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Cyberattacken verschärfen angespannte Lage im Stromsektor

Im Zuge der Energiewende – und der damit verbundenen Digitalisierung der Netze – stellt das zunehmende Risiko von Cyberattacken die Energieversorger vor Herausforderungen. Verstärkt haben sich diese im Zuge der COVID-19-Pandemie und seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine.
 

Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Stromsektor müssen der kommerzielle Aspekt und der systemtechnische Aspekt bestmöglich zusammenwirken. Das sagte der technische Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, im Rahmen des Oesterreichs Energie Kongress 2022. Auf dem Strommarkt ist laut Christiner schon seit längerer Zeit eine Verknappung der Erzeugungskapazitäten festzustellen. Die E-Wirtschaft habe immer wieder gewarnt, dass es angesichts der über Jahre hinweg niedrigen Strompreise nicht möglich sei, neue Kraftwerke zu finanzieren und zu errichten.

Verschärft habe sich die Lage im Zuge der COVID-19-Pandemie. „Zu dieser Zeit haben manche ideologiegetrieben gemeint, auf thermische Kraftwerke verzichten und die Stromversorgung ausschließlich mit den erneuerbaren Energien bewerkstelligen zu können.“ In der Folge seien Gas- und Kohlekraftwerke aus dem Markt genommen worden: „Nun kommt der Strombedarf zurück, und es fehlen uns Kapazitäten, um ihn zu decken.“ Frankreich beispielsweise werde angesichts der Schwierigkeiten mit seinen Kernkraftwerken Mühe haben, seinen Strombedarf im Winter zu decken. Deutschland habe in mehreren Nachbarländern, darunter auch Österreich, nachgefragt, ob diese zusätzliche Kraftwerksleistung zur Stabilisierung des Stromnetzbetriebs zur Verfügung stellen könnten. Falls im Winter mangels guter Wasserführung die Wasserkraftwerke nur wenig Strom erzeugen könnten und kalte Witterung hinzukomme, könne die Lage europaweit problematisch werden, warnte Christiner.

Die Cybersicherheit komme als „Top-Thema“ zu den geschilderten Herausforderungen hinzu, stellte Christiner klar. Die APG habe diesbezüglich umfassende Vorkehrungen getroffen. Laut Christiner bleiben Bedrohungen aus dem Cyberraum „ein abstraktes Risiko. Man hat nie das Gefühl, man ist sicher“.

Laut Thomas Masicek, dem Senior Vice President Cyber Security der T-SYSTEMS Austria, hat sich die Zahl der Cyberangriffe seit dem Beginn der COVID-19-Pandemie erheblich verstärkt. Die Attacken richten sich zunehmend gegen kleinere Unternehmen, aber auch gegen kritische Infrastruktur. Auch im Zuge des Kriegs in der Ukraine seien verstärkte einschlägige Aktivitäten zu verzeichnen, so Masicek. Schon vor dem russischen Einmarsch seien etliche ukrainische Einrichtungen angegriffen worden, nicht zuletzt im Energie- und im Finanzsektor. Betroffen seien mittlerweile aber auch Institutionen, die sich nicht eindeutig zugunsten Russlands positionieren.

Der Geschäftsführer der Gas Connect Austria (GCA), Stefan Wagenhofer, stellte fest, die Sicherheit der Gasversorgung sei nach gegenwärtigem Stand weiterhin gewährleistet. Zwar gelange weniger Gas aus Russland nach Österreich, dafür aber mehr Gas aus den Anlandehäfen für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Nordwesteuropa. Auch Lieferungen über die Ukraine erfolgen nach wie vor. Ferner liege der Füllstand der heimischen Gasspeicher bei rund 75 Prozent oder 71 Terawattstunden (TWh). In einem normalen Winterhalbjahr würden rund 60 TWh benötigt. Diese seien laut Wagenhofer für die Versorgung österreichischer Kraftwerke, Unternehmen und Betriebe sowie und Haushalte verfügbar.
 

Keine neuen Abhängigkeiten Velina Tchakarova, die Direktorin des Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES) des ehemaligen Verteidigungsministers Werner Fasslabend, ergänzte, Russland führe den Krieg in der Ukraine „auch mit geopolitischen und ökonomischen Mitteln“. Zumindest in den kommenden drei bis fünf Jahren könne Europa nicht auf Erdgas verzichten. Und beim Umstieg auf erneuerbare Energien sei Vorsicht geboten. Für einschlägige Anlagen würden kritische Rohstoffe benötigt. Europa müsse sich hüten, diesbezüglich in eine ähnliche Abhängigkeit zu geraten wie im Erdgasbereich von Russland.

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