Positionspapier Green Deal
Green Deal – zukunftsfähige Lösungen schaffen
Oesterreichs Energie sieht den Green Deal der Europäischen Kommission als das zentrale Maßnahmenpaket auf europäischer Ebene zur Erreichung der Klimaziele. Wesentlich ist nun, dass die Europäische Union Rahmenbedingungen zur Erreichung des Ziels einer klimaneutralen Wirtschaft bis 2050 schafft und Unternehmen rasch in die Umsetzung kommen können. Das Clean Energy Package liefert in vielen Bereichen bereits die Grundsätze im Stromsektor.
Zur Erreichung der Klima- und Energieziele müssen im Energiebereich in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen in den Ausbau von erneuerbaren Erzeugungsanlagen, von Speichern und der Netzinfrastruktur getätigt werden. Oesterreichs Energie begrüßt insbesondere die Unterstützung des Transformationsprozesses durch die umfassende Bereitstellung finanzieller Mittel im Rahmen des Green Deals.
Die Unternehmen der österreichischen E-Wirtschaft arbeiten bereits jetzt mit Hochdruck an der Transformation des Energiesystems. Für langfristige Investitionen in das Energiesystem der Zukunft braucht die Branche klare und stabile politische Rahmenbedingungen. Oesterreichs Energie unterstützt in diesem Zusammenhang die Pläne zur Einführung einer fairen CO2-Bepreisung auf europäischer Ebene für jene Sektoren, die bislang nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen.
Zudem hat die Aufrechterhaltung der hohen Versorgungssicherheit angesichts des geplanten Ausstiegs aus der Kohleenergie und der wachsenden Bedeutung volatiler Erzeugung besondere Priorität. Der Stellenwert von gesicherter Leistung und saisonalem Ausgleich (Wasser, Speicher, Gas, erneuerbares Gas) muss entsprechend berücksichtigt und anerkannt werden.
Weiters ist die umfassende Bereitstellung von Mitteln für Forschung & Innovation im Hinblick auf Zukunftstechnologien (u.a. Carbon Capture Technologien, Sektorkopplung) sehr zu begrüßen.
Initiativen
Klimaneutralität 2050
Oesterreichs Energie begrüßt das ambitionierte Vorhaben der neuen EU-Kommission, als erster Kontinent 2050 die Klimaneutralität zu erreichen und sieht diese ehrgeizige Vorreiterrolle der EU auch darin, globale Partner im Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen. Die österreichische E-Wirtschaft steht bereit, ihren Beitrag zu leisten. Dazu gehören der Ausbau der Erneuerbaren sowie die Modernisierung und der Ausbau der Netzinfrastruktur sowie Speicher. Neben Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit sollte auf die technologische Machbarkeit dieses Vorhabens abgestellt werden. In diesem Zusammenhang sind noch enorme Anstrengungen und Investitionen in Zukunftstechnologien notwendig, um wirklich die gesamte Wirtschaft dekarbonisieren zu können – aus heutiger Sicht braucht es jedenfalls noch einen Technologiesprung, um dieses Vorhaben realistisch erreichen zu können.
CO2-Bepreisung
Oesterreichs Energie tritt für eine stärkere Bepreisung der CO2-Emissionen auf europäischer Ebene in jenen Sektoren ein, die nicht dem EU-ETS unterliegen und bisher unterproportional zur Zielerreichung beitragen. Dazu sollte ein CO2-orientiertes Abgabensystem für alle Energieträger implementiert werden (Level-Playing-Field der Energieträger auf Basis der absoluten Emissionen). Die thermische Stromerzeugung leistet über das EU-ETS bereits ihren, dem Ausmaß ihrer Emissionsintensität entsprechenden finanziellen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, daher ist eine doppelte Belastung der thermischen Stromerzeugung und der KWK-Anlagen zusätzlich zum bestehenden ETS unbedingt zu vermeiden. Strom wird im Verhältnis zu seinen Vorteilen in Punkto Energieeffizienz und Emissionen vergleichsweise hoch besteuert, weswegen es im Rahmen einer möglichen CO2-Bepreisung zu keiner weiteren Belastung des Energieträgers Strom kommen darf. Die ETS/ CO2-Einnahmen sind in transparenter Weise zweckgewidmet zur Finanzierung von Maßnahmen zur Emissionssenkung und zur Minderung möglicher negativer Verteilungseffekte einzusetzen.
