Verdopplung der Erneuerbaren-Erzeugung: Ist das zu schaffen?
Um die Klimaziele von 2030 zu schaffen, muss Österreich seine Erneuerbaren-Erzeugung um 27 TWh steigern. Gemessen an 2020 muss die Erneuerbaren-Produktion bis 2040 verdoppelt werden. Die technische Machbarkeit ist bei diesem gigantischen Vorhaben allerdings nicht das Problem.
Es ist eine Rechnung mit vielen Variablen. Das Gelingen der Energiewende hängt von politischen Rahmenbedingungen ebenso ab wie von der Bereitschaft der Bevölkerung, die grüne Transformation mitzutragen. Es hängt vom Verbraucherverhalten ebenso ab wie von der Nutzung technischer Einsparpotenziale, von der Europapolitik und von den globalen Krisenherden. Doch selbst im optimalen Fall, wenn alle Faktoren, die die Energiewende behindern, so klein wie möglich gehalten werden, bleibt klar: Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist für den Erfolg ein Schlüsselfaktor und muss zügig weitergehen.
Das Potenzial ist da
Um, wie im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz festgeschrieben, den österreichischen Strombedarf bis 2030 über das Jahr gerechnet vollständig aus erneuerbaren Quellen decken zu können, wird die Errichtung von zusätzlichen Erneuerbaren-Kapazitäten im Ausmaß von mindestens 27 Terawattstunden nötig sein. Das wiederum erfordert – gemessen am Jahr 2020 – eine Erhöhung der Erneuerbaren-Leistung von 21 GW auf 45 GW.
Fasst man die Vorgaben für 2040 ins Auge, also die von Österreich bis dorthin angestrebte Klimaneutralität, werden die Erfordernisse noch einmal größer. Die Erneuerbaren-Leistung muss dann bis auf 72 GW fast verdreifacht und die Erneuerbaren-Erzeugung auf 132 TWh mehr als verdoppelt werden.
Die gute Nachricht dabei ist: Technisch ist all das machbar, wie Karl Heinz Gruber, Spartensprecher Erzeugung bei Oesterreichs Energie, erklärt: „Das Ausbaupotenzial, um die für 2030 und 2040 festgeschriebenen Klimaziele zu erreichen, ist definitiv da. Auch bei der in Österreich bereits gut ausgebauten Wasserkraft sind die vorgesehenen 5 TWh bis 2030 und 10 TWh bis 2040 technisch möglich.“
Flächen, Genehmigungen und Lieferketten als Bremsfaktoren
Bei Wind und PV sind die Ausbauziele bis 2030 deutlich höher, bis 2040 wird bei PV eine Steigerung um rund 1.400 Prozent angestrebt, bei Wind immerhin mehr als eine Vervierfachung, doch bei Wind und PV ist auch viel mehr Potenzial da. „Hier ist“, so Gruber, „die entscheidende Frage, ob einerseits die entsprechenden Flächen in Genehmigungsverfahren rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden, und andererseits ob es gelingt, die Lieferketten so weit stabil zu halten, dass der Ausbau funktioniert, und ob die benötigten Fachkräfte verfügbar sein werden.“
Zumindest bei der Frage der Genehmigungen ist Gruber trotz aller Verzögerungen in der Vergangenheit positiv gestimmt. Denn, so seine Hoffnung: Je sichtbarer die unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels werden, je stärker die Wetteranomalien zunehmen, desto größer wird die Akzeptanz dafür werden, dass die Energiewende auch in der Landschaft sichtbar sein wird – in der Form von Windrädern, Wasserkraftwerken oder PV-Freiflächenanlagen.
Diese Akzeptanz wird es auch der Politik leichter machen, jenen Erneuerbaren-Projekten zuzustimmen, die sie heute noch blockiert: „Im Moment haben wir leider oft noch das Problem, dass lokale Entscheidungsträger erneuerbare Energie zwar grundsätzlich befürworten, die entsprechenden Anlagen aber doch lieber außerhalb ihrer Gebiete haben möchten.“
Zielerreichung offen
Die wenig erfreuliche Folge davon: Derzeit liegt Österreich beim Ausbau der Erneuerbaren nicht im Plan. Einzig und allein bei der Wasserkraft ist man derzeit auf einem Pfad, der den Ausbauzielen bis 2030 entspricht. Bei Windkraft wird zwar ein kurzfristiges Wachstum erwartet, das sich aus der Realisierung von Projekten ergibt, die lange Zeit in der Warteschleife waren, langfristig betrachtet sind aber nach wie vor Verzögerungen zu befürchten. Bei Photovoltaik wiederum konnten zwar in den letzten zwei Jahren beeindruckende Zuwächse erreicht werden, hier sind aber fehlende Freiflächen-Zonierungen und überlastete Netze die großen Bremsfaktoren.
Ob die erneuerbare Stromproduktion von 27 TWh erreicht werden kann, die für das Erfüllen der Klimaziele von 2030 unerlässlich ist, bleibt daher offen. Karl Heinz Gruber bringt in diesem Kontext aber auch ein positives Zukunftsszenario ins Spiel: „Es gibt ja diese Wettbewerbe, bei denen Gemeinden darum wetteifern, wer den schönsten Blumenschmuck hat. Ich wünsche mir, dass Zeiten kommen, in denen Gemeinden sich darin messen, wer die meisten kW an erneuerbaren Energien installiert hat.“
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