Trendforum: Wie "Steuern" wir die Energiewende?

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Wie kann das Energiesystem mit CO2-Preisen und gesetzlichen Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz nachhaltiger gestaltet werden – das war das Thema des Oesterreichs Energie Trendforums zum Jahresende.

Die kürzlich beschlossene ökosoziale Steuerreform und das kommende Energieeffizienzgesetz standen im Mittelpunkt des Oesterreichs Energie Trendforums am 11. November in Wien. Beide Maßnahmen gelten im Rahmen der Energiewende als wesentliche Instrumente. Oesterreichs Energie Präsident und Verbund-Generaldirektor Michael Strugl, begrüßte dabei die kommende Ökosteuer, die auch zwei wesentliche Forderungen des E-Wirtschaftsverbandes erfüllt: „Erstens erhalten damit auch die CO2-Emissionen außerhalb der vom EU-Emissionshandel erfassten Bereiche einen Preis, insbesondere jene, die durch Raumwärme und Verkehr verursacht werden. Zweitens werden die Einnahmen des Bundes aus der Steuer „recycelt“, also für die Entlastung klimafreundlichen Verhaltens verwendet.“

Über Details, etwa den Einstiegspreis von 30 Euro pro Tonne, lasse sich diskutieren, so Strugl. Im Emissionshandel koste CO2 zurzeit bekanntlich rund 60 Euro pro Tonne. Österreich orientiere sich mit seinem Einstiegspreis offenbar an Deutschland und gehe somit „pragmatisch“ vor: „Das können wir als E-Wirtschaft gut nachvollziehen.“ Wünschenswert wäre aus Sicht der Branche eine „steuerliche Entlastung des Energieträgers Strom, der für die Dekarbonisierung sehr wichtig ist“.

Strategische Maßnahmen und realistische Ziele

Die Ziele des in Ausarbeitung befindlichen Energieeffizienzgesetzes wiederum sollten sich laut Strugl an den Vorgaben der Europäischen Union orientieren.

Ein „Gold Plating“ dürfe es nicht geben: „Wenn es heißt, Österreich soll statt 500 Petajoule 800 Petajoule einsparen, muss man fragen, ob das realistisch ist. Es wäre schade, wenn wir uns wieder einmal ehrgeizige Ziele setzen und diese dann verfehlen.“ Strugl schlägt außerdem vor den Schwerpunkt des Gesetzes auf „strategische“ Maßnahmen der öffentlichen Hand, wie die Wohnbauförderung und langfristige Programme zur thermischen Gebäudesanierung zu legen. „Österreich tut hier unglaublich viel. Daher sollte man das zu einem Schwerpunkt des Energieeffizienzgesetzes machen“, so Strugl.

Kritisch sieht der Sprecher der E-Wirtschaft die Verpflichtung zu Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen bei Kunden. Diese Lieferantenverpflichtung habe sich auch in vorigen Gesetz nicht bewährt: „Sie brachte eine unglaubliche Bürokratie, aber kaum Effizienzsteigerungen“, sagt Strugl. Ob dies mit dem neuen Energieeffizienzgesetz anders werde, bleibe abzuwarten.

Ähnlich argumentierte Oesterreichs Energie Generalsekretärin, Barbara Schmidt: „Die vielen Programme, die Österreich betreibt, müssen angerechnet werden. Wir sollten hier der EU-Kommission gegenüber selbstbewusster auftreten.“ Kein Zweifel besteht laut Schmidt an der Notwendigkeit, die Energieeffizienz zu forcieren. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien sei dies eine wesentliche Säule der Energiewende.

Mehr Effizienz, weniger Bürokratie

Jürgen Schneider, Leiter der Sektion „Klima und Energie“ im Energieministerium (BMK), sieht in der ökosozialen Steuerreform einen epochalen Schritt: „Schon seit Jahrzehnten haben wir über die Ökologisierung des Steuersystems gesprochen. Jetzt ist sie da.“ Die Höhe des CO2-Preises könne man diskutieren, so Schneider, es sei aber erheblich einfacher, einen bestehenden Preis anzuheben, als einen solchen neu einzuführen. Außerdem plane Österreich bekanntlich, die Preisbildung ab 2026 dem Markt zu überlassen. Im Hinblick auf die Emissionsreduktion gehe das BMK von etwa 1,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr aus. Volle Wirkung entfalte der Preis freilich nur im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen, wie dem geplanten Erneuerbare-Wärme-Gesetz, dem Energieeffizienzgesetz, dem Klimagesetz und anderen Bestimmungen. „Wichtig ist: Am Ende wollen wir keinerlei Einnahmen mehr aus dem CO2-Preis lukrieren, weil eben kein CO2 mehr emittiert werden soll“, betonte Schneider.

