das Pilotprojekt am Mühlgang ist sehr gut geeignet, um ganz realitätsnah zu dokumentieren, wie gut sich die Turbine für den Einsatz in kleinen und mittelgroßen Kraftwerken eignet“, sagt Fürst.
 

Einsatzgebiet Energiegemeinschaften

Das ist unter anderem auch deshalb wichtig, weil sich in Zukunft der Ausbau der Wasserkraft auch in diesem Bereich verstärken wird. Das Potenzial für Großprojekte ist zwar in manchen Bundesländern nach wie vor noch gegeben, wird aber naturgemäß immer kleiner. Kraftwerke mit 15 bis 200 KW können in Österreich aber noch viele gebaut werden.

Dazu kommt die Tatsache, dass gerade sie eine sehr wichtige Rolle für Energiegemeinschaften spielen könnten, weil Energiegemeinschaften, wo topographisch möglich, auf diese Weise ihre Grundlast mit Wasser und somit unabhängig von den viel volatileren Energieformen Wind und Sonne abdecken können. Mit einem Kraftwerk, das 15 KW Leistung hat und 120 MWh effektive Energie liefert, können rund dreißig Haushalte versorgt werden – für Energiegemeinschaften eine ideale Größe.

„Alles so zu dimen­sionieren, dass es den heimischen Rechts­vorgaben entspricht, erwies sich als durchaus herausfordernd.“

„Wir testen nun die Turbine ganz ausführlich in der Praxis, dann werden wir ziemlich genau sagen können, wo sie gute Einsatzmöglichkeiten verspricht und wo eventuell Nachbesserungen nötig sind. Der bisherige Projektverlauf stimmt uns aber sehr optimistisch“, fasst Fürst den aktuellen Stand zusammen. Natel Energy selbst beziffert das Potenzial, das in Europa und in den USA mithilfe seiner Turbinen erschlossen werden könnte, auf 48 Gigawatt.

Im weiteren Verlauf des Projekts sollen am Mühlgang mit universitärer Unterstützung auch ausführliche Auswertungen zur Fischsicherheit der Turbine durchgeführt werden. Natel Energy hat Zahlen vorgelegt, wonach 99 Prozent der Tiere, die in die Turbine geraten, dank der abgerundeten Kanten der Turbine wieder unverletzt herauskommen. Ein weiterer Vorteil besteht laut Natel Energy auch darin, dass  Sedimente wie Sand oder Lehm, die bei vielen Turbinen vor dem Wasserkraftwerk abgelagert werden, die Turbine passieren und so einen naturnahen Bach- oder Flussverlauf gewährleisten.
 

Test für schnellere Genehmigungen

Wenn in diesem Jahr in Graz die Fischsicherheit der Natel-Energy-Turbine getestet wird, so dient das nicht nur dem Zweck, die Angaben unabhängig zu bestätigen. Die Daten, die dabei gewonnen werden, sind auch deshalb so wichtig, weil sie potenziell zukünftige Genehmigungsverfahren beschleunigen könnten. „Natürlich muss jede Anlage gesondert genehmigt werden. Je mehr Daten aber bereits im Vorfeld vorliegen, desto schneller lassen sich Auswirkungen abschätzen. Daten zur Umweltverträglichkeit von Anlagen spielen da eine ganz besondere Rolle. Auch deshalb haben wir vor, die Fischsicherheit und -durchgängigkeit der neuen Turbine sehr genau zu dokumentieren.“

Einen persönlichen Rückblick auf die vielen direkten und digitalen Kontakte mit seinen Partnern in den USA gestattet sich Landerl aus Anlass der Projekt-Inbetriebnahme übrigens auch. Es sei für ihn schon sehr interessant gewesen zu sehen, wie unterschiedlich die Herangehensweise an Projekte diesseits und jenseits des Atlantiks teilweise sei. „Umso mehr freut es mich, dass wir bereits eine Vielzahl an Projekten trotz aller kulturellen Unterschiede auch in der Steiermark umsetzen konnten und dies mit dem next-incubator auch weiterhin machen werden.“

Das Unternehmen

next-incubator, der Innovationshub der Energie Steiermark

Sitz: Graz

Gründung: 2017

Aktuelle Märkte: Österreich

Geschäftsmodell: next-incubator ist der Innovations-Hub für Nachhaltigkeit der Energie Steiermark. Seine Aufgabe besteht darin, Innovationen aufzuspüren, die für die Energiewirtschaft wichtig sein könnten, und in weiterer Folge entsprechende Projekte umzusetzen. Derzeit testet next-incubator gemeinsam mit der Green Power GmbH in einem Pilotprojekt im Grazer Umland eine fischfreundliche Turbine des US-Start-ups Natel Energy, die für Kleinkraftwerke und Energiegemeinschaften von Interesse sein könnte.

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