Analyse Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Energiewende. Es wird der Branche endlich Investitionssicherheit bringen – im aktuellen Entwurf gibt es aber kritische Punkte, die unbedingt noch entschärft werden müssen.
Ausgangssituation
Österreich hat sich in den Bereichen Erneuerbare Energie und Klimaneutralität hohe Ziele gesteckt: 2030 soll der Strombedarf über das Jahr betrachtet vollständig aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt, bereits 2040 Klimaneutralität erreicht werden. Die österreichische E-Wirtschaft steht voll hinter den nationalen und internationalen Zielen.
Um sie zu erreichen, müssen in den kommenden zehn Jahren Erzeugungskapazitäten im Ausmaß von 27 TWh errichtet werden – das ist sehr ambitioniert und wird einen enormen Kraftakt erfordern. Ein Größenvergleich: 27 TWh Stunden entsprechen etwa dem gesamten Stromverbrauch von Dänemark. Umgelegt auf die verschiedenen Erzeugungsarten, sieht das aktuelle Regierungsprogramm einen Zubau von 11 TWh bei Photovoltaik, 10 TWh bei Windkraft, 5 TWh bei Wasserkraft und 1 TWh bei Biomasse vor.
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), für das die Begutachtungsfrist noch bis 28. Oktober läuft, soll die rechtlichen Rahmenbedingungen für diesen Infrastrukturausbau liefern. Davon unabhängig arbeiten die Unternehmen der österreichischen E-Wirtschaft bereits jetzt mit voller Kraft am Ausbau der Erneuerbaren.
Gesamteinschätzung Oesterreichs Energie
Oesterreichs Energie sieht den vorliegenden Gesetzesentwurf grundsätzlich positiv und begrüßt die Zugänge in vielen Bereichen. Besonders hervorzuheben sind dabei folgende Aspekte:
- Schaffung von Investitionssicherheit durch klare und verbindliche Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung in Österreich
- Etablierung einer differenzierten Förderkulisse mit wettbewerblichen und administrativen Marktprämien sowie Investitionsförderungen für die verschiedenen Erzeugungstechnologien
- Sicherstellen eines gleichzeitigen Ausbaus aller Erzeugungsformen durch technologiespezifische Ausbaupfade
- Kosteneffizienz durch marktnahe Ausschreibungsmechanismen
- Transparente und faire Spielregeln für lokale Energiegemeinschaften, die Bürgerinnen und Bürgern eine direkte Teilnahme an der Energiewende ermöglichen
Kritikpunkte und Forderungen
Neben dieser grundsätzlich positiven Einschätzung gibt es eine Reihe von Punkten, die die Branche durchaus kritisch sieht:
Der aktuelle Gesetzesvorschlag sieht die Einführung einer zusätzlichen ökologischen Prüfung von Wasserkraftanlagen im Rahmen der Förderung vor. Bereits jetzt wird die Ökologie von Wasserkraftwerken im Rahmen der Genehmigung streng kontrolliert. Eine doppelte Prüfung würde die Erreichung der Ausbauziele in diesem Bereich massiv gefährden. Schon jetzt dauert die Genehmigung eines Wasserkraftwerks im Durchschnitt fünf Jahre.
Bürgerenergiegemeinschaften und die Erneuerbare Energien-Gemeinschaften sollen die Akzeptanz für die Energiewende steigern und Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben daran aktiv teilzunehmen. Diesen Zugang unterstützt auch Oesterreichs Energie und befürwortet daher lokale Energiegemeinschaften auf den Netzebenen 6 und 7 voll. Regionale Energiegemeinschaften auf der Netzebene 5 werden aufgrund der damit verbundenen technischen Probleme aber abgelehnt, ebenso wie eine Regelung, die es Bürgerenergiegemeinschaften erlaubt, künftig eigene Verteilnetze zu betreiben und zu besitzen. Wesentliche Kriterien für die Umsetzung der Gemeinschaften fehlen (z.B. Gemeinschaftsüberschuss gilt als ins öffentliches Netz eingespeist, Erzeugungsanlagen sind vor der Zuordnung der Energie an die Teilnehmer zuerst rechnerisch zusammenzufassen, eine Erzeugungsanlage bzw. Verbrauchsanlage kann jeweils nur einer „Gemeinschaft“ angehören, etc.). Zudem muss sichergestellt werden, dass auch Bürgerenergiegemeinschaften Systemverantwortung tragen und selbst für die von ihnen benötigte Ausgleichsenergie zu sorgen haben.
Auch im Bereich Netze hat die Branche noch eine Reihe von Kritikpunkten. Das EAG sieht etwa vor, dass Netzbetreiber künftig verfügbare und gebuchte Kapazitäten je Umspannwerk (NE 4) und Transformatorstation (NE 6) zu veröffentlichen und laufend zu aktualisieren haben. Auf der NE 6 ist die Vorgabe derzeit technisch nicht realisierbar, überdies liefert die Veröffentlichung von freien Kapazitäten keine Aussage zu vorhandenen Netzrestriktionen im nachgelagerten Netz. Die Bestimmung wird abgelehnt. Zudem wird beim Netzzutrittsentgelt eine Pauschalierung angestrebt, die deutlich zu niedrig ist und zu einer Umverteilung der Kosten auf andere Netzteilnehmer führen würde. Die Regelung im Starkstromwegerecht wird grundsätzlich begrüßt. Aktuell ist der Textvorschlag aber so formuliert, dass Freileitungen bis 1kV somit wieder bewilligungspflicht wären, was im ergebnis someit eine Verschlechterung des Vorzustandes ist. Die Bestimmung ist entsprechend umzuformulieren und klarzustellen.
Die Ausbauziele der Bundesregierung lassen sich nur erreichen, wenn alle Technologien parallel ausgebaut werden. Ein Abschlag von 30 Prozent auf Förderungen für Photovoltaikanlagen, die auf Freiflächen errichtet werden, ist deutlich zu hoch und durch Kostenvorteile nicht zu begründen. Zuschläge für schwierige Lagen hingegen fehlen völlig. Anstelle von Lenkungseffekten droht hier ein schleppender Ausbau, der die Erreichung der Ziele in diesem Bereich gefährdet – gerade Freiflächenanlagen könnten hier aufgrund ihrer Größe und Effizienz einen überproportionalen Beitrag leisten.
Um einen gleichmäßigen Ausbau zu fördern, der das Netz nicht unnötig belastet, und das „Klumpenrisiko“ minimiert, müssen klare Anreize für die Errichtung von Windkraftanlagen abseits der etablierten Regionen im Osten geschaffen werden. Damit der Ausbau auch an anderen windstarken Standorten attraktiv wird, müssen die höheren Kosten durch Höhenlagen, Waldstandorte oder Skaleneffekte berücksichtigt werden. Eine Standortdifferenzierung rein nach dem Windertrag, wie derzeit vorgesehen, ist dafür nicht ausreichend.