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Joschka Fischer: Energiewirtschaft im Kampf um Europas Souveränität besonders gefragt

Bei Oesterreichs Energie Kongress 2022 warnte der ehemalige deutsche Vizekanzler und Außenminister davor, vor den zunehmenden russischen Drohungen einzuknicken. Europa dürfe nicht auf eine baldige Rückkehr zu Energienormalität hoffen, sagte Fischer am Donnerstag vor Vertretern der österreichischen Energiebranche. Im Gegenteil man müsse im Energiesektor mit „einer Form von Kriegswirtschaft“ rechnen.
 

Die Welt befindet sich in einem Zustand der Krisenakkumulation, sagte der ehemalige deutsche Vizekanzler und Außenminister gestern in Wien vor Vertretern der österreichischen Energiewirtschaft beim Oesterreichs Energie Kongress 2022. Putin habe sich dafür entschlossen, Europas Friedensarchitektur zu zerstören. Vor dieser Herausforderung dürfe man nicht kapitulieren. „Wenn wir in Europa zulassen, dass große Nachbarn kleine Nachbarn angreifen und unterdrücken, dann sind wir nicht mehr in jenem Europa, das uns ans Herz gewachsen ist.“

Die Lage sei deshalb so dramatisch, weil Putin einerseits den Krieg nicht gewinnen darf, man andererseits aber einen globalen, womöglich nuklearen Konflikt, vermeiden muss. „Der Einsatz von Nuklearwaffen ist eine reale Option. Das muss man sehr, sehr ernst nehmen.“ Auf jeden Fall müsse Europa sich darauf einstellen, dass es mit einer dauerhaften Bedrohung an seiner Ostgrenze zu tun hat. In diesem Kontext für Sicherheit zu sorgen, bedeutet unter anderem auch für Energiesicherheit zu sorgen. Der Energiewirtschaft komme dabei eine Schlüsselrolle zu.

 „Die Antwort auf Putins Entscheidung, mit Energie Krieg zu führen, wird ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien sein müssen.“ Auch der Ausbau der Netze und eine verstärkte Diskussion um Wasserstoff als Energieträger seien unverzichtbar. Denn eine Rückkehr zur Zeit des billigen Gases werde es nicht geben: „Die Rückkehr der Rivalität der Großmächte betrifft auch die Energiewirtschaft.“ Davor dürfe man nicht die Augen verschließen: „Geopolitik in der Wirtschaft auszublenden, war nie eine gute Idee.“

Die aktuelle Situation, betonte Fischer, sei aber auch eine Chance für Europa. Diese gelte es zu nutzen. „Bei der Digitalisierung hat China die Nase vorne, beim Klimaschutz ist Europa aber vorne.“ Diesen Vorsprung dürfe man nicht verlieren, umso mehr als Klimaschutz und der Kampf gegen Putin Hand in Hand gehen, da beide nur durch Energieunabhängigkeit von russischem Gas zu schaffen sind. „In diesem, ja das kann man so sagen: Schicksalsmoment, ist die Energiewirtschaft ganz besonders gefragt.“

Die beste Antwort auf die Realität, das habe ihn seine lange Zeit in der Politik gelehrt, sei es die Realität anzuerkennen, sagte Fischer. Aus diesem Grund forderte er die Europäische Union auf, sich noch stärker als bisher als eine Sicherheitsunion und Energieunion zu verstehen. „Europa muss nicht nur wirtschafts- und energiepolitisch eine Rolle spielen, sie muss auch machtpolitisch eine Rolle spielen.“ Man könne sich nicht immer auf die USA verlassen. Auch aus diesem Grund müsse Energie­unab­hängigkeit ein zentrales Anliegen der europäischen Antwort auf Putins Eskalation in der Ukraine sein.

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