PV-Ausbau: Optionen für die Netzbetreiber
Welche Handlungsmöglichkeiten die Netzbetreiber angesichts des massiven Ausbaus der Photovoltaik haben und wie sie diese kommunizieren können, untersuchte die Österreichische Energieagentur im Auftrag von Oesterreichs Energie.
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und wie der Leitungsbau positiv kommuniziert werden könnte, untersuchte eine Studie.
Bekanntlich plant Österreich, ab 2030 seinen Strombedarf bilanziell vollständig mit Erneuerbaren Energien zu erreichen und bis 2040 „klimaneutral“ zu werden. Laut Berechnungen von Oesterreichs Energie würde sich der Strombedarf bis 2040 auf etwa 140 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a) verdoppeln. Die zu seiner Deckung notwendige installierte Erzeugungs-Leistung müsste sich in etwa verdreifachen. Rund 30 Gigawatt (GW) entfielen auf PV-Anlagen, mit denen jährlich etwa 30 TWh an elektrischer Energie erzeugt werden könnten. Was dies für den Ausbau der Stromnetze bedeutet und wie der Leitungsbau positiv kommuniziert werden könnte, untersuchte im Auftrag von Oesterreichs Energie die Österreichische Energieagentur (AEA) in einer seit kurzem vorliegenden Studie mit dem Titel „Netzdienliche PV der Zukunft – Problemanalyse, Handlungsoptionen, Argumentarium und Botschaften für Netzbetreiber“.
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Der Agentur zufolge zeigt der Vergleich zwischen dem geplanten PV-Ausbau „mit einem in dieser Analyse auf Basis der Einschätzungen der 14 größten Verteilernetzbetreiber hochgerechneten Netzausbau-Szenario mit unveränderten technischen, regulatorischen sowie wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ eine Lücke an installierter Transportkapazität von mindestens 4 GW. Werden hinsichtlich der Photovoltaik die „ambitioniertesten Ausbauszenarien“ der Austrian Power Grid (APG) und des europäischen Übertragungsnetzbetreiberverbands ENTSO-E sowie die Szenarien aus dem Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) herangezogen, beläuft sich die Leistungslücke sogar auf zehn bis 20 GW.
Angesichts dessen behandelt die AEA in ihrer Studie insbesondere folgende Fragen: „Wie kann die Lücke zwischen Netzausbau und PV-Wachstum von vier bis 20 GW, die sich je nach Szenario auf Basis der aggregierten Daten der Netzbetreiber bis 2040 ergibt, geschlossen werden? Wie sollten die Netzbetreiber handeln, um die Netze fit zu machen für die zu erwartenden netzwirksamen PV-Leistungen? Was sind weitere Handlungsoptionen für Netzbetreiber abseits des klassischen Netzausbaus? Was können andere Teilnehmer am österreichischen Strommarkt zur Lösung beitragen?“
Drei Kategorien
Der Agentur zufolge lassen sich die Handlungsmöglichkeiten der Netzbetreiber in drei Kategorien einteilen, denen jeweils fünf Optionen zugeordnet werden.
Die erste Kategorie trägt den Titel „Netze ausbauen und digitalisieren“. Dabei geht es der Untersuchung zufolge um „Handlungsoptionen im Bereich der Netze selbst“. Umfasst sind davon eine integrierte Netzausbauplanung sowie ein beschleunigter Netzausbau ebenso wie die Optimierung der Kapazitäten sowie das „Smartermachen“ der Leitungssysteme. Ferner führt die AEA in dieser Kategorie die Nutzung zentraler Batteriespeicher auf, die ihr zufolge den Netzausbau „zumindest temporär vermeiden“ kann. Schließlich erwähnt die Agentur auch die bekannten Überlegungen der Netzbetreiber, die Übertragungsleitungen zwischen dem Osten und dem Westen Österreichs zu verstärken.
