Trendforum: Innovationen für das Energiesystem des 21. Jahrhunderts

wolke 19, Wien

Im Strom der Innovationen

Innovationen werden das Energiesystem des 21. Jahrhunderts deutlicher prägen als in den vergangenen Jahrzehnten. Das zeigte das vierte Trendforum von Oesterreichs Energie am 21. November 2019.

Als Enabler der Energiewende setzt Österreichs E-Wirtschaft auf breiter Basis auf Innovationen. Leonhard Schitter Präsident von Oesterreichs Energie verwies im Rahmen des vierten Trendforums 2019 darauf, dass unser Land durch die Steigerung der Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energien und den Einsatz dieser sauberen elektrischen Energie seinen CO2-Ausstoß allein im Gebäude- bzw. Raumwärmesektor um rund 7,5 Millionen Tonnen pro Jahr vermindern kann. Die Emissionen im Verkehrsbereich könnten durch die Elektromobilität um 1,5 Millionen Tonnen verringert werden. Notwendig sind dafür allerdings geeignete Rahmenbedingungen, so Schitter. Oesterreichs Energie fordert eine „Energieforschungsmilliarde“, einen One-Stop-Shop für die Vergabe der Forschungsförderungen sowie die Initiierung einschlägiger Leuchtturmprojekte durch die Politik.

Maria Patek, als Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus für Energiepolitik zuständig, verwies auf die Ankündigung der designierten EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen, Europa bis 2050 zum „ersten klimaneutralen Kontinent“ machen zu wollen. Dies ist laut Patek mit den derzeit verfügbaren Technologien nicht zu erreichen. Folglich müssen Forschung und Entwicklung in diesem Bereich forciert werden. Wichtige Schritte in diese Richtung sieht Patek im kürzlich beschlossenen EU-Budget: Von insgesamt rund 170 Milliarden Euro stehen 21 Prozent für klimarelevante Vorhaben zur Verfügung. Das Forschungsprogramm Horizon2020 wird um etwa 8,8 Prozent aufgestockt.

Dipl.-Ing.in Maria Patek, MBA, Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus
© Christian Fürthner

Österreich selbst setzt bereits seit langem auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, ergänzte Patek. Die Klima- und Energiestrategie #Mission2030 zielte darauf ab, Österreich als Energieinnovationsland weiter zu stärken. Auch im Rahmen der Umweltförderung im Inland (UFI) sowie des Klima- und Energiefonds (KLI.EN) werden einschlägige Vorhaben unterstützt. Ein Paradebeispiel dafür ist laut Patek das Projekt H2Future, bei dem die mit sechs Megawatt Leistung derzeit stärkste Elektrolyseanlage der Welt errichtet wird. Sie dient der Herstellung von „grünem“ Wasserstoff und ist damit auch von internationaler Bedeutung. Auf diese Weise produzierter Wasserstoff hat Patek zufolge enormes Potenzial als langfristiger Energiespeicher sowie für die Dekarbonisierung von Industrie und Verkehr. Nicht zuletzt deshalb arbeitet Österreich an einer Wasserstoffstrategie und beteiligt sich intensiv an einschlägigen strategischen Programmen und Projekten der Europäischen Union. Auch die künftige Bundesregierung werde österreichische Unternehmen auf dem Heimmarkt sowie auf EU-Ebene dabei unterstützen, ihre Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt zu platzieren, versicherte Patek.

Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie
© Christian Fürthner

Innovative Projekte

Als Vorzeigeprojekt der Branche präsentierte Oesterreichs Energie die Innovationsplattform der Interessenvertretung, die gemeinsam mit Innoloft erstellt wurde und unter innovation.oesterreichsenergie.at zugänglich ist. Die vielen dort vorfindlichen Unternehmen und Projekte, aber auch die mannigfachen Beispiele im neuen Forschungsbericht von Oesterreichs Energie, zeigen laut Energie Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, „dass die E-Wirtschaft viel innovativer ist, als ihr nachgesagt wird.“ Auf der Innovationsplattform können sich Start-ups vorstellen. Möglich ist weiters die Suche nach Partnern für innovative Projekte. Diese kann auf Wunsch auch in gegenüber den anderen Besuchern der Plattform anonymisierter Weise erfolgen. Schmidt lud gemeinsam mit Innoloft-Geschäftsführer Sven Pietsch alle Interessierten ein, die Plattform zu nutzen und so die Innovationen in der E-Wirtschaft weiter voranzubringen.

