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Finanzierungskosten für Investitionen in den Verteilernetz-Ausbau

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Welche Finanzierungskosten sind beim Ausbau der Verteilernetze gerechtfertigt? Dieser Frage widmet sich eine aktuelle Studie von Compass Lexecon. Die StromLinie fasst ihre Ergebnisse zusammen.

Mit 1.1.2024 beginnt die 5. Regulierungsperiode für Verteilernetze Strom. Um eine Grundlage zu erarbeiten, auf deren Basis über den WACC für den Verteilernetz-Ausbau gesprochen werden kann, wurde Compass Lexcon mit einer Studie betraut, die einen entsprechenden Wert beziffern soll.

Unter WACC (Weighted Average Cost of Capital) versteht man jenen Zinssatz, den ein Unternehmen an seine Kapitalgeber bezahlen muss, um deren Verzinsungsansprüchen gerecht zu werden.

Die Frage nach einem separaten WACC für Neuinvestitionen bzw. grüne Investitionen in Verteilernetze stellt sich vor allem deshalb, weil die Finanzierung solcher Investitionen angesichts der Dringlichkeit der Klimawende und der geänderten Bedingungen am Finanzmarkt in einem anderen Umfeld stattfindet, als das bei früheren Investitionen der Fall war bzw. im bestehenden Betrieb der Fall ist.


Berechnung des WACC

In ihren Berechnungen kommt die Studie auf einen WACC für Neuinvestitionen bzw. grüne Investitionen in Verteilernetze in einer Bandbreite von 6,46 bis 7,66 Prozent. Grundlage der Berechnungen bildet das Beta solcher Investitionen sowie eine Marktrisikoprämie.

Das Beta wird aus Vergleichsindustrien abgeleitet, wobei Utilities als die Untergrenze der Beta-Bandbreite dienen, Eisenbahnen als die Obergrenze. Die Studie begründet diese Festlegung damit, dass Investitionen in diese Industrien Ähnlichkeiten bezüglich des Risiko-Exposures mit Investitionen in Verteilernetze haben. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das ein Beta, das sich zwischen 0,51 und 0,8 bewegt.

Die Marktrisikoprämie leiten die Studienautoren aus einer Bandbreite zwischen der DMS-Welt-Marktrisikoprämie und eigenen Berechnungen ab. Unter der Berücksichtigung diverser Korrekturfaktoren, alternativer Ansätze und Verprobungen kommen sie dabei auf eine Spannweite von 5,75 bis 7,4 Prozent, wobei sie angesichts des eher konservativen Ansatzes ihrer Berechnungen eine Positionierung am oberen Ende dieser Skala empfehlen.
In den Ausführungen, mit denen die Berechnungen begleitet werden, beantwortet die Studie auch die Frage, welche Faktoren für einen höheren WACC sprechen und welche Faktoren in dieser Hinsicht neutral sind.
Ein höherer WACC für Neuinvestitionen bzw. grüne Investitionen kann nach Meinung der Studie grundsätzlich mit den folgenden zwei Argumentsträngen begründet werden: Zum einen mit einem höheren Risiko, das sich aus höheren Kosten-, Auslastungs-, Counterpartyrisiken sowie aus regulatorischen Risiken ergibt. Zum anderen mit dem gesellschaftlichen Stellenwert von grünen Investitionen und der Gefahr, dass ein zu niedrig angesetzter WACC zu einer Unterdimensionierung bzw. zu einem verzögerten Ausbau der Netze führen würde.

Erheblich höheres Kostenrisiko und Aus­lastungsrisiko machen Neuinvestitionen in Verteilernetze in Summe nach Ansicht der Studie riskanter als den bisherigen Netzbetrieb.

Bei einer genaueren Betrachtung der oben genannten Faktoren kommt die Studie zu folgenden Schlüssen: Das Kostenrisiko bei Neuinvestitionen bzw. grünen Investitionen ist erheblich höher als im herkömmlichen Netzgeschäft. Die Haupttreiber dabei sind neue und unerprobte Technologien, die zum Einsatz kommen, sowie ihre höhere Komplexität und somit schlechtere Vorhersehbarkeit. Auch die Preisvolatilität bei den benötigten Komponenten erhöht das Risiko. Das österreichische Regulierungssystem federt diese Gefahren nach der Beurteilung der Studie nicht vollständig ab.

