Trendforum: Wie bringen wir die Sonne ins Netz?
Belvedere 21
Photovoltaik (PV) ist zentraler Bestandteil des künftigen Stromsystems in Österreich. Gleichzeitig bringt der PV-Boom die Netze aber an ihre Grenzen. Im Rahmen des Oesterreichs Energie Trendforums Ende November diskutierte die Energiewirtschaft über die Möglichkeiten und Herausforderungen von Photovoltaik in Österreich. Dabei ging es neben dem Netzausbau um netzdienliches Verhalten, das Potenzial von Speichern und das Neu-Denken von Förderungen.
Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, startete das letzte Trendforum 2024 mit einem Aufruf: „Die Regierungsverhandlungen sind gestartet. Jetzt ist die Zeit sich einzubringen. Wir müssen zeigen, dass sowohl die Transformation des Energiesystems als auch die Stärkung des Wirtschaftsstandorts möglich sind. Bei der Integration der Erneuerbaren ins Netz müssen wir möglichst intelligent vorgehen, um die Kosten möglichst gering zu halten.“ Eine lösungsorientierte Diskussion stand auch im Mittelpunkt des Trendforums, das sich mit dem Zusammenspiel von PV-Ausbau und Netzintegration beschäftigte.
Allein heuer betrug der Zubau bei Photovoltaik (PV) weltweit 450 Gigawatt – das entspricht etwa dem jährlichen Verbrauch in Deutschland. Noch vor wenigen Jahren hätten viele diesen Zuwachs für unmöglich gehalten, sagte Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur, der im Rahmen seiner Keynote Vorschläge präsentierte, wie diese enormen Strommengen besser in die Netze integriert werden können.
Netzdienlichkeit muss mit Ausbau Hand in Hand gehen
Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie, sprach sich für eine ganzheitliche Betrachtung aus: „Wir kommen aus einer Situation, in der aufgrund einer Preiskrise eine unglaubliche Motivation entstanden ist, PV auf den eigenen Hausdächern zu installieren – was grundsätzlich positiv ist. Jetzt müssen wir mit einem holistischen Ansatz auf das System sehen. Es macht keinen Sinn, die Netze für drei Tage im Jahr auszubauen, es muss sich auch volkswirtschaftlich rechnen.“
„Wir müssen über alle Möglichkeiten nachdenken, um die Leistungsspitzen der PV-Erzeugung zu reduzieren“, betonte auch Angerer und nannte den Ausbau von dezentralen Energiespeichern, dynamische Leistungsregelungen oder ein Bonus-Malus-System für verringerte Netzanschlussleistungen in diesem Zusammenhang als mögliche Maßnahmen.
Neue Potenziale in die Rechnung einbeziehen
Das Ausbaupotenzial von Photovoltaik ist in den vergangenen Jahren durch große Technologiesprünge und geringere Kosten stark gestiegen.
Um dieses Potenzial gut zu nutzen, braucht es Speichermöglichkeiten, sagte Hubert Fechner, Obmann der Österreichischen Technologieplattform Photovoltaik: „PV-Spitzen haben im Netz nichts verloren. Wir müssen hingegen mehr auf die Entwicklung bei Speichern achten. Wir gehen davon aus, dass diese in Zukunft deutlich günstiger und größer werden. Das eröffnet uns neue Möglichkeiten die Photovoltaik besser in unser Stromsystem zu integrieren, ohne die Kosten für den Netzausbau hochzutreiben.“
Vera Immitzer, Geschäftsführerin Photovoltaic Austria, begrüßte die Studien und Vorschläge zum PV-Ausbau, bedauerte aber, dass diese nicht in in die Vorbereitung des Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) einfließen konnten. Zudem kritisierte sie den bislang ausständigen Beschluss des Gesetzes. „Damit hätten wir bereits jetzt mehr Möglichkeiten, PV sinnvoll in das bestehende Netz zu integrieren.“ Eine Kappung der Erzeugungsspitzen lehnte die Branchenvertreterin zwar nicht kategorisch ab – diese müsse aber dynamisch und angepasst an die tatsächlichen Netzbedingungen erfolgen können.
Unternehmen und Private mitnehmen
Die Sinnhaftigkeit von Förderungen betonten auch Fechner und Angerer. Sie sprachen sich im Sinne der Systemdienlichkeit für eine zunehmende Verlagerung hin zu Speichern aus.
Die Kund:innen-Sicht auf Photovoltaik brachte Andreas Thöni, Leiter Konzernstrategie, Digital & Innovation bei der Österreichischen Post AG, ein. Denn klar ist: Am Ende muss sich die Investition in Photovoltaik-Anlagen für Privatpersonen und Unternehmen rechnen. Einheitliche, stabile und unbürokratische Rahmenbedingungen tragen maßgeblich dazu bei, Business Cases zu entwickeln, die skalierbar und übertragbar sind.
Klares Bekenntnis zur Dekarbonisierung gefordert
Bezüglich der notwendigen politischen Rahmenbedingungen waren sich alle Podiumsteilnehmer:innen einig: Es braucht ein klares Bekenntnis zur Dekarbonisierung und einen stabilen Transformationspfad. Dazu zählen auch die rasche Umsetzung des noch ausständigen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes als legistische Grundlage sowie klare Rahmenbedingungen für mehr Planungssicherheit und mehr Geschwindigkeit bei der Digitalisierung der Netze und des gesamten Systems.