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5 Fragen an Wirtschaftsminister Martin Kocher

Der Wirtschaftsminister über Energiekostenzuschuss, Versorgungs­sicherheit und das europäische Energiemarktdesign.

Die Energiepreise sind das Thema der Stunde – Stichwort Deindustrialisierung. Reichen die bislang gesetzten Unterstützungsmaßnahmen, um gut durch diese Krise zu kommen?

Martin Kocher: Die Bundesregierung hat als Reaktion auf die Teuerungswelle eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um Haushalte und Unternehmen zu unterstützen. Die hohen Energiepreise belasten österreichische Unternehmen, vor allem jene, die im internationalen Wettbewerb stehen. Der Energiekostenzuschuss war und ist daher die richtige Maßnahme, um Planbarkeit und Planungssicherheit zu gewährleisten. Insgesamt stehen für diese Maßnahme sieben Milliarden Euro zur Verfügung. Damit verfügen wir über den notwendigen finanziellen Spielraum.

Martin Kocher
© Enzo Holey

Martin Kocher

Der renommierte Ökonom ist seit Januar 2021 Bundesminister für Arbeit und seit Mai 2022 auch Wirtschaftsminister. Er lehrte als Professor für Verhaltensökonomik am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Uni Wien sowie am Vienna Center for Experimental Economics der Uni Wien und war von 2016 bis 2021 wissenschaftlicher Direktor des IHS.

Wie schneiden wir im Vergleich zur deutschen Strom- und Gaspreisbremse für Unternehmen ab? Sind wir weiterhin konkurrenzfähig?

Kocher: Beide Länder berechnen die Voraussetzungen für ihre Energiepreishilfen unterschiedlich. In Deutschland hat man sich für eine Strom- und Gaspreisbremse entschieden. In Österreich haben wir mit einem Antrags- und Berechnungsmodell für einen Energiekostenzuschuss einen anderen Weg gewählt. Im Gegensatz zum deutschen Modell, das unabhängig vom Marktpreis einen fixen Tarif garantiert, werden im österreichischen die individuellen Mehrkosten teilweise ersetzt. Wir sind überzeugt, dass österreichische Betriebe gegenüber den deutschen Unternehmen konkurrenzfähig bleiben.

Was muss getan werden, damit die Energieversorgung auch im nächsten Jahr sicher bleibt und günstiger wird?

Kocher: Versorgungssicherheit und leistbare Energie haben oberste Priorität. Aus diesem Grund haben wir eine strategische Gasreserve und die weitere Diversifizierung der österreichischen Energiequellen beschlossen. Gleichzeitig treiben wir den Ausbau Erneuerbarer voran. Im vergangenen Jahr haben wir mit dem EAG und schnelleren Verfahren durch die UVP-Novelle Maßnahmen gesetzt. In den kommenden Monaten müssen die Förderungen aus dem EAG auch bei der Bevölkerung ankommen. Die Unternehmen unterstützen wir mit 5,7 Milliarden Euro bei ihrer Transformation bis 2030.

Wie beurteilen Sie das europäische Energiemarktdesign – funktionieren die bestehenden Regularien weiterhin oder braucht es Reformen?

Kocher: Die liberalisierten Strom- und Gasmärkte haben bis zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gut funktioniert und entsprechende Signale zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und Effizienz gegeben. Mit den Preissprüngen und der Unsicherheit der Gasversorgung sind die bestehenden Energiemärkte jedoch an ihre Grenzen gestoßen. Obwohl sich die Lage schon deutlich beruhigt hat, ist es notwendig, eine europäische Lösung zu finden, um die derzeit noch immer bestehenden Unsicherheiten in den Griff zu bekommen. 2023 muss es aus unserer Sicht gerade am Strommarkt Weichenstellungen für eine Reform auf europäischer Ebene geben.

Was ist Ihrer Ansicht als Ökonom nach die stärkste einzelne Maßnahme des Anfang Januar koalitionsintern beschlossenen Energie-Pakets?

Kocher: Es ist wie immer nicht nur eine Maßnahme, die besonders stark oder gar nicht wirkt, bei einem Paket wirkt jede Maßnahme nur im Zusammenschluss mit den anderen.

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