Stromgroßhandel – Preisentwicklung und wesentliche Einflussfaktoren
Eine Analyse der Österreichischen Energieagentur im Auftrag von Oesterreichs Energie
Starker Anstieg in den Monatsprodukten seit Anfang September mit Höchstwerten von über 250 EUR/MWh
Neben dem Day-Ahead-Markt ist die Entwicklung der Terminmarktprodukte wesentlich für die mittelfristigen Preisindikationen im Stromgroßhandel.
Die Frontmonatsprodukte „Base“ und „Peak“ haben seit September 2021 einen starken Zuwachs gesehen. Für die Base-Kontrakte erfolgt dabei die „Lieferung“ in jeder Stunde des Monats, für die Peak-Kontrakte in den Stunden 9 bis 20 Uhr. Zuletzt gab es einen Stopp des Aufwärtstrends.
Die Base- und Peak-Preise verlaufen in den letzten zwei Jahren bis zum starken Preisanstieg im September 2021 parallel. Da in den Peak-Stunden Gaskraftwerke öfter preissetzend sind als in den
Base-Stunden, ist in den Peak-Produkten der Gaspreisanstieg der letzten Monate stärker bemerkbar.
Handelsaktivitäten nehmen ebenfalls zu
Die börslichen Handelsvolumina bzw. die Häufigkeit der Vertragsabschlüsse steigen.
Preise für Stromlieferungen im Jahr 2022 erreichen Rekordniveau mit über 150 EUR/MWh
Wichtiger Jahreskontrakt mit Preisrekord Die Jahreskontrakte haben seit Anfang September ebenfalls stark angezogen, auch wenn die Entwicklung weniger drastisch war als bei den kurzfristigeren Produkten. Ende Oktober haben sich die Preise wieder leicht erholt und bei knapp 125 EUR/MWh eingestellt. Diese Preisunterschiede zwischen den Monats- und Jahresprodukten sind dadurch bedingt, dass im Jahreskontrakt 2022 die erwartete Entspannung im Gasbereich bereits eingepreist ist. Die erwarteten niedrigeren Gaspreise dämpfen dann auch die Preiserwartung für Strom im Jahr 2022.
Aktuelles Preisniveau am Terminmarkt beeinflusst zukünftige Endkundenpreise Besonders relevant ist die Entwicklung de Jahreskontrakte, da diese eine wichtige Basis für die langfristige Beschaffung von zukünftigen Strommengen sind. Die derzeit dort erzielten Preise fließen somit indirekt in die zukünftige Preisbildung im Endkundenmarkt mit ein.
Österreichischer Strompreisindex im Dezember 2021 auf neuem Allzeithoch
Der Österreichische Strompreisindex (ÖSPI) bildet so wie die vorangegangenen Darstellungen ebenfalls die Entwicklung der Großhandelspreise ab. Für den Endkundenmarkt ist der ÖSPI ebenfalls relevant. Er bildet die Grundlage einiger Floaterprodukte und findet sich zum Teil in Allgemeinen Lieferbedingungen als Basis für Preisanpassungen bei Endkund:innen wieder.
Obwohl die ÖSPI-Methodik zu einer starken Glättung der Großhandelspreise führt, zeigt sich in den letzten Monaten auch dort ein deutliche Aufwärtstrend.
Allzeithoch mit Dezember 2021 knapp eingestellt
Mit dem Indexstand von 148,67 Punkten hat der ÖSPI für Dezember 2021 ein neues Allzeithoch knapp erreicht. Der Tiefststand des ÖSPI lag im November 2016 bei 48,93 Indexpunkten.
Österreichischer Gaspreisindex mit noch nie dagewesener Preissteigerung
Der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI) bildet für Gas, ähnlich wie der ÖSPI für Strom, die Entwicklung des Großhandelsmarktes ab.
Methodisch gibt es zwischen den beiden Indizes jedoch den wesentlichen Unterschied, dass der ÖGPI auf Basis eines kürzeren Durchrechnungszeitraumes gebildet wird. Dies bedeutet, dass gegenüber dem ÖSPI weniger und kurzfristigere Produkte und weniger Handelstage in die Berechnung miteinfließen. Für den Endkundenmarkt wird daher häufig eine geglättete Variante (12-Monats-Mittel, blaue Linie) herangezogen.
