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Resilienz von Lieferketten: intelligente Lösungen als Beitrag zur Versorgungssicherheit

Gehen der Transformation des Energiesystems die Rohstoffe aus? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Lieferketten- und Komplexitätsforscher Peter Klimek im Zuge des Oestereichs Energie Kongress 2024 – und kam dabei zu einigen überraschenden Schlussfolgerungen.

Peter Klimek, Direktor des Supply Chain Intellligence Institute Austria, Assoziierter Professor an der Medizinischen Universität
Peter Klimek, Direktor des Supply Chain Intellligence Institute Austria, Assoziierter Professor an der Medizinischen Universität © Oesterreichs Energie

Wird vom Rohstoffbedarf für die Energiezukunft gesprochen, dann sind Seltene Erden das Erste, was vielen Menschen in den Sinn kommt, sagt Peter Klimek. Ein genauerer Blick in die Struktur der Lieferketten zeige aber, dass die Realität komplexer sei.

„Anders als vielfach dargestellt, ist die Sorge, dass uns Seltene Erden physisch ausgehen, nicht begründet. Ein solches Szenario kann als sehr unwahrscheinlich bezeichnet werden“, erklärt Klimek. Kritisch sei allerdings, dass ein großer Teil der Ressourcen als Beiprodukt bei der Gewinnung anderer Rohstoffe gewonnen werde. „Dadurch bestimmt die Nachfrage nach diesen Stoffen auch das Angebot an Seltenen Erden mit, was problematisch sein kann.“ Ebenso wie die Tatsache, dass ein Großteil der Förderung in China passiere.
 

Umdenken für mehr Lieferkettenresilienz

Während bei Seltenen Erden das Bewusstsein um deren möglicherweise schwierige Verfügbarkeit durchaus vorhanden sei, gebe es anderenorts blinde Flecken, merkt Klimek an. Als Beispiel nennt er Stahlschrott, einen wichtigen Bestandteil einer zukünftigen Kreislaufwirtschaft.

Die wichtigsten Aussagen

  • Seltene Erden sind zentral für die Energiezukunft, eine physische Erschöpfung der entsprechenden Ressourcen ist aber unwahrscheinlich.
  • Die Abhängigkeit von China ist problematisch.
  • Europa kann sich bei Rohstoffen global nicht entkoppeln, sollte daher auf ein „Gleichgewicht der Abhängigkeiten“ achten.

„Der Bedarf an Stahlschrott korreliert mit der Anzahl an Elektrolichtbogenöfen und wird mit zunehmender Dekarbonisierung des Stahlsektors steigen.“ China habe sich daher inzwischen völlig vom internationalen Markt für Stahlschrott abgekoppelt und halte das Material im Land zurück. Europa hingegen sei immer noch ein Exporteur. „Wenn man bedenkt, wo Stahlschrott herkommt, unter anderem aus Altgebäuden, und deren Lebenszyklus berücksichtigt, ist klar, dass Stahlschrott in Zukunft zu einer strategischen Ressource wird.“ Es sei daher wenig sinnvoll, solche Stoffe in großem Stil zu exportieren.

Und auch an einem anderen Punkt fordert Klimek ein Umdenken, um Lieferketten resilienter zu machen. „Wir sollten noch stärker in Technologieräumen denken. Österreich hat als Technologieraum großes Potential für Transformationstechnologien wie Elektromobilität.“ Dieses Potential gelte es zu heben. Bei den dafür nötigen Lieferketten könnten Österreich und Europa die Abhängigkeit von globalen Märkten zwar nicht verhindern, sie sollten dabei aber ein Gleichgewicht anstreben.