„PV-Anlagen netzdienlich machen“ ist der Name der zweiten Kategorie. Hierunter nennt die Agentur die vielfach erhobene Forderung der Verteilnetzbetreiber, die Einspeiseleistung der PV-Anlagen auf 70 Prozent der Nennleistung zu begrenzen. Ferner verweist sie auf Möglichkeiten zur netzdienlichen Nutzung von Heim- oder E-Autospeichern: „Dies ist systemisch oft günstiger, als nur auf netzseitige Maßnahmen zu setzen. Zusätzlich kann Wasserstoff als saisonaler Speicher für die Verschiebung von PV-Strom vom Sommer in den Winter genutzt werden.“
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Die dritte Kategorie bezeichnet die AEA als „Flexibilitäten nutzbar machen“. Dies betrifft das „intelligente Steuern“ von Verbrauchsanlagen wie Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen, die sich mithilfe dynamischer Preise auch zur Lastverschiebung nutzen lassen. „Über eine Marktplattform für Flexibilitäten sollten netzdienliche Flexibilitäten in Zukunft für Netzbetreiber abrufbar sein. Eine Neugestaltung der Netztarife kann ebenfalls Verbraucherverhalten positiv im Sinne der Netze beeinflussen. Und zusätzliche Pumpspeicherkapazitäten können als netzdienliche Flexibilitäten zur PV-Integration in Zukunft beitragen“, heißt es in der Studie.
Roadmap mit vier Schritten
Die solcherart aufgelisteten Handlungsoptionen stellt die AEA in der Folge zu einer sogenannten „Roadmap“ zusammen, die aus vier aufeinanderfolgenden Schritten besteht. Als erster Schritt (Titel: „Netzsicherheit als Basis“) ist es ihrer Ansicht nach „notwendig, die Netzsicherheit weiterhin in höchster Qualität zu gewährleisten. Dazu dienen bereits heute ein beschleunigter Netzausbau sowie eine kontinuierliche Optimierung der vorhandenen Netzkapazitäten. Dies könnte kurzfristig durch den zumindest temporären Einsatz von zentralen Batteriespeichern zur Netzstabilisierung unterstützt werden. Ebenfalls dringlich ist die Erweiterung der Möglichkeiten für Verteilernetzbetreiber, PV-Einspeisespitzen statisch zu begrenzen sowie die Möglichkeit leistungsbepreisender Netztarife, um netzdienlicheres Verhalten der Endkunden anzureizen. Diese Handlungsoptionen sollten innerhalb von kurzer Zeit umgesetzt werden“.
Die PV-Anlage der Zukunft soll jetzt schon netzdienlich geplant und standardmäßig mithilfe einer netz- und marktoptimierten Speicherbewirtschaftung für jede Anlagengröße rentabel betrieben werden können.
Der zweite Schritt trägt die Bezeichnung „Solarenergie für alle“ und bedeutet, es „sollte ein neues Paradigma der PV-Nutzung ermöglicht und kommuniziert werden: Die PV-Anlage der Zukunft wird schon netzdienlich geplant und wird standardmäßig mithilfe einer netz- und marktoptimierten Speicherbewirtschaftung für jede Anlagengröße rentabel betrieben“. Als notwendig dafür erachtet die AEA zeitlich flexible Einspeisevergütungen. Diese sollen es attraktiv machen, Strom aus PV-Anlagen vor allem zu den Tagesrandzeiten, also am Morgen und am Abend, in die öffentlichen Netze einzuspeisen, wenn der Bedarf an elektrischer Energie besonders hoch ist. Da der hohe Bedarf mit entsprechend hohen Vergütungen verbunden ist, wird der mittels Photovoltaik erzeugte Strom „rentabel und damit nutzbar für alle. Sowohl neue als auch bestehende PV-Anlagen können mittels smarter Technologie und günstigen Heimspeichern so zu vollwertigen Teilnehmern am Energie- und Regelenergiemarkt umgerüstet werden. Dieser Schritt wird unterstützt durch eine proaktive, integrierte Netzausbauplanung sowie die technische und regulatorische Möglichkeit für Verteilernetzbetreiber, flexible Verbraucher wie Wärmepumpen und E-Autos netzdienlich zu steuern“.