Entwicklung der letzten Monate zeigt Preisrallye Im November 2021 erreicht der Indexstand des ÖGPI einen absoluten Rekordwert mit über 310 Indexpunkten. Dies bedeutet beinahe eine Verdoppelung des Indexwertes innerhalb von zwei Monaten.
Vergleich zwischen ÖSPI und ÖGPI verdeutlicht massiven Preisanstieg am Gasmarkt
Vergleicht man die beiden Indizes, so sticht der starke Preisanstieg im Gasbereich noch stärker hervor. Ebenso zeigt sich, dass der ÖGPI in Zeiten des pandemiebedingten Krisenjahres 2020 im Gegensatz um ÖSPI eine deutlicher ausgeprägte Abwärtsbewegung zu verzeichnen hatte.
Volatilität des ÖGPI auch aufgrund unterschiedlicher Methodik
Die stärkeren Schwankungen im ÖGPI sind auch ein Ergebnis der methodischen Unterschiede. Trotzdem war der ÖGPI seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2015 noch nie derartig starken Preisbewegungen unterworfen. Vor dem gegenwärtigen Preisanstieg lag der ÖGPI-Höchstwert bei 123 Indexpunkten.
Die Preise aller Energieträger steigen seit Anfang September weltweit stark an, insbesondere die Gaspreise
Erholung der Wirtschaft treibt Energiepreise in die Höhe
Seit Anfang September ist ein starker Anstieg aller Energiepreise – und generell vieler Commodities – zu beobachten. Die rasche Erholung der Weltwirtschaft nach dem pandemiebedingten Krisenjahr 2020 hat die Nachfrage nach Rohstoffen und Energie, insbesondere in Asien, stark steigen lassen. Dies führte zu einem sehr starken Anstieg der Preise über alle Energieträger hinweg, insbesondere aber Erdgas und Kohle.
Für die Strompreise sind vor allem die Preissteigerungen
bei Gas und Kohle relevant Der Preisanstieg am Strommarkt ist durch mehrere Faktoren bestimmt. Besondere Relevanz hat die Preisentwicklung bei fossilen Energieträgern, insbesondere Kohle und Erdgas. Diese Kraftwerke sind – vor allem in dem für Österreich wichtigen deutschen „Leitmarkt“ – in Stunden mit niedriger Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern preissetzend (siehe Merit-Order-Effekt). Die starken Preissteigerungen bei Erdgas und Kohle wirken sich somit direkt auf den Strompreis aus.
Einfluss des EU-ETS-Preises auf die Stromerzeugungskosten ist gering, Gaspreise wiegen viel schwerer
Betrachtet man die Entwicklung der Gestehungskosten eines Gaskraftwerks, können die Effekte des Anstiegs bei den CO2-Zertifikatspreisen und der Preisexplosion bei den Gaspreisen differenziert analysiert werden.
Der wesentliche Effekt ergibt sich demnach aus den gestiegenen Erdgaskosten. Die Steigerung der CO2-Preise hat nur einen kleinen Anteil an den höheren Stromerzeugungskosten eines Gaskraftwerks.
Kostenanteil von Erdgas steigt im Oktober auf 90%
Im Oktober 2021 machte der durchschnittliche Anteil der Erdgaskosten an den Stromgestehungskosten knapp 90% aus, im Vorkrisen-Oktober 2019 waren es unter 70%.
Energiepreisindex steigt 2021 stark und entwickelt sich zum Preistreiber der allgemeinen Teuerung
Der Energiepreisindex (EPI) zeigt die Entwicklung aller für Haushalte relevanten Energieträger wie Strom, Gas, Heizöl, oder Treibstoffe.
Im Vergleich zum Pandemiejahr stieg der Energiepreisindex stark. Mit einem Plus von 16 lag der Indexwert im September 2021 deutlich über dem des Vorjahresmonats. Der Vergleich mit September 2019 zeigt immer noch einen Zuwachs von 8%.
Besonders auffällig ist, dass der Energiepreisindex im Jahr 2021 zum starken Preistreiber der allgemeinen Teuerung (VPI) wird. Im langjährigen Vergleich der letzten 10 Jahre wirkte der EPI hingegen über lange Zeiträume hinweg preisdämpfend.
Die volle Studie zum Download:
AEA_Kurzanalyse_Stromgrosshandel_Preisentwicklung_und_wesentliche_Einflussfaktoren.pdf | 3 MB |