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Warum überlegt Griechenland, den Nachtstromtarif tagsüber anzubieten?

Günstigere Nachtstromtarife könnten in Griechenland schon bald auch tagsüber gelten. Wie gut ist die Idee wirklich? Und: Was können wir daraus lernen?

Im Grunde sieht sich Griechenland mit einem ähnlichen Problem konfrontiert wie ganz Europa. Dem Ausbau der PV-Erzeugung stehen zu geringe Netz- und Speicherkapazitäten gegenüber. Was die Lage in Griechenland allerdings verschärft: Aufgrund seiner Randlage hat das Land sehr beschränkte Möglichkeiten, überschüssigen Strom grenzüberschreitend abzuführen. Aufgrund der klimatischen Bedingungen gibt es außerdem auch deutlich mehr Sonnenstunden als in Zentraleuropa. Und: Anders als in Zentraleuropa ist der abendliche Verbrauch in Griechenland im Sommer stärker ausgeprägt als im Winter – unter anderem, weil dann viele Menschen nach Hause kommen und ihre Klimaanlagen einschalten.

Vor diesem Hintergrund hat die Überlegung, den Nachtstromtarif teurer zu machen und den Tagesstrom dafür günstiger anzubieten, ihre Berechtigung. Die Maßnahme wäre dazu geeignet, zumindest einen Teil der Verbräuche in die Zeit mit viel PV-Energieeinspeisung zu verschieben. Sie vernachlässigt allerdings zwei wichtige Punkte. Erstens: Am besten würde ein solches Modell an Feiertagen funktionieren, wenn industrielle Großverbraucher fehlen. An Wochentagen wäre der Effekt viel schwächer.

Paul Kaluza, Senior Vice President Trading bei der EVN AG
„Je weiter die Energiewende voranschreitet, umso wichtiger wird es daher sein, mit flexiblen Tarifen zu arbeiten.“ Paul Kaluza Senior Vice President Trading bei der EVN AG

Der andere Einwand ist die Frage der langfristigen Wirkung. Zwar können ein günstiger fixer Tages- und ein teurer fixer Nachttarif bei hoher Einspeisung tagsüber ein geeignetes Preissignal an die Kundinnen und Kunden senden, um das Netz zu entlasten, solche Tarife sind aber nicht in der Lage, auf kurzfristig geändertes Kundenverhalten und volatile Einspeisung dynamisch zu reagieren. 

Je weiter die Energiewende voranschreitet, umso wichtiger wird es daher sein, mit flexiblen Tarifen zu arbeiten. Es ist gut möglich, dass auch bei solchen Tarifen der Tagesstrom häufig, etwa am Wochenende, günstiger sein würde als der Nachtstrom. Wenn aber an Werktagen der Bedarf auch tagsüber groß ist und die Einspeisung einmal schwächer ausfällt, können flexible Tarife auch diese Situation abbilden.

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