E-Wirtschaft zu NIP: Guter Startpunkt, weitere Optimierungen nötig
Der kürzlich vorgestellte integrierte österreichische Netzinfrastrukturplan (NIP) soll eine bessere Koordinierung des Netzausbaus mit dem Ausbau von Erneuerbaren, Netzen und Speichern ermöglichen – und so die Versorgungssicherheit langfristig gewährleisten. „Das ist ein wichtiger Schritt, den wir mehrfach gefordert haben. Es gibt nun erstmals ein Dokument, in dem der Versuch unternommen wird, den Umbau des Energiesystems ganzheitlich zu betrachten“, sagt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, der Interessenvertretung von Österreichs E-Wirtschaft. Problematisch sieht die Branche die hohen Ausbauziele, mit denen im Bereich PV gearbeitet wird. „Wir brauchen hier einen pragmatischeren Zugang, der nicht nur auf dem Papier Chance auf Realisierung hat“, so Schmidt.
Der NIP soll in den kommenden Jahrzehnten einen effizienten und gleichzeitig resilienten Weg zu einem erneuerbaren Energiesystem vorzeichnen. Dabei muss der Ausbau der Erneuerbaren ebenso berücksichtigt werden, wie der dafür erforderliche Zubau im Bereich der Netze und Speicher oder die gesicherten thermischen Kapazitäten, die dafür benötigt werden. „Die E-Wirtschaft begrüßt, dass viele dieser, aus Sicht der Branche wesentlichen Anliegen, im nun veröffentlichen Dokument Beachtung gefunden haben“, sagt Schmidt.
E-Wirtschaft fordert weitere Optimierungen
Im Hinblick auf die im NIP verwendeten Ausbauszenarien brauche es aus Sicht der Branche aber noch weitere Optimierungen, um den enormen Erzeugungsausbau bestmöglich in das System zu integrieren. „Der vorgeschlagene explosionsartige Ausbau in den Bereichen PV- und Wind ist ohne einen koordinierten Ausbau der Netze und Speicher in der verbleibenden Zeit kaum realisierbar – und volkswirtschaftlich auch wenig sinnvoll. Der ausgeprägte Fokus auf Sonnenenergie würde im Sommer zu einem massiven Stromüberschuss führen, im Winter bräuchten wir aber weiterhin viel thermische Leistung, um den Strombedarf zu decken“, so Schmidt: „Ideal wäre aus unserer Sicht eine stärkere Verlagerung des Ausbaus hin zur Windenergie. Am Ende soll das System nicht nur sicher und sauber, sondern auch leistbar sein.“ Oesterreichs Energie plädiert in diesem Zusammenhang für eine enge Synchronisierung von Netz- und Speicherprojekten mit dem Erneuerbaren-Ausbau.
Das AIT Austrian Institute of Technology hat errechnet, dass der NIP in seiner aktuellen Form im Bereich der Verteilernetze zu deutlichen Kostensteigerungen führen würde. „Wir gehen davon aus, dass für die Erreichung dieser Ziele bis 2030 rund 24 Mrd. Euro in die Verteilernetze investiert werden müssten, bis 2040 wären es rund 44 Mrd. Euro“, erklärt Helfried Brunner, Studienautor und Senior Research Engineer am AIT Center for Energy: „Bis 2030 sind das 14,3 Mrd. Euro mehr als ohnehin für den Erhalt der Netze erforderlich ist. Bis 2040 betragen die voraussichtlichen Zusatzinvestitionen 24,7 Mrd. Euro.“ Zusätzlich müssen weitere neun Mrd. Euro in die Übertragungsnetzte investiert werden.
125.000 neue Zählpunkte im letzten Jahr
Davon unabhängig schreitet der Ausbau der Verteilernetze in Österreich mit großen Schritten voran. „Allein im Vorjahr haben die österreichischen Netzbetreiber rund 125.000 neue Zählpunkte errichtet – das ist eine Steigerung von über 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, erklärt Franz Strempfl, Sprecher des Bereichs Netze bei Oesterreichs Energie. Die installierte PV-Leistung mit Netzanschluss konnte im selben Zeitraum um 1.800 Megawatt gesteigert werden. Insgesamt konnten so erstmals mehr als zwei Terawattstunden Strom aus Sonnenenergie erzeugt werden. „Diese Zahlen zeigen, dass es uns gelungen ist, die Kapazität unserer Netze im vergangenen Jahr trotz schwieriger Bedingungen deutlich zu steigern“, so Strempfl. „In den kommenden Jahren wird uns der Ausbau der Verteilernetze aber noch vor deutlich größere Herausforderungen stellen: In vielen Bereichen fehlt uns das entsprechende Personal und wir haben weiterhin mit komplizierten Genehmigungsverfahren und langen Lieferzeiten bei unseren Betriebsmitteln zu kämpfen.“
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