5 Fragen an Alfons Haber, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control
Vielen Bürgern, die gerade PV ausbauen, geht der Netzausbau zu langsam. Sehen Sie das auch?
Alfons Haber: Eines ist klar: Der Ausbau der Erneuerbaren kann nur mit einem entsprechenden Ausbauder Netze gelingen. Und das muss auch aus unserer Sicht schneller werden. Die Netzbetreiber sind sehr gefordert, um den Systemumbau zu ermöglichen. Wir erleben aktuell einen Boom bei den PV-Anlagen, zunächst aufgrund der politischen Zielsetzungen, der Einspeisetarife und der umfangreichen Förderungen. Hinzu kommt als Folge des russischen Angriffskriegs und der Gaskrise auch vielfach der Wunsch, schneller auf Erneuerbare zu setzen. Diese enorme Nachfrage hat wohl viele überrascht. Nun gilt es auf allen Ebenen, ob durch die Politik, die Verwaltung und natürlich auch die Energiewirtschaft, alles daran zu setzen, um die Anlagen ans Netz zu bringen. Wir erarbeiten gerade einen Actionplan zu Netzanschlüssen, um diese Ziele zu unterstützen. Zusätzlich sind auch noch Beschleunigungen für den Ausbau der Infrastruktur und insbesondere der erneuerbaren Energien auf mehreren Ebenen erforderlich.
Alfons Haber
Der gebürtige Kärntner studierte Elektrotechnik-Wirtschaft und technische Wissenschaften in Graz. Von 2013 bis 2021 war er als Professor für Netz- und Systemintegration an der Hochschule Landshut sowie an der TU München tätig. Er leitet gemeinsam mit dem Rechtswissenschaftler Wolfgang Urbantschitsch die unabhängige Energieregulierungsbehörde E-Control.
Der Bau von PV-Anlagen dauert ein paar Monate, der Ausbau von Netztrassen meistens Jahre: Müssen wir die Regulierung in Zeiten des explosionsartigen Wachstums nicht ganz anders denken als noch vor paar Jahren, als das Wachstum relativ linear und vorhersehbar verlief?
Haber: Im weiteren Sinne, also bei den generellen Rahmenbedingungen, gibt es sicherlich Bedarf einer Nachjustierung, etwa wenn es um die Genehmigungsverfahren geht. Und natürlich reagiert auch die E-Control in ihrem Bereich mit klaren Rahmenbedingungen für den Netzausbau. Bereits in den vergangenen Jahren hat es eine hohe Investitionstätigkeit gegeben. Wir werden auch in Zukunft mit dem Regulierungsmodell die Rahmenbedingungen schaffen, um die notwendigen Investitionen angemessen abzugelten und auch Anreize zu geben, dabei effizient vorzugehen. Eines ist jedoch klar: Umzusetzen ist der Ausbau dann von den Netzbetreibern.
Die Regulierungsverhandlungen sind in der Halbzeit. Wo stehen wir?
Haber: In die kommende Periode fällt ein wesentlicher Teil der „Energiewende“. Daher ist das Regulierungsmodell zukunftsorientiert und spiegelt die aktuellen Gegebenheiten am Zinsmarkt und bei der Inflation wider. Durch eine gesonderte Festlegung der Verzinsung für den Bestand und für Neuinvestitionen wird dem Rechnung getragen.
Es wird eine Abgeltung für den Aufwand für den Anschluss von Erzeugungsanlagen geben, und wir werden uns auch den Themen Forschung, Innovation sowie Digitalisierung und IT Security widmen.
Energiepreise sind derzeit ein großes Thema. Die Regierung hat erste Maßnahmen gesetzt. Wie beurteilen Sie diese? Was müsste aus Ihrer Sicht noch passieren?
Haber: In den vergangenen Monaten hat es ja eine Fülle verschiedener Maßnahmen zur Unterstützung gegeben, auch die Großhandelspreise sinken seit mittlerweile geraumer Zeit wieder. Wer einen Blick in den Tarifkalkulator der E-Control wirft, sieht, dass es für Neukunden wieder günstigere Angebote gibt. Das ist eine erfreuliche Entwicklung und zeigt eine Zunahme des Wettbewerbs. Und das spiegelt sich in den angebotenen Preisen wider.
Was ist aus Ihrer Sicht das wichtigste Anliegen, dem in der Branche mehr Priorität gegeben werden soll? Wenn Sie sich für die E-Control und für die Konsumenten etwas wünschen könnten, was wäre das?
Haber: Die E-Control hat vor einigen Wochen zehn Forderungen an die Energiewirtschaft gerichtet, die von einer klareren Kommunikation mit den Konsumenten über Verbesserung bei der Erreichbarkeit bis hin zu mehr Transparenz bei den Teilzahlungsbeträgen und den zu bezahlenden Preisen sowie schließlich der raschen Weitergabe gesunkener Großhandelspreise reichen. Aus den vielen Anfragen auch bei uns wissen wir, dass es hier einen Aufholbedarf gibt, der sollte zeitnah auch bei den Konsumenten neben den vorhandenen Unterstützungen ersichtlich sein.
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