Die Studie sieht auch ein zusätzliches Auslastungsrisiko für Neuinvestitionen bzw. grüne Investitionen in Verteilernetze. Die Studienautoren stellen fest, dass sich das Auslastungsrisiko von Verteilernetzen durch die Energiewende und den Ausbau der Erneuerbaren erhöht und dieses Risiko unter den in Österreich gültigen Regulierungsbedingungen trotz bestimmter Schutzmechanismen auf die Netzbetreiber durchschlagen kann.

Das Counterpartyrisiko sieht die Studie bei Neuinvestitionen bzw. grünen Investitionen in Verteilernetze als nicht erhöht an, da es durch das Regulierungssystem grundsätzlich weitgehend abgefedert wird. Ebenso sieht die Studie kein erhöhtes Risiko, das sich aus regulatorischen Entscheidungen ergeben könnte, da der österreichische Regulierungsrahmen als sehr stabil eingeschätzt wird.

In Summe ist aber vor allem wegen des erheblich höheren Kostenrisikos und des zusätzlichen Auslastungsrisikos das Risiko von Neuinvestitionen bzw. grünen Investitionen in Verteilernetze in Summe nach Ansicht der Studie höher anzusetzen als jenes für den bisherigen Netzbetrieb.

 

Positive Wohlfahrtseffekte durch Ausbau

Die genannten Investitionsrisiken sind nach der Darstellung der Studie ein Grund für einen WACC-Aufschlag für Neuinvestitionen bzw. grüne Investitionen in Verteilernetze. Ebenso für einen WACC-Aufschlag spricht der positive Wohlfahrtseffekt solcher Investitionen. Ein höherer WACC erlaubt einen schnelleren und vollständigen Ausbau der Netze, während ein zu niedriger Wert zu Verzögerungen im Ausbau, Abregelungen von Erneuerbaren, dezentralen Speichern und Elektrolyseuren führen würde.

Ebenso würde sich die Versorgungssicherheit verschlechtern und die Attraktivität für Betriebsansiedlungen verringern. Zudem würde ein zu niedrig angesetzter WACC die Finanzierung erschweren und in der Folge die Eigenkapitalquote der Netzbetreiber senken, was eine weitere Erschwernis bei der Aufnahme von Krediten darstellen könnte.

Die Studie plädiert daher dafür, im Zweifelsfall den WACC für Neuinvestitionen und grüne Investitionen in Verteilernetze eher höher als niedriger anzusetzen. Denn die Kosten einer unzureichenden Dimensionierung der Netze erweisen sich als höher als die Mehrkosten eines WACC-Aufschlags. Während die Kosten, die sich aus den Konsequenzen eines unzureichend ausgebauten Netzes ergeben, bis zu zwei Milliarden Euro jährlich betragen würden, belaufen sich die Finanzierungskosten bei der Erhöhung des WACC um einen Prozent auf 250 Millionen über die gesamte Regulierungsperiode bzw. 50 Millionen pro Jahr.

Sollte ein höherer WACC zu Mehrinvestitionen führen, ist nach Ansicht der Studienautoren daraus kein negativer Effekt zu erwarten. Im Gegenteil: In der aktuellen Situation, in der ein massiver Ausbaubedarf besteht, ist in diesem Fall mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein positiver Impact auf den Nutzen der Endkunden zu erwarten. Ein Szenario, bei dem eine Sättigung mit Netzinvestitionen eintritt und weitere Netzinvestitionen keinen Zusatznutzen mehr bringen, sei sehr unwahrscheinlich.

Während die Studie einen Überausbau der Netze in absehbarer Zeit selbst bei einem am oberen Ende einer möglichen Spanne angesetzten WACC de facto ausschließt, weist sie auf einen positiven Effekt hin, der mit einer Erhöhung des WACC einhergehen würde: Damit wäre auch ein beschleunigter Ausbau von Smart Grids möglich, was das Stromsystem effizienter machen und somit die Gesamtwohlfahrt erhöhen würde.

Aus ihren Prämissen zieht die Studie den Schluss, dass der hohe gesellschaftliche Mehrwert, den Neuinvestitionen und grüne Investitionen in Verteilernetze erzeugen, entsprechend entlohnt werden sollte, um so einen anreizbasierten Lenkungseffekt zu erwirken.

Das könne, urteilt die Studie, unter anderem durch die Festsetzung eines höheren WACC für entsprechende Investitionen geschehen. Anreize für den Ausbau der Verteilernetze sehen die Studienautoren auch deshalb als gerechtfertigt an, weil, wie auch schon von anderen Studien belegt, das Risiko bei der Dimensionierung von Netzinvestitionen asymmetrisch ist: Eine Unterdimensionierung wirkt sich volkswirtschaftlich stärker negativ aus als eine allfällige Überdimensionierung.