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Wasserkraftpotenzialstudie Österreich

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Ziel der vorliegenden Arbeit war die Aktualisierung der wesentlichen Größen des österreichischen Wasserkraftpotenzials. Als Basis diente die von Pöyry im Jahr 2008 erstellte Wasserkraftpotenzialstudie für Österreich. Die Methodik zur Potenzialermittlung blieb dabei weitgehend unverändert, wodurch Konsistenz mit den Ergebnissen der Studie von 2008 gewährleistet ist.

Es wurden insbesondere die Größen des Kraftwerksbestands sowie des TechnischWirtschaftlichen Gesamt- und Restpotenzials auf den aktuellen Stand gebracht. Das Technischwirtschaftliche Potenzial umfasst dabei jenen Anteil des theoretisch nutzbaren Potenzials der Fließgewässer (Abflusslinienpotenzial), welcher unter den gegebenen technischen und mittleren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen1 erschlossen werden kann. Eine Aktualisierung des theoretisch nutzbaren Potenzials wurde nicht durchgeführt, sondern es wurde das Abflusslinienpotenzial aus der Studie von 2008 übernommen. Dieses beruht auf einer früheren Untersuchung von Schiller (1982) und umfasst einen Großteil des österreichischen Gewässernetzes. Für dieses Gewässernetz wurde in der Studie von 2008 ein Abflusslinienpotenzial von insgesamt 75,1 TWh ermittelt, welches auch der aktuellen Untersuchung zugrunde gelegt wurde. Die aus der Studie von 2008 übernommenen Werte des Abflusslinienpotenzials sind dabei grundsätzlich als konservativ einzuschätzen.

Bei der Aktualisierung des Technisch-Wirtschaftlichen Gesamtpotenzials (TWP) erfolgten gegenüber der Studie von 2008 einige Anpassungen. In mehreren alpinen Teileinzugsgebieten wurde das TWP nach oben revidiert, da die Nutzungsgrade des bisher erfolgten Ausbaus die zu konservative Schätzung des Abflusslinienpotenzials (1982) verdeutlichen. In den tieferliegenden Regionen wurden hingegen die möglichen Nutzungsgrade etwas nach unten revidiert, da vor allem für die flacheren Gerinnestrecken dieser Regionen die Wirtschaftlichkeit des Wasserkraftausbaus mittelfristig nicht gegeben ist. Die Anpassungen bewirkten dabei eine leichte räumliche Verschiebung des Technisch-Wirtschaftlichen Potenzials von den tiefer liegenden in die höher liegenden Regionen. Der ermittelte Gesamtwert für das Bundesgebiet von 56,1 TWh unterscheidet sich daher nur geringfügig von den Ergebnissen der Studie von 2008.

Um den bereits ausgebauten Anteil des Technisch-Wirtschaftlichen Potenzials auf den Stand von 2018 zu bringen, wurde eine Aktualisierung des Kraftwerksbestandes durchgeführt. Anlagen mit einer Engpassleistung größer bzw. kleiner als 5 MW wurden dabei getrennt ausgewertet:

Erhoben wurden zunächst alle Anlagen ≥ 5 MW, die seit 2008 errichtet wurden bzw. sich derzeit noch in Bau befinden. Dabei wurde ein Zubau an Regelarbeitsvermögen von insgesamt etwa 1,6 TWh ermittelt, wobei etwa 10% davon durch Umsetzung von Maßnahmen zur Implementierung der Wasserrahmenrichtlinie wieder verloren gingen. Der aktuelle Kraftwerksbestand für Anlagen ≥ 5 MW beträgt damit etwa 35,7 TWh. Den größten Anteil daran haben die Bundesländer Ober- und Niederösterreich (Laufkraftwerke an der Donau) gefolgt von Tirol und Salzburg (alpine Speicherkraftwerke).

Der Bestand der Anlagen < 5 MW wurde vollständig neu erhoben, da im Vergleich zur Studie von 2008 nun umfassendere Daten aus den digitalen Wasserbüchern zur Verfügung standen. Die Daten wurden auf Plausibilität geprüft und ergänzt bzw. korrigiert. Für das gesamte Regelarbeitsvermögen der Anlagen < 5 MW wurde ein Wert von 4,4 TWh ermittelt. Im Unterschied zur Studie 2008 beruht der aktuelle Wert auf einem weitgehend vollständigen Datensatz, der mehr als 5000 Kleinwasserkraftanlagen umfasst. Bei der mittleren Engpassleistung dieser Anlagen zeigt sich ein West-Ost Gefälle. Dies ist damit zu begründen, dass im alpinen Westen viele neue Kleinwasserkraftanlagen installiert sind, die typischerweise große Fallhöhen und damit auch größere Engpassleistungen aufweisen. Wohingegen in den östlichen Bundesländern viele ältere Anlagen an kleineren Flüssen oder Werkskanälen mit geringen Fallhöhen zu finden sind.

Aus der Summe der Anlagen größer 5 MW (35,7 TWh) und kleiner 5 MW (4,4 TWh) ergibt sich ein Kraftwerksbestand von ca. 40,1 TWh. Subtrahiert man dieses bereits ausgebaute Potenzial vom Technisch-Wirtschaftlichen Gesamtpotenzial (56,1 TWh) erhält man ein TechnischWirtschaftliches Restpotenzial von 16 TWh. Dieser Wert beinhaltet ein Optimierungspotenzial von rund 1 TWh. Das Potenzial, welches durch Neuanlagen oder Anlagenerweiterungen technisch und wirtschaftlich sinnvoll gehoben werden kann, beträgt ungefähr 15 TWh. Etwa 5 TWh dieses Neuerschließungspotenzials befinden sich in den österreichischen Nationalparks und in der Welterbestätte Wachau. Das Technisch-Wirtschaftliches Restpotenzial außerhalb dieser hochsensiblen Gebiete beträgt insgesamt ca. 11 TWh. Dieser Wert beinhaltet ein Optimierungspotenzial von rund 1 TWh und ein Neuerschließungspotenzial von ca. 10 TWh. Die wesentlichen Kenndaten des österreichischen Wasserkraftpotenzials sind in der nachfolgenden Tabelle zusammenfassend dargestellt:

Die Abbildung zeigt eine grafische Darstellung der wichtigsten Potenzialgrößen.

Für die Erschließung dieses Restpotenzials bestehen eine Reihe von Einschränkungen bzw. Erschwernissen, die im etwaigen Genehmigungsverfahren zu überwinden sind. Insbesondere das Verschlechterungsverbot nach der EU Wasserrahmenrichtlinie ist dabei ein wesentliches Kriterium. Darüber hinaus bestehen in bestimmten Regionen weitere Vorgaben für den Wasserkraftausbau, die bei der Projektfindung und Projektentwicklung zu berücksichtigen sind. Neben Natura 2000 Gebieten und Naturschutzgebieten zählen dazu auch jene Einschränkungen, die in den Regionalprogrammen der Länder Steiermark, Niederösterreich und Oberösterreich definiert sind. Die derzeit konkret verfolgten Projekte der Elektrizitätswirtschaft erlauben, etwa 30% des Restpotenzials zu heben. Darüber hinaus gibt es weitere Projektkonzepte (Elektrizitätswirtschaft, Industrie, Private), die sich noch in einem früheren Planungsstadium befinden. Insgesamt erfasst die aktuelle Landschaft an Projekten und Projektkonzepten derzeit etwa zwei Drittel des vorhandenen Restpotenzials.