Drei Start-Ups präsentierten ihre Projekte im Rahmen eines Elevator-Pitch konnten beim Trendforum. Asetila Köstinger, die im Pitch siegte und damit im Rahmen von Oesterreichs Energie Kongress 2020 präsentieren kann, stellte ihre „Greenwell Energie“ vor, die nicht mehr in Verwendung befindliche Bohrlöcher der Öl- und Gasindustrie in landwirtschaftlichen Gebieten für die Bereitstellung von Erdwärme nutzen möchte. Mit der so gewonnenen Energie sollen landwirtschaftliche Projekte versorgt werden.
Intelligente Heizstäbe produziert und vermarktet die MYPV, berichtete deren Geschäftsführer Markus Gumpendorfer. Die Geräte ermöglichen ihm zufolge, die Photovoltaik zur Bereitstellung von Raumwärme und Warmwasser zu nutzen. „Das Haus der Zukunft ist das elektrische Haus“, resümierte Gumpendorfer.

Innovative vertikale Rotoren sind das Thema der Münchner Firma Luvside, die deren Gründer Rolf Hoffmann beim Trendforum vorführte. Seine Anlagen eignen sich gerade auch für den anspruchsvollen Offshore-Sektor und halten den dortigen hohen Windgeschwindigkeiten problemlos stand, versicherte Hoffmann: „Das ist der sturmsicherste Flügel, den es gibt.“

Ganzheitliche Betrachtung

Laut Elisabeth Spitzenberger, der im Ausschuss Forschung & Innovation von Oesterreichs Energie vertretenen Leiterin des Technischen Managements der Energie AG Oberösterreich, zeigen die breit gefächerten Ansätze der Mitgliedsunternehmen von Oesterreichs Energie sowie der Start-ups, „wie vielfältig unsere Maßnahmen sein müssen, um den Klimawandel zu bewältigen“. Immer wieder bestehe die Herausforderung darin, die Bereiche Raumwärme, Strom und Mobilität in ganzheitlicher Betrachtung verschmelzen zu lassen. Nach wie vor werde die Versorgungssicherheit für die Branche oberste Priorität haben. Dennoch gehe es auch darum, in klar abgegrenzten Teilbereichen das „Lernen aus Fehlern“ zuzulassen und neue Lösungen zu entwickeln. Wie Spitzenberger ergänzte, investierten die Unternehmen der E-Wirtschaft allein 2018 rund 24,6 Millionen Euro in Forschungsprojekte: „Das entspricht knapp einem Fünftel aller österreichischen Ausgaben für Energieforschung.“ 

Dipl.-Ing. Elisabeth Spitzenberger, MBA, Leiterin Technisches Management, Energie AG Oberösterreich, Mitglied Ausschuss Forschung & Innovation
© Christian Fürthner
Mag. Florian Frauscher, MLS, Sektionsleiter Wirtschaftsstandort, Innovation und Internationalisierung, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
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Florian Frauscher, Sektionsleiter im Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, erläuterte, dieses unterstütze standortrelevante Forschung, bei der Institutionen aus der Wissenschaft mit Unternehmen zusammenarbeiten. Bei der Förderung derartiger Kooperationen ist Österreich EU-weit führend, betonte Frauscher. Ihm zufolge ist dies gerade für das Bekämpfen des Klimawandels und das Erreichen der klima- und energiepolitischen Ziele der EU unverzichtbar: „Wir brauchen neue Technologien. Denn es ist politisch nicht möglich, das Fliegen und das Autofahren so teuer zu machen, dass die Menschen darauf verzichten.“ Neben dem Anbieten finanzieller Unterstützungen müsse die Politik für auch schnellere Genehmigungsverfahren sorgen: „Ohne Kraftwerke und Leitungen werden wir nicht auskommen.“

Rodoula Tryfonidou, die Leiterin des Referats Energieforschung-Grundsatzfragen und Strategie im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Deutschland, verwies auf die dort bereits eingeführte Forschungsmilliarde im Energiebereich. Nicht zuletzt dank der angemessenen Dotierung von Forschung und Entwicklung in diesem Bereich gelang es ihr zufolge, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Deckung des deutschen Strombedarfs auf mittlerweile über 40 Prozent zu erhöhen. Bewährt haben sich laut Tryfonidou auch die sogenannten „Reallabore“, innerhalb derer in großen Projekten erprobt wird, welche Technologien in einer bestimmten Region zukunftsfähig sind. Dies zu erforschen, werde unter anderem beim Ausstieg aus der Braunkohleverstromung von Bedeutung sein. Den Menschen in den betroffenen Gebieten müssten schließlich neue Perspektiven geboten werden.

Dr.-Ing. Rodoula Tryfonidou, Ministerialrätin, Leiterin des Referats Energieforschung-Grundsatzfragen und Strategie Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Deutschland
© Christian Fürthner