Plan zur Anhebung des CO2-Reduktionsziels von 40 % auf 50–55 % bis 2030
Die österreichische E-Wirtschaft bekennt sich zum nationalen Energie- und Klimaziel, bis zum Jahr 2030 Strom aus 100 % erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen und 2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Um die Klimaneutralität 2050 in der gesamten EU tatsächlich zu erreichen, sind verstärkte Anstrengungen aller Sektoren und aller Mitgliedstaaten notwendig. Daher wird die Anpassung des Zielpfades und somit die Anhebung des CO2-Reduktionsziels von 40 % auf 50 – 55 % bis 2030 diskutiert. Dies sollte insbesondere auch durch eine Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS) erfolgen, wo auch die Einbeziehung anderer Sektoren geprüft wird. Im Zuge des umfassenden Plans zur Anpassung des 2030-Ziels werden neben dem EU-ETS auch zahlreiche weitere Rechtsvorschriften überprüft. Darunter fallen auch mögliche Anpassungen des Erneuerbaren-Ziels (32 %) und Energieeffizienz-Ziels (32,5 %) auf europäischer Ebene bis 2030. Dabei ist zu beachten, dass letztere Ziele nach langen und zähen Verhandlungen gerade erst im Rahmen des Clean Energy Package verabschiedet wurden und vor der Umsetzung in nationales Recht stehen. Die Realisierung von Projekten in der Praxis kann erst nach Umsetzung in nationales Recht in Angriff genommen werden und wird daher noch Zeit in Anspruch nehmen. Deswegen tritt die E-Wirtschaft dafür ein, dass zunächst einmal die bereits beschlossenen Ziele umgesetzt werden, bevor neue Ziele festgelegt werden. Das zur Umsetzung der Erneuerbaren- und Energieeffizienzrichtlinie vorgesehene Instrument der Governance-VO stellt hier einen Rahmen zur Verfügung, in dem die Mitgliedstaaten über ihre nationalen Energie- und Klimapläne ihren Beitrag zur Erreichung des Erneuerbaren- und Energieeffizienzziels leisten. Eine etwaige Zielanpassung der 2030-Ziele sollte auf einem über die Mitgliedstaaten ausgeglichenem Ambitionsniveau erfolgen und damit bereits erbrachte Vorleistungen mitberücksichtigen und im NEKP abgebildet sein.
Sektorkopplung/-integration
Die umfangreiche Nutzung von Strom auch in den Bereichen Verkehr und Wärme ist eine essenzielle Funktion der Sektorkopplung/-integration und wird zum Schlüssel einer erfolgreichen gesteigerten Effizienz bzw. führt gleichzeitig zu einem erhöhten Anteil erneuerbarer Energien in der gesamten Energiebilanz. Durch erneuerbaren Strom (Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und Biomasse), aber auch durch die industrielle Nutzung sowie Einspeisung von erneuerbarem Gas (z.B. Wasserstoff, Biomethan) in das Erdgasnetz, wird die Dekarbonisierung anderer Sektoren ermöglicht. Dazu muss mit Blick auf die technische Machbarkeit und die Wirtschaftlichkeit die Infrastruktur der einzelnen Sektoren stärker vernetzt werden, um die notwendige Versorgungssicherheit weiter gewährleisten zu können.
Positive Effekte der Sektorkopplung treten insbesondere in folgenden Bereichen auf:
- Sektorenübergreifende CO2-Reduktion
- Integration der erneuerbaren Stromerzeugung
- Effiziente Nutzung der Energieinfrastruktur
- Versorgungssicherheit
- Saisonaler Ausgleich.
Um die Vorteile der Sektorkopplung zu nützen, braucht es Umwandlung z.B. von Strom in gasförmige Energieträger. Es darf nicht bei jeder Umwandlung zu zusätzlichen finanziellen Belastungen kommen, diese hemmen die Vorteile der Sektorkopplungstechnologien. Stattdessen sollten Abgaben/Steuern grundsätzlich am Letztverbrauch und den damit verbundenen Emissionen orientiert sein.
Enorme Investitionen erforderlich
Zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals sind erhebliche Investitionen notwendig. Um die derzeitigen Klima- und Energieziele bis 2030 zu erreichen, müssen Schätzungen zufolge jährlich 260 Mrd. EUR zusätzlich investiert werden. Das entspricht ca. 1,5 % des BIP von 2018. Dafür müssen sowohl der öffentliche als auch der private Sektor mobilisiert werden. Der Green Deal sieht hierfür die Mobilisierung von 1 Bio. EUR bis 2030 vor.