Zum Energieeffizienzgesetz hielt der Sektionschef fest, es gebe einen „weitgediehenen Expertenentwurf, der auf politischer Ebene verhandelt wird“. Dessen Eckpunkte fänden sich im Arbeitsprogramm der Bundesregierung: „Es geht um einen Mix aus den strategischen Maßnahmen und der Lieferantenverpflichtung.“ Neben der Setzung von Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren Kunden wird das neue Gesetz Energielieferanten die Möglichkeit bieten schuldbefreiend in einen Fonds einzahlen. Die Höhe der Zahlungen werde sich an den Kosten für Effizienzmaßnahmen orientieren. Außerdem werden in den Entwurf auch die Erfahrungen mit der bisherigen Regelung einfließen: „Wir wollen ein einfacheres Gesetz schaffen, das die Energieeffizienz tatsächlich voranbringt.“

Österreich im Mittelfeld

Die Steuerexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Margit Schratzenstaller-Altzinger, betonte, es sei zu begrüßen, dass Österreich nach langjährigen Debatten über eine ökosoziale Steuerreform nun eine CO2-Bepreisung einführe: „Natürlich hätte die Bundesregierung ambitionierter sein können, was die Höhe des Einstiegspreises und den Preispfad für die kommenden Jahre betrifft.“ International gesehen, liege Österreich mit seinen 30 Euro im Mittelfeld. Manche anderen Staaten besteuerten die CO2-Emissionen mit nur wenigen Cent pro Tonne, an der Spitze liege Schweden mit über 100 Euro: „Aber in Schweden sind dafür andere Energieabgaben nicht so hoch.“

Insgesamt könne die kommende CO2-Steuer durchaus als „großer Schritt“ angesehen werden. Und sollte in Deutschland bei der CO2-Bepreisung nachgebessert werden, könnte möglicherweise Österreich nachziehen. Wünschenswert wäre es jedenfalls, ökologisch kontraproduktive Subventionen ehestmöglich abzubauen: „Das betrifft etwa das Dieselprivileg und Steuervorteile für den inländischen Flug- und Schiffsverkehr“, so Schratzenstaller-Altzinger. Die Pendlerpauschale wiederum müsse klima- und umweltverträglicher ausgerichtet werden.

Teils besser als Deutschland

„Ich finde es toll, dass es die umfassende ökosoziale Steuerreform jetzt gibt“, zeigt sich Friedrich Seefeldt, Leiter „Energie & Infrastruktur“ beim deutschen Prognos-Institut, begeistert. Dieses hatte im Jahr 2018 im Auftrag von Oesterreichs Energie ein Konzept für eine solche Reform entworfen.

Wichtige Elemente daraus fänden sich nun in der beschlossenen Reform wieder. In mancher Hinsicht gehe diese über die seinerzeitigen Vorschläge von Prognos hinaus, etwa mit der Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Steuer an Wirtschaft und Gesellschaft, so Seefeldt. „Da ist Österreich Deutschland voraus.“ Für Deutschland erwartet er, dass die Ampelkoalition die CO2-Bepreisung weiter vorantreiben werde. Es brauche allerdings sehr viel Mut, zu sagen: In fünf Jahren werde die Tonne CO2 150 Euro kosten. „Das wäre aber ein im Sinne der Klimaziele angemessener Preis“, so Seefeldt. Im Hinblick auf das neue Energieeffizienzgesetz verweist der Experte auf einen ausgewogenen Instrumentenmix: „Es lohnt sich, in jedem einzelnen Sektor zu überprüfen, welche Maßnahmen man dort idealerweise setzen könnte.“

„Zweckentfremdung“ in der Schweiz

Kritisch zur CO2-Bepreisung in der Schweiz äußerte sich Michael Frank, der Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen. Diese sei als Lenkungsabgabe konzipiert, fließe aber nicht vollständig an die Unternehmen und die Bürger zurück, um deren klimaverträgliches Verhalten zu fördern: „Das ist eine Zweckentfremdung.“ Die Einnahmen strömten teilweise ins Bundesbudget: „Besser wäre es, mit ihnen einen Klimascheck für die Bürger zu finanzieren.“ Über ein bundesweites Energieeffizienzgesetz verfüge die Eidgenossenschaft nicht, so Frank. Es fänden jedoch auf Ebene des Bundes und der Kantone bisweilen wettbewerbliche Ausschreibungen von Energieeffizienzmaßnahmen statt. Auch die CO2-Bepreisung trage letztlich zur Steigerung der Energieeffizienz bei.

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