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Aspekte der Versorgungssicherheit in der Elektrizitätsversorgung

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Ein wesentliches Element der öffentlichen Debatte um die Transformation des Energieversorgungssystems hin zu einer CO2-freien, überwiegend auf erneuerbaren Quellen beruhenden Stromproduktion bildet seit vielen Jahren die Frage, ob und wie Versorgungssicherheit im Elektrizitätssektor auch zukünftig, v. a. angesichts der wetterbedingt schwankenden Einspeisung aus erneuerbaren Energien, gewährleistet werden kann. Seit der Großstörung im kontinentaleuropäischen Stromverbundnetz vom 8. Januar 2021, die zu einer Auftrennung des Übertragungsnetzes in zwei Teilnetze geführt hat, intensivieren sich die entsprechenden Diskussionen.

Oesterreichs Energie als Branchenvertretung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft hat ein unbedingtes Interesse an der effizienten Gewährleistung von Versorgungssicherheit und an einem dafür geeigneten Rechts- und Ordnungsrahmen. Um die diesbezügliche politische Diskussion zu begleiten und zu vereinfachen, hat Oesterreichs Energie Consentec damit beauftragt, das vorliegende Kurzgutachten zu erarbeiten. Darin werden die unter dem Begriff der Versorgungssicherheit zusammengefassten technisch-wirtschaftlichen Phänomene systematisiert und kurz- und mittelfristige Herausforderungen aufgezeigt. Bei der Debatte um Versorgungssicherheit ist aus einer Systemperspektive zwischen unterschiedlichen Aspekten zu unterscheiden.

Die Versorgungszuverlässigkeit und -qualität werden insbesondere durch die Verteilernetze bestimmt. Die Versorgungszuverlässigkeit kann gut statistisch erfasst werden, z. B. durch die etablierte Kenngröße ASIDI, die in Österreich jährlich von E-Control ermittelt wird. Auch relevante Aspekte der Versorgungsqualität werden durch ein laufendes Monitoring oder punktuell nach Bedarf überwacht. In diesem Bereich zeichnen sich bei grundsätzlicher Fortschreibung der heutigen Planungs- und Betriebspraxis keine prinzipiellen Veränderungen der Versorgungssicherheitsrisiken ab. Gleichwohl ist die Transformation des Stromversorgungssystems mit erheblichen Herausforderungen für den Ausbau und Betrieb der Verteilernetze unter Aufrechterhaltung des heutigen Zuverlässigkeits- und Qualitätsniveaus verbunden, da die neuartigen Erneuerbare-Energien-Anlagen, Verbrauchseinrichtungen und Speicher überwiegend an die Verteilernetze angeschlossen werden.

Der Systemsicherheit, speziell dem stabilen Betrieb des Übertragungsnetzes auch nach Störungsereignissen, kommt im Rahmen der Gewährleistung von Versorgungssicherheit eine besonders wichtige Rolle zu. Denn insbesondere flächendeckende Versorgungsunterbrechungen sind in der Regel auf Systemsicherheitsprobleme zurückzuführen. Gleichzeitig ist erkennbar, dass etablierte Systemsicherheitsmechanismen und -maßnahmen mit fortschreitender Energiewende nicht mehr oder nicht mehr im gewohnten Umfang zur Verfügung stehen. Dennoch gibt es ausreichend technische Möglichkeiten, Systemsicherheit auch zukünftig zu gewährleisten. Die geeigneten Maßnahmen zeitnah zu ergreifen und die dafür notwendigen Grundlagen z. B. auch bzgl. internationaler Kooperation zu schaffen, wird in den kommenden Jahren eine wesentliche Aufgabe für systemverantwortliche Übertragungsnetzbetreiber und Aufsichtsbehörden sein.

Im Bereich der sicheren Deckung des Bedarfs an elektrischer Energie sind kurzfristig keine erheblichen Risiken erkennbar. Die Gewährleistung einer sicheren Bedarfsdeckung bis 2030 und darüberhinaus bringt aber erhebliche technische Herausforderungen mit sich. Aus heutiger Sicht besteht dabei zwar ausreichende kurzfristige Flexibilität. Österreich wird – zusätzlich zum geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien, der von einem entsprechenden Ausbau der Netzkapazitäten flankiert werden muss – aber mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin auch auf steuerbare Erzeugungsleistung aus Wärmekraftwerken angewiesen sein, wobei perspektivisch eine iii Zusammenfassung Umstellung auf klimaneutralen Wasserstoff als Energieträger notwendig werden wird. Mittelfristig sollte die sichere Bedarfsdeckung im Rahmen europäischer und nationaler Monitorings so engmaschig überwacht werden, dass im Bedarfsfallrechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Darüber hinaus sollte politisch diskutiert werden, welche außergewöhnlichen, Ereignisse, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und Ausmaß nicht quantifizierbar sind, wie extreme Wettersituationen sicher beherrscht werden sollen.