ElWG: Was bringt das kommende E-Wirtschaftsgesetz?
Das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) regelt bisher die leitungsgebundene Energieversorgung mit Strom. Eine Nachfolgeregelung soll noch heuer in Kraft treten – und der Transformation des Sektors in Richtung Erneuerbare Rechnung tragen.
Es ist gewissermaßen die rechtliche Basis des liberalisierten Strommarktes in Österreich: das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), das erstmals vor mehr als 20 Jahren beschlossen und seither einer Vielzahl von Novellen unterzogen wurde. Nun aber steht eine fundamentale Reform an: Nach den Plänen des Energieministeriums (BMK) wird das ElWOG noch heuer durch das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) ersetzt. Laut dem BMK dient das neue Gesetz der Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie 2019/944 der EU sowie der Erneuerbaren-Richtlinie 2018/2001. Diskussionen über eine neue Strombinnenrichtlinie sind im Gang. Überdies hat sich das System zur Stromversorgung in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Erneuerbare Energien wie Windkraft und Photovoltaik sind nicht zuletzt auch wirtschaftlich von einem Nischenthema zu einem wesentlichen Element im Energiemarkt geworden. Dies alles macht eine Neugestaltung des ElWOG in der Form des ElWG nötig.
Wie Benedikt Ennser, Leiter der Abteilung Energierecht im BMK, im Rahmen des PV-Kongresses ausführte, zielt der neue Rechtsrahmen nicht zuletzt darauf ab, Unklarheiten in der bestehenden Rechtslage zu beseitigen, Lücken zu schließen sowie die gelebte Praxis und deren rechtlichen Rahmen miteinander in Einklang zu bringen. Die oft beklagte „doppelstöckige“ Struktur der Rechtsordnung, derzeit bekanntlich bestehend aus dem „Bundes-ElWOG“ und den neun „Landes-ElWOGs“, soll, so weit möglich, vermieden werden. Ferner ist vorgesehen, den Fokus stärker auf die Endkunden zu legen und neue Marktrollen wie etwa jene der oft genannten „Aggregatoren“ sowie jene der Energiegemeinschaften auszugestalten. Geplant ist ein Paket bestehend aus dem ElWG, dem Energiearmuts-Definitions-Gesetz (EnDG), sowie einer Novelle des E-Control-Gesetzes.
Flexibler Netzzugang
Was die Regelungen hinsichtlich des Netzbetriebs betrifft, liegt der Fokus nach derzeitigem Stand auf der systematischen Trennung der Begrifflichkeiten von Netzanschluss und -zugang, auf der Festschreibung neuer Aufgaben der Verteilernetzbetreiber sowie auf der Konsolidierung der Pflichtenkataloge für Netzbetreiber, etwa hinsichtlich der in Datenverwaltung und Digitalisierung. Die Allgemeinen Netzbedingungen (ANB) sollen per Verordnung der Regulierungsbehörde bundesweit einheitlich ausgestaltet werden. Hinsichtlich der Netzplanung möchte das BMK die Nutzung der Smart-Meter-Daten durch die Netzbetreiber erleichtern. Zurzeit ist diese bekanntlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Kunden erlaubt. Eine gemeinsame Internet-Plattform der Verteilnetzbetreiber soll zur Verbesserung der Transparenz hinsichtlich der verfügbaren Kapazitäten beitragen. Geplant ist weiters, die „Möglichkeit eines vorübergehenden flexiblen Netzzugangs“ vorzusehen.
Gemeint ist damit: Begehrt der Betreiber einer Stromerzeugungsanlage das Recht auf Netzzugang mit einer bestimmten Leistung, so kann ihm der Netzbetreiber für einen begrenzten Zeitpunkt eine geringere Leistung anbieten. Besteht der Antragswerber auf der angefragten Leistung, hat er für die notwendigen Maßnahmen zur Ertüchtigung des Netzes zu bezahlen. Die Überlegung dahinter besteht darin, Ökostromanlagen rascher ans Netz zu bringen, wenn auch unter Umständen nicht sofort mit voller Leistung. Nicht gestatten will das BMK den Betrieb öffentlicher Ladepunkte durch den Netzbetreiber. Ausnahmen per Bescheid der E-Control könnte es indessen geben.
Weiter keine Speicher
Ein weiterer wichtiger Punkt im ElWG betrifft die Energiespeicherung, der ein eigener Teil des Gesetzes gewidmet wird. Auch hier plant das BMK vor allem klare Begriffsbestimmungen sowie eine vollständige Umsetzung der Energiebinnenmarktrichtlinie. Weiterhin verboten bleiben soll den Netzgesellschaften der Betrieb von Stromspeichern. Ausnahmen für Anlagen, die ausschließlich dem Netzbetrieb dienen (Fully Integrated Network Components, FINC) sowie durch Bescheid der E-Control, möchte das BMK jedoch zulassen.
Dezentrale Versorgung
Neue Bestimmungen dürfte das ElWG nach derzeitigem Stand auch hinsichtlich der dezentralen Versorgung mit elektrischer Energie vorsehen. Erweitert werden sollen die Möglichkeiten zur Nutzung von Direktleitungen. Unter anderem möchte das BMK die Durchleitung von Strom aus dem Verteilernetz durch solche Leitungen zulassen.
Die Eigenversorgung umfasst künftig die Erzeugung, den Verbrauch, die Speicherung und den Verkauf elektrischer Energie, ebenso wie die Teilnahme an Flexibilitätsdienstleistungen. Der Betrieb von Anlagen zur Eigenversorgung kann außerdem durch einen Dritten erfolgen, etwa durch einen Pächter oder einen Contractor.
Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen, derzeit geregelt im bekannten § 16a, können künftig auch Speicher umfassen. Hinsichtlich der Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften (EEG) sehen die Überlegungen des BMK vor, Trägergesellschaften den Betrieb mehrerer lokaler oder regionaler EEG zu gestatten, sofern sich diese innerhalb eines politischen Bezirks in einem Netzgebiet befinden. Dies dient der Verwaltungsvereinfachung: Kommunen müssen nicht für jede ihrer lokalen oder regionalen EEG eine eigene Gesellschaft bzw. einen eigenen Verein gründen.
Regeln straffen
Was schließlich die Netzentgelte betrifft, ist vorgesehen, die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde gegenüber dem Gesetzgeber weiter zu stärken und der E-Control größere Spielräume zu verschaffen. Weiterhin gesetzlich vorgegeben werden die Komponenten, die Zahlergruppen sowie die Bestimmungen hinsichtlich der Tarifsetzungsverfahren und des Regulierungskontos. Die Grundsätze der Kostenermittlung sowie die Sandbox-Regelung werden gestrafft.
Ungewisse Mehrheit
Zurzeit arbeitet das BMK an der inhaltlichen Finalisierung sowie am „legistischen Feinschliff“ des Pakets um das ElWG. Nach der koalitionsinternen Abstimmung erfolgt – vermutlich über den Sommer – die öffentliche Begutachtung, bei der sich Oesterreichs Energie intensiv einbringen wird. Nach Beschlussfassung im Ministerrat erfolgt die Behandlung im Parlament, wobei eine Zweidrittel Mehrheit erforderlich ist.
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