Startup: Intelligente mobile Wallboxen
Vor neun Jahren hat Susanne Palli go-e mitgegründet. Nach schwierigen Anfangsjahren und einer revolutionären Produktumstellung zählt das Unternehmen heute europaweit zu den Top-Playern bei intelligenten mobilen Wallboxen.
Der Weg nach Kärnten war der Weg in die Gründerkarriere. Als Susanne Palli 2009 von Murau nach Klagenfurt zog um Betriebswirtschaft zu studieren, wusste sie das noch nicht. Im Laufe ihres Studiums wurde es für die Obersteirerin aber ganz klar: Am liebsten möchte sie selbst Unternehmerin werden, etwas ganz Neues, Eigenes aufziehen. Dass sie sich während des Studiums für den Schwerpunkt Entrepreneurship entschieden hat, war bereits ein klares Vorzeichen dafür.
Und dann kam wie so oft der Zufall ins Spiel. Palli sah sich als frisch gebackene Betriebswirtin nach Jobs um und traf dabei auf Peter Pötzi und Frank Fox. Die beiden hatten damals – wir schreiben das Jahr 2015 – die Idee, einen Nachrüstsatz auf den Markt zu bringen, mit dessen Hilfe normale Räder auf E-Antrieb umgestellt werden konnten. Die Gründung von go-e erfolgte im Oktober 2015 im Kärntner Feldkirchen. Anfang 2016, Palli war da schon mit an Bord, war man marktreif.
Hartnäckigkeit und Teamgeist
Wenn sie heute auf diese Zeit zurückblickt, merke sie vor allem eins, erzählt Palli: „Wir haben damals als Team einen Spirit, ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Hartnäckigkeit entwickelt, die uns bis heute tragen.“
Das war auch dringend notwendig. Denn kommerziell betrachtet zeigten sich die ersten zwei Jahre nach der Gründung nicht gerade von rauschenden Erfolgen geprägt. „Im Sommer lief das Geschäft ziemlich gut, im Winter interessierte sich aber niemand für unsere Nachrüstsätze“, erinnert sich Palli.
Die Wende kam, als Mitgründer Peter Pötzi beschloss, sich ein E-Auto zu kaufen und auf dem Markt keine passende Wallbox fand, um das Fahrzeug bequem und intelligent zuhause laden zu können. Und weil Pötzi jemand ist, der sich die Dinge, die er braucht, am liebsten selbst baut, begann er an einer Ladestation zu tüfteln.
Susanne Palli (34)
stammt aus der Obersteiermark und hat in Klagenfurt BWL studiert. Wenige Monate nach Studienabschluss war sie gemeinsam mit Peter Pötzi und Frank Fox Gründerin von go-e, ein Unternehmen, das zuerst Nachrüstsätze zum Umbau von normalen Fahrrädern auf E-Bikes anbot und heute zu den europaweit führenden Anbietern von mobilen intelligenten Wallboxen gehört. Seit 2021 fungiert sie als CEO, während Peter Pötzi als Product Owner, CTO und CIO die technischen Agenden betreut. Mit Fronius hat go-e inzwischen auch einen strategischen Partner gewonnen.
Der Prototyp, der dabei entstand, war am Ende so überzeugend, dass sich die go-e-Gründer für einen Produktwechsel entschieden: Statt Nachrüstsätze für Fahrräder anzubieten, beschlossen sie, eine mobile, smarte Wallbox zu fertigen und zu verkaufen. „Da haben wir wirklich den richtigen Zeitpunkt erwischt“, sagt Palli heute. „Wir waren die ersten weltweit, die mit einem solchen Produkt auf den Markt kamen. Die Elektromobilität stand damals erst am Anfang, die Kunden waren genauso Pioniere wie wir und so gab es einen regen Austausch, von dem wir ganz stark profitiert haben.“
Updates, Updates, Updates
Inzwischen befindet sich die Wallbox in der fünften Hardware-Version. Auf neue Funktionen, die laufend eingeführt werden, müssen aber auch die Nutzerinnen und Nutzer älterer Modelle nicht verzichten. Denn auch die Vorgänger-Boxen sind update-fähig. Was sich übrigens nicht nur aus dem Nachhaltigkeitsgedanken speist, sondern auch aus dem Geschäftsmodell. Schließlich besteht der Kern der Lösung von go-e in einer Software, die beispielsweise dafür sorgt, dass die Wallbox den individuellen Stromtarif der:des Kundin:Kunden berücksichtigt und immer dann ladet, wenn es am günstigsten ist. Daneben spielt dynamisches Lastmanagement sowie PV-Überschussladen mit den go-e Controllern eine große Rolle.
Rund 1.300 Stromtarife europaweit hat go-e inzwischen integriert, ständig kommen neue dazu. Zugleich widmet sich das Unternehmen aber auch verstärkt dem Energiemanagement-Thema: „Je mehr E-Autos unterwegs sind, je mehr volatiler Strom eingespeist wird, desto wichtiger wird diese Frage“, sagt Palli. „Egal, ob es um Firmenflotten geht oder darum, in einem Mehrparteienhaus einen Weg zu finden, damit alle ihre Fahrzeuge laden können. Unsere Wallboxen sind inzwischen mit rund zwanzig Energiemanagement- und Backend-Systemen kompatibel, weitere fünfzig befinden sich in der Pipeline.“
Kärnten, Steiermark, Berlin, Schweden
Dementsprechend weit oben steht die Entwicklung auf der Prioritätenliste des Unternehmens. Von den aktuell etwas mehr als hundert Beschäftigten arbeitet rund ein Drittel in diesem Bereich, wobei viele der Software-Ingenieur:innen am Berliner sowie am Grazer Standort werken. Produziert wird hingegen in Kärnten - derzeit noch in Feldkirchen in einer angemieteten Halle. Ein Wechsel ins benachbarte St. Veit steht aber in den kommenden Jahren bevor. Dann wird go-e in eine eigene, extra auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnittene, Örtlichkeit umziehen. Seit dem Vorjahr gibt es auch ein Office in Schweden, weitere in verschiedenen Städten in Europa sollen folgen.
„All das zeigt, wie stark wir in den letzten Jahren gewachsen sind. Seit 2019 haben wir den Umsatz vervierfacht, die Mitarbeiterzahl mehr als verdoppelt. Bis 2019 habe ich alle Kunden selbst betreut und war daneben auch noch für das Personal und Finanzen verantwortlich“, erzählt Palli. „Inzwischen wäre das unmöglich.“
Seit rund drei Jahren ist sie als Geschäftsführerin für die großen strategischen Themen zuständig. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie ihre Hands-on-Mentalität verloren hätte. Im Gegenteil: Die letzten Monate verbrachte Palli vor allem in Schweden und half dort mit, die schwedische Niederlassung zum Laufen zu bringen: „Zuerst war ich drei Wochen im Monat in Stockholm, dann zwei, schließlich nur noch eine und inzwischen ist dies nur noch sporadisch der Fall und die Kollegen und Kolleginnen kommen vor Ort auch ohne mich bestens zurecht.“
Das Unternehmen
go-e
Sitz: Feldkirchen
Gründung: 2016
Märkte: Österreich, Deutschland, Schweiz, Skandinavien, Belgien, Niederlande, Großbritannien, Italien, Frankreich, Türkei
Geschäftsmodell: mobile und fixe intelligente Lösungen für das Laden von E-Fahrzeugen
