Merit-Order: Warum das letzte Kraftwerk den Strompreis bestimmt

Das letzte und somit teuerste Kraftwerk, dessen Angebot bei einer Auktion angenommen wird, bestimmt den Strompreis am Spotmarkt. TIWAG-Experte Edgar Röck erklärt weshalb.

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Die kurze Antwort auf die Frage, warum das teuerste Kraftwerk den Strompreis bestimmt, lautet: Weil der Strompreis im sogenannten Einheitspreisverfahren, auch Market Clearing Price Verfahren, ermittelt wird. Aber wie funktioniert das konkret? Und macht es Sinn?

Sinn macht es auf jeden Fall. Denn das Einheitspreisverfahren hat sich als ein sehr gutes Instrument der Preisfindung erwiesen, wenn der Fokus darauf liegt, einen Wert zu ermitteln, der die Versorgung mit einem (lebenswichtigen) Gut sicherstellt und der dennoch vom Marktprinzip bestimmt wird.

Edgar Röck, Bereichsleiter Energiehandel und Energiewirtschaft bei der TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG
"Das Einheitspreisverfahren hat sich als ein sehr gutes Instrument der Preisfindung erwiesen, wenn der Fokus darauf liegt, einen Wert zu ermitteln, der die Versorgung mit einem (lebenswichtigen) Gut sicherstellt und der dennoch vom Marktprinzip bestimmt wird." Edgar Röck Bereichsleiter Energiehandel und Energiewirtschaft bei TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG

Beim Strompreis wird dieser Wert im Voraus, genauer am Tag vor der jeweiligen Lieferung, auf speziell dafür autorisierten Börsen ermittelt, wobei bei einer Auktion für jede Stunde des kommenden Tages eine eigene Preisermittlung erfolgt. Dabei kann jeder autorisierte Marktteilnehmer sowohl auf der Angebots- als auch der Nachfrageseite angeben, wie viel Strom er zu welchem Preis zu kaufen bzw. zu verkaufen bereit ist. 

Setzt man das Ergebnis um, lassen sich zwei Kurven zeichnen, eine für die Anbieterseite und eine für die Nachfrageseite. Auf der X-Achse wird der Preis dargestellt, auf der Y-Achse die Abnahme- bzw. Verkaufsmenge. Legt man die Kurven übereinander, dann markiert der Schnittpunkt jenen Wert, bei dem sich Angebot und Nachfrage decken. Dieser Preis garantiert über den so stattfindenden Wettbewerb die bestmögliche Versorgung für die Abnehmer und zugleich die bestmöglichen Erträge für die Anbieter. 

Als sogenannter Einheitspreis oder „Market Clearing Price – MCP“ gilt er als Ergebnis der Auktion für alle Anbieter, auch für jene, die grundsätzlich bereit waren, billiger zu verkaufen. Somit bestimmt der letzte und teuerste Anbieter, der in einer Auktion für die jeweilige Stunde zum Zug kommt, den Preis für alle anderen Anbieter. 

Anbieter, die mit ihrem Preis über dem Einheitspreis zu liegen kamen, werden aussortiert und dürfen gar nicht liefern. Für die nächsten Auktionen müssen diese Anbieter daher überlegen, ob sie ihre Kosten günstiger gestalten können. Das Einheitspreisverfahren verhindert aber auch, dass Anbieter die Preise für ihre Gebote bei den Auktionen zum Beispiel aus strategischen Gründen unrealistisch tief ansetzen. Denn im Ernstfall, wenn sie am Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage zu liegen kommen, müssen sie auch tatsächlich zu diesem Preis liefern.

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