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Oesterreichs Energie: Klare Position zur Strommarkt-Reform

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In einem Positionspapier analysiert Oesterreichs Energie die Vorschläge der EU-Kommission zum neuen EU-Strommarktdesign. Etliche davon sind positiv zu bewerten, doch bei manchen Punkten besteht Nachbesserungsbedarf.

Windräder und Stromleitungen in einer Landschaft
© Richard Tanzer / APG

Grundsätzlich positiv beurteilt Oesterreichs Energie die Vorschläge der EU-Kommission zur Reform des Strommarktdesigns vom 14. März des heurigen Jahres. Im Detail bestehe jedoch noch Anpassungsbedarf, hält der Elektrizitäts­wirtschafts­verband in einem Positionspapier mit dem Titel „Bewertung des Vorschlags zum Energiemarktdesign (EMD) der EU-Kommission aus Sicht von Oesterreichs Energie“ fest. Bekanntlich beinhaltet der Vorschlag die Änderung der Strombinnen­markt­verordnung (2019/943), der Strombinnenmarktrichtlinie (2019/944) sowie der Markttransparenzverordnung (REMIT).

© Energy2market GmbH/OTS/(Michael Bader)

Zu begrüßen sei nach Ansicht von Oesterreichs Energie, dass hinsichtlich der Preisbildung auf den Kurzfristmärkten für elektrische Energie das Merit-Order-Konzept mit dem Prinzip „Pay-as-cleared“ beibehalten werden solle. Dadurch erhalten die Marktteilnehmer Knappheitssignale, die eine Senkung der Nachfrage bewirken. Den Energieunternehmen wiederum bietet das Konzept Signale für Investitionen in neue Erzeugungskapazitäten. Ferner werde der Einsatz der verfügbaren Kraftwerke optimiert und bewirke, „dass möglichst viele erneuerbare Anlagen tatsächlich auch Strom erzeugen“, was wiederum die CO2-Emissionen minimiere.

Positiv beurteilt Oesterreichs Energie weiters, dass Power Purchase Agreements (PPAs) nicht verpflichtend eingeführt würden und bei unterstützenden Maßnahmen durch Mitgliedstaaten für PPAs negative Auswirkungen auf die Liquidität der Großhandelsmärkte vermieden werden sollen. Dies betrifft etwa die Abfederung von Kreditrisiken mithilfe staatlicher Garantien. Zur Förderung von Investitionen in neue Ökostrom-Anlagen, Wasserkraftwerke ohne Speicher sowie Kernkraftwerke inklusive Repowering, Ausbau und Lebensdauerverlängerung sieht das EMD die Pflicht zum Abschluss zweiseitiger Contracts-for-Differences (CfDs) vor. Oesterreichs Energie stehe den CfDs „grundsätzlich neutral gegenüber. Allerdings muss bei der Ausgestaltung sichergestellt werden, dass der zweiseitige CfD nicht zu einem ‚Produce-and-forget‘ führt und die EE-Erzeuger weiterhin auf Preissignale reagieren.“ Rasch zu klären ist ferner das Zusammenwirken der CfDs mit dem österreichischen Marktprämienmodell. Dies betrifft vor allem die Frage, ob nach Inkrafttreten des EMD weiter „einseitige“ Ausschreibungen gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) in der bisherigen Form durchgeführt werden oder ob die Umstellung auf zweiseitige CfDs nötig ist. „Eine frühzeitige Klärung ist erforderlich, da EE-Projekte eine entsprechende Vorlaufzeit haben und für die Wirtschaftlichkeitsrechnungen der Fördermechanismus eine wesentliche Rolle spielt“, betont Oesterreichs Energie. Überdies müssen technologiespezifische Auktionen möglich bleiben. Die Unterstützung von Kernkraftwerken lehnt Oesterreichs Energie wegen der hohen externen Kosten ab.

Nicht wünschenswert ist, dass der Flexibilitäts-Fördermechanismus sich ausschließlich auf Speicher sowie Demand-Response-Lösungen bezieht und Gaskraftwerke, die auf längere Sicht mit „grünem“ Wasserstoff betrieben werden, nicht berück­sichtigt.