Der dritte Schritt der Roadmap besteht laut der AEA darin, Flexibilitäten zu nutzen. Gemeint ist damit nicht zuletzt die „situative Abregelung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen aufgrund von Engpässen im Verteilernetz“, die den weiteren Ausbau der Photovoltaik ermöglicht oder zumindest erleichtert. Die bis 2030 auf rund 30 Prozent des Bestandes angewachsene E-Auto-Flotte würde „eine große Menge von günstigen dezentralen Speichern“ mit sich bringen, „die über Vehicle-to-grid-Technologie netz- und systemdienlich einspeisen kann“. Diese flexiblen Kapazitäten sollten, ebenso wie Heimspeicher und Wärmepumpen „über eine österreichweite Marktplattform sowohl in den Strom- als auch den Regelenergiemarkt eingebunden werden“.
Der vierte Schritt schließlich führt in eine „klimaneutrale Zukunft“ und wäre der Agentur zufolge bis 2040 zu setzen. Er umfasst die Errichtung neuer Pumpspeicher im Westen Österreichs ebenso wie den „deutlichen“ Ausbau der Übertragungsleitungen zwischen dem Osten und dem Westen des Bundesgebiets, aber auch die Produktion von „grünem“ Wasserstoff zur saisonalen Speicherung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Der AEA zufolge sichert dies „eine Energieversorgung aus 100 Prozent Erneuerbaren“.
Positive Botschaften
Im letzten Teil ihrer Untersuchung kommt die AEA auf das Thema Kommunikation zu sprechen und formuliert diesbezüglich „positive Botschaften“, die sie den vier Schritten der Roadmap zuordnet. Zum Schritt „Netzsicherheit als Basis“ passen ihrer Ansicht nach Kernbotschaften wie: „Auch in Zeiten des Klimawandels bleibt die Versorgungssicherheit durch unsere Netze garantiert. Wir sorgen dafür, dass Strom immer zuverlässig ankommt.“ und „Unser gezielter Netzausbau vermeidet Engpässe und sorgt dafür, dass alle fairen Zugang zu günstigem, erneuerbarem Strom erhalten – effizient und sozial gerecht gestaltet.“
Der Schritt „Solarenergie für alle“ wiederum ließe sich der Bevölkerung über Kernbotschaften der folgenden Art nahebringen: „Durch den Ausbau der Verteilernetze in Kombination mit einer intelligenten Leistungsbegrenzung ermöglichen wir die Integration der für die Energiewende erforderlichen PV-Anlagen.“ und „Wir ermöglichen auch in Zukunft die Profitabilität Ihrer PV-Anlage, indem wir Ihren netz- und marktdienlich ausgespeicherten Strom weiterleiten, wodurch Sie zum erfolgreichen aktiven Energiemarktteilnehmer werden.“
Dem Schritt „Flexibilitäten nutzen“ ordnet die Agentur folgende Botschaft zu: „Wir ermöglichen Ihnen, in Zukunft Profit aus Ihren flexiblen Verbräuchen zu generieren und dabei auch das Netz zu entlasten.“
Die „Klimaneutrale Energiezukunft“ schließlich ließe sich nicht zuletzt mit Formulierungen wie den nachstehenden kommunizieren: „Durch unsere zukunftsorientierten Netze sorgen wir dafür, dass Erneuerbare Energien effizient genutzt und Erzeugung und Verbrauch optimal aufeinander abgestimmt werden. Damit wird die Energiewende möglich gemacht!“ und „Durch den Ausbau und die Modernisierung unserer Netze schaffen wir Wertschöpfung in Österreich, zahlreiche Green Jobs, und fördern die Ausbildung neuer Fachkräfte.“
Zur Studie
Netzdienliche PV der Zukunft | 1 MB |