Damit der Privatsektor stärker zur Finanzierung der grünen Wende beitragen kann, wird die Kommission voraussichtlich im Herbst 2020 eine Strategie für ein nachhaltiges Finanzwesen vorlegen. Darin wird u.a. die Initiative zu Green Bonds erwartet.
Österreichs E-Wirtschaft ist bereit für Investitionen, die Mitgliedsunternehmen planen und projektieren aktiv für die erneuerbare Zukunft der Stromversorgung. Um das im Regierungsprogramm verankerte Ziel, die Stromversorgung bis zum Jahr 2030 auf 100 Prozent erneuerbar (national bilanziell) umzustellen, sind etwa 28 TWh Zubau an erneuerbarer Stromerzeugung notwendig. Groben Schätzungen zufolge besteht für die österreichische E-Wirtschaft ein Investitionsbedarf von rund 50 Mrd. Euro, wobei sich diese ungefähr zu gleichen Teilen auf den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, Speicher inklusive Pumpspeicherung und notwendigen Netzinvestitionen auf allen Netzebenen verteilen.
Entsprechend den energie- und klimapolitischen Zielen müssen ambitionierte Ausbauziele innerhalb von etwas mehr als zehn Jahren umgesetzt werden. Der europäische Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa stellt dazu einen ersten Schritt dar. Wesentlich wird es sein, die entsprechenden Töpfe zu dotieren und möglichst unbürokratisch für Projekte der E-Wirtschaft zugänglich zu machen.
Die Elektrizitätswirtschaft wird jede Unterstützung brauchen, wenn es darum geht, aus Forschungsergebnissen konkrete und erfolgreiche Geschäftsmodelle und Marktangebote zu entwickeln. In diesem Zusammenhang begrüßt Oesterreichs Energie das Instrument des Innovationsfonds. Unsere Mitgliedsunternehmen stehen bereit, konkrete Projekte im Rahmen dieses Instrumentes einzubringen. Voraussetzung dafür ist es, dass entsprechende Kategorien in den Ausschreibungen vorgesehen sind.
Oesterreichs Energie begrüßt, dass die Europäische Kommission der Finanzierung nachhaltiger Projekte wachsende Bedeutung widmet und dem Finanzsystem eine Schüsselrolle beimisst. Viele der für den Umbau des Energiesystems notwendigen Maßnahmen (wie massiver Ausbau Erneuerbarer, Sektorkopplung, Speicher) sind derzeit wirtschaftlich noch nicht darstellbar und benötigen finanzielle Unterstützung. Neben öffentlichen Geldern muss auch privates Kapital mobilisiert werden. Um Investitionen in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken, sehen wir die Einführung einer Standardisierung für die Klassifizierung von nachhaltigen Produkten positiv. Überregulierung und damit einhergehende höhere Kosten sollten vermieden werden, bestehende Systeme (wie die Global Reporting Initiative) bieten eine gute Basis. Für die im Rahmen der Taxonomie-VO zu errichtende Plattform treten wir für eine ausgewogenere Besetzung als bisher in der technischen Expertengruppe ein, die derzeit überwiegend durch Finanzexperten besetzt ist. Ein Drittel der Vertreter sollten aus der Realwirtschaft stammen. Unsere ExpertInnen stehen gerne bereit, eine aktive Rolle zu übernehmen, um technisches Fachwissen der Elektrizitätswirtschaft zur Verfügung zu stellen. Oesterreichs Energie ist strikt gegen die Klassifizierung der Atomenergie als nachhaltige Energiequelle im Rahmen der Taxonomie-VO.
Klimapakt
Die Europäische Kommission schlägt vor, Regionen, lokale (Energie-)Gemeinschaften, die Zivilgesellschaft, die Industrie und Schulen in einem europäischen Klimapakt zusammenzubringen, um Verhaltensänderungen zu bewirken. Zur Sicherung der europäischen Wirtschaftsstandorte muss in diesem Klimapakt ein angemessener Ausgleich zwischen den gegenläufigen Interessen der Beteiligten im Rahmen der Genehmigungsverfahren gefunden werden. Die materiellen und formellen Genehmigungsvoraussetzungen sind unter dem Blickwinkel des öffentlichen Interesses an notwendigen Investitionsvorhaben und der damit korrespondierenden Versorgungssicherheit zu beurteilen und bei Wahrung der Parteienrechte zu beschleunigen.
Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene treten wir für einen Schulterschluss zwischen Energiewirtschaft, Politik und Bevölkerung ein, denn nur so wird es gelingen, eine Spitzenreiterposition beim Klimaschutz einzunehmen.
Verkehr
Die Verkehrswende ist einer der größten Hebel, um die Klimaziele zu erreichen. Im Unterschied zur Energiewirtschaft leistet der Verkehrssektor bislang keinen angemessenen Beitrag zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen: In Österreich ist der Verkehr insgesamt mit einem Anteil von rund 46 Prozent der Gesamtemissionen (außerhalb des ETS) der emissionsstärkste Sektor. Rund die Hälfte davon entfällt auf den PKW-Verkehr. Seit 1990 sind die Emissionen im Verkehrsbereich um rund 72 Prozent stetig angestiegen. Für eine erfolgreiche und nachhaltige Energiewende ist demnach eine massive Dekarbonisierung und Effizienzverbesserung des Verkehrssektors erforderlich. Oesterreichs Energie erachtet die Regelungen im Bereich der CO2-Flottengrenzwerte als wesentlichen Hebel für die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Angebots an E-Fahrzeugen.
Der Elektromobilität kommt für die Erreichung der gesetzten Klima- und Energieziele eine bedeutende Rolle zu, da sie einen entscheidenden Beitrag sowohl zur Dekarbonisierung als auch zur Verbesserung der Energieeffizienz leisten kann. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass bis 2025 1 Million öffentlicher Ladestationen und Tankstellen für die 13 Millionen emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeuge benötigt werden.
Hierzu bedarf es einer Reihe an begleitender Maßnahmen, wobei auf europäischer Ebene folgende Punkte wesentlich sind:
- Initiativen im Bereich Grenzüberschreitende E-Mobilität ermöglichen: EU-rechtliche Regelung der umsatzsteuerlichen Behandlung von Roaming mittels Schaffung eines Mini-One-Stop-Shops.
- Standardisierung der fahrzeugseitigen Ladeinfrastruktur: europaweite bzw. internationale Normung und Standardisierung ist unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Marktdurchdringung und erhöht die Investitionssicherheit. Klare fahrzeugseitige EU-Standards sind unerlässlich für den Markthochlauf der E-Mobilität
- Anstrebung einer gesamteuropäischen Lösung für die Erfassung, Signierung und Weiterleitung von Ladevorgangsdaten.
- Prüfung möglicher Verbesserungen der de-minimis Regelungen zur Forcierung von Flottenumstellungen.
Überarbeitung der Energieinfrastruktur-VO
Der Umbau der Energiewende ändert die Anforderungen an Infrastruktur und Systemsicherheit, dies muss bei einer Überarbeitung der Energieinfrastruktur-VO berücksichtigt werden. Konkret bedeutet dies, dass die revidierte Energieinfrastruktur-VO mit den Energie- und Klimazielen 2030 aber auch mit dem langfristigen Ziel der Klimaneutralität bis 2050 kompatibel sein muss und Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Erzeugungsanlagen, Speicher, Elektromobilität und Netze umfassen soll und Genehmigungsverfahren verein-fachen soll. Der Anwendungsbereich der Verordnung sollte im Zusammenhang mit der Definition von „grenzüberschreitenden Projekten“ auf „Projekte mit hoher positiver grenzüberschreitender Auswirkung“ erweitert werden.
Einführung Carbon Border Adjustment Die Branche begrüßt die Einführung eines grenzüberschreitenden CO2-Ausgleichsystems, da somit der Schutz der europäischen Unternehmen und ihrer Produkte im Mittelpunkt steht und diese gegenüber Einfuhren aus Drittstaaten, in denen keine vergleichbaren Systeme bzw. Abgaben auf CO2 bestehen, nicht benachteiligt sein dürfen. Umfassende Untersuchungen – in Form von Folgeabschätzungen und Kosten-Nutzen-Analyse – müssen im Vorfeld angestellt werden.
Überarbeitung der Energiebesteuerungs-RL
Bei der Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie setzt sich die E-Wirtschaft dafür ein, dass auf die gerade für Österreich wichtige Thematik der doppelten Netzentgelte für Pumpspeicher eingegangen wird und diese abgeschafft werden. Im Hinblick auf Speichertechnologien ist auf ein Level-Playing-Field für aller Technologien zu achten. Bei Pumpspeichern handelt es sich um die am meisten verbreitete Stromspeichertechnologie (mit global 96 % der installierten Speicherkapazität im Jahre 2017), gleichzeitig ist die Verbreitung von Batteriespeichern für stationäre Anwendung stark im Steigen.
Ansprechpartner
Europäische Angelegenheiten
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