Als sinnvoll erachte Oesterreichs Energie die geplante „frühzeitige Erhebung des Flexibilitätsbedarfs und Definition eines indikativen nationalen Zieles für den Ausbau von Flexibilitäten“. Für die Schaffung derartiger Kapazitäten bietet der Energy-Only-Markt in seiner derzeitigen Form ausreichende Preissignale. Nicht erkennbar ist daher für die E-Wirtschaft der Nutzen des im EMD vorgesehenen Peak-Shaving-Produkts. Vielmehr stehe dieses „in Konkurrenz zum Intraday-Markt, dem dadurch Liquidität entzogen wird“. Kritisiert wird von Oesterreichs Energie auch, dass der geplante Flexibilitäts-Fördermechanismus sich ausschließlich auf Speicher sowie Demand-Response-Lösungen beziehen soll. Sinnvoll wäre, auch neue regelbare Kraftwerke einzubeziehen – etwa thermische Kraftwerke, die auf längere Sicht mit „grünem“ Wasserstoff betrieben werden.
 

Kein „Nodal Pricing“

Was die angestrebte Erhöhung der Liquidität der Terminmärkte betrifft, ist nach Ansicht von Oesterreichs Energie die Vergrößerung der Gebotszonen ein besonders wichtiges Mittel. Diese müsse mit einem entsprechenden „vorausschauenden Netzausbau“ einhergehen, wie er im EMD-Vorschlag vorgesehen ist. Nicht als zweckmäßig erachtet Oesterreichs Energie dagegen die angedachten „Regional Virtual Hubs“, die mehrere kleinere Gebotszonen umfassen können. Dies wäre ein Schritt in Richtung des „Nodal Pricing“, bei dem sich an jedem Knoten („Node“) im Netz ein eigener Großhandelspreis ergibt. „Nodal Pricing stellt einen umfassenden Eingriff in das Marktdesign mit unklaren Vorteilen dar und wird deshalb von Oesterreichs Energie abgelehnt“, heißt es im Positionspapier.

Die Verpflichtung, einen Teil der zukünftigen Lieferungen mit PPAs absichern zu müssen, birgt das Risiko hoher, langfristiger Long-Positionen, das auch bepreist werden müsste.

Hinsichtlich der „Regulation on Energy Wholesale Market Integrity and Transparency“ (REMIT-Verordnung) plant die EU-Kommission umfassende Änderungen. Diese seien dem Positionspapier zufolge indessen teils „überschießend und nicht zweckgemäß“. So wolle die Kommission die Verantwortung für das Funktionieren der automatisierten Handelssysteme den Marktteilnehmern auferlegen. Besser wäre laut Oesterreichs Energie, „eine verpflichtende Zulassung von automatisierten Handelssystemen durch Börsen oder Regulierungsbehörden vorzuschreiben“. Auch die Ausweitung der Kompetenzen der Agentur der europäischen Regulierungsbehörden (ACER) sollte unterbleiben. Es erscheint nicht sinnvoll, dass ACER selbst in den Mitgliedstaaten tätig wird oder Zuständigkeiten der nationalen Regulierungsbehörden übernimmt.

Skeptisch ist Oesterreichs Energie überdies, was die geplanten Vorgaben seitens der nationalen Regulierungsbehörden hinsichtlich des Risikomanagements betrifft. Einen Teil ihrer Lieferverpflichtungen mit PPAs absichern zu müssen, ist aus Sicht der Stromlieferanten abzulehnen. Die Lieferanten hätten nämlich das Risiko, „eine große offene Long-Position einzugehen, welches sie bei Anwendung eines ‚Good practice‘-Risiko-Managements auch bepreisen werden. Somit wäre eine solche Verpflichtung auch zum Nachteil der Endkunden.“

Begrüßt werden von Oesterreichs Energie die Vorschläge zum Versorger der letzten Instanz. Sie würden dessen Inanspruchnahme auf Haushalte beschränken, „die keinen marktbasierten Vertrag erhalten. Die vorgenommene Einschränkung des Kundenkreises sollte auch bei der nationalen Ausgestaltung der Grundversorgung berücksichtigt werden.“

Vehement abgelehnt wird von Oesterreichs Energie, dass die Mitgliedstaaten im Falle einer unionsweiten Strompreiskrise die Endkundenpreise regulieren können. Durch solche Eingriffe gehe laut dem Positionspapier „ein wichtiges Signal für die Forcierung der Energieeffizienz verloren. Stattdessen sollten vulnerable Haushalte in Zukunft gezielter und sozial differenzierter direkt durch ein staatliches Instrument unterstützt werden.“