Was erwartet die E-Wirtschaft vom ElWG?
Laut Regierungsprogramm soll das Elektrizitätswirtschaftsgesetz noch vor dem Sommer beschlossen werden. Doch sicher ist das nicht. Worauf sich die Politik letztlich einigt, bleibt ebenfalls offen.

Das Papier trägt den Namen „Initiativantrag 198/A der XXVIII. Gesetzgebungsperiode“, wurde am 24. April 2025 im Parlament eingebracht und umfasst 169 Seiten. Der Nationalrat wird darin aufgefordert drei Gesetze zu beschließen: das Bundesgesetz zur Regelung der Elektrizitätswirtschaft (Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ElWG), das Bundesgesetz zur Definition des Begriffs der Energiearmut für die statistische Erfassung und für die Bestimmung von Zielgruppen für Unterstützungsmaßnahmen (Energiearmutsdefinitionsgesetz – EnDG) sowie eine Änderung des Energie-Control-Gesetzes.
Die Zeit drängt
Dass es Leonore Gewessler ist, die den Antrag eingebracht hat, überrascht nicht. Schließlich waren die drei Regelungen Kernprojekte des von ihr bis März dieses Jahres geleiteten Klimaschutzministeriums. Die ersten Arbeiten dazu begannen 2021. Anfang 2024 schickte das Ministerium schließlich einen Begutachtungsentwurf aus, zu einer Beschlussfassung kam es in den folgenden eineinhalb Jahren aber nicht. Was neben Uneinigkeiten in der schwarz-grünen Koalition auch daran lag, dass für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt wird.
Die Energiebranche mahnt ein Gesetz, das die Herausforderungen der Energiewende abbildet, bereits seit Jahren ein. „Wir stecken mitten im größten Umbau des Energiesystems, den wir je erlebt haben. Dementsprechend dringend brauchen wir eine Beschlussfassung“, sagt Michael Strugl, Präsident von Oesterreichs Energie. Doch ob ein Beschluss noch vor der Parlamentssommerpause zustande kommen wird, ist offen. Bis zum 9. Juli müsste dafür eine Mehrheit gefunden werden. Allzu wahrscheinlich ist das laut Branchenkenner:
innen nach aktuellem Stand nicht.
Unterschiedliche Schwerpunkte
Denn auch wenn Anfang Mai beim Trendforum von Oesterreichs Energie Vertreterinnen und Vertreter aller im Parlament vertretenen Parteien die Dringlichkeit eines ElWG-Beschlusses betonten, in einzelnen Punkten ist man sich nach wie vor nicht einig. Die Kanzlerpartei ÖVP drängt zwar auf eine rasche Abstimmung, warnt aber zugleich vor unnötigem Gold Plating. Die SPÖ macht sich Sorgen um die Leistbarkeit von Energie für Einkommensschwache und will in diese Richtung optimieren, die Neos möchten Gleiches für Industrie und Gewerbe erreichen. Und dann muss auch zumindest eine der Oppositionsparteien an Bord geholt werden.
Die Energiebranche steht trotz all dieser Hürden auf dem klaren Standpunkt, dass ein Gesetz vor dem Sommer auf jeden Fall besser ist als kein Gesetz vor dem Sommer. „Wir stehen im Energiebereich vor enormen Herausforderungen. Damit wir diese bewältigen können, brauchen wir rechtliche Klarheit“, sagt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie. „Natürlich gibt es auch aus Sicht der Branche weitere Punkte, die uns wichtig sind und die nicht ideal abgebildet sind: vom Thema der Rechtssicherheit bei Preisanpassungen bis hin zur Entlastung von Speichern. Klar ist aber: Wir wollen, dass das Gesetz möglichst rasch beschlossen wird.“
Kernanliegen der E-Wirtschaft zur ElWG
- Im Interesse von Rechtssicherheit und Planbarkeit fordert die Energiewirtschaft ein gesetzlich verankertes Preisanpassungsrecht auch für Festpreisverträge. Nur so können Lieferanten ihre Beschaffungs- und Vertriebsstrategien verlässlich planen, Mengen- und Preisrisiken angemessen kalkulieren und gleichzeitig faire sowie nachvollziehbare Endkundenpreise gewährleisten.
- Die Auffangversorgung – ein Instrument zur Überbrückung vertragsloser Zustände – soll auf echte Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Voraussetzung dafür ist ein rechtssicheres Preisänderungsrecht, das Kündigungswellen vorbeugt und so die Notwendigkeit der Auffangversorgung deutlich reduziert.
- Auch beim geplanten Sozialtarif für begünstigte Haushalte drängt die Branche auf eine praxisnahe und zielgerichtete Umsetzung. Entscheidend sind eine klare Begrenzung des begünstigten Personenkreises sowie eine vollständige finanzielle Kompensation der Stromlieferanten durch den Bund.
- Bei der Spitzenkappung plädiert die Branche für die Möglichkeit einer dauerhaften Abregelung auf mindestens 70 Prozent der Erzeugungsleistung. Im Jahresschnitt würde dadurch zwar maximal fünf Prozent weniger Energie erzeugt, gleichzeitig entfiele jedoch der kostenintensive Netzausbau auf seltene Lastspitzen.
- Die viertelstündliche Übermittlung von Smart-Meter-Daten wird dort als sinnvoll erachtet, wo sie konkret zur Netzsteuerung und -entlastung beiträgt – etwa bei Kundinnen und Kunden mit einem Jahresverbrauch über 10.000 kWh, Wärmepumpennutzern oder E-Ladepunkten. Eine flächendeckende Verpflichtung hingegen wäre technisch kaum umsetzbar und volkswirtschaftlich fragwürdig. Entscheidend ist eine praxisgerechte Auslegung der Fristen für die Umsetzung.
- Die im Regierungsprogramm vorgesehene Möglichkeit einer monatlichen Abrechnung für Smart-Meter-Kundinnen und -kunden wird von der Branche ausdrücklich begrüßt.
- Nach wie vor eine offene Baustelle bleibt die Frage der netzdienlichen Speicher und ihrer Befreiung von Netzentgelten. Das Gesetz plant, dass Speicher dann befreit werden können, wenn sie systemdienlich sind, was auf eine Einzelfallprüfung hinausläuft und Planungssicherheit verhindert. Um in diesem Zusammenhang Unsicherheiten für Investoren beim dringend notwendigen Ausbau der Speicherinfrastruktur zu vermeiden, muss das Kriterium Systemdienlichkeit ohne unnötigen bürokratischen Aufwand durch Einzelfallprüfungen anzuwenden sein. Weiters muss ein systemdienlicher marktbasierter Betrieb als wesentlicher Beitrag zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität bei der Integration Erneuerbarer Energien berücksichtigt werden.
- Sehr kritisch sieht die Branche schließlich die im ElWG geplanten stärkeren Entscheidungsbefugnisse für die E-Control bei der Festlegung der Netzentgelte. Vor allem die Tatsache, dass die Regulierungsbehörde selbst die Grundsätze der Kostenermittlung festlegen soll und diese nicht mehr im Gesetz festgeschrieben werden, erscheint ihr im Sinne langfristiger Planungssicherheit als kontraproduktiv.
Doch ungeachtet all dessen gilt auch: Wenn das Gesetz nach inzwischen jahrelangem Tauziehen endlich da ist, wird die Erleichterung allein schon wegen der dann klaren Rahmenbedingungen groß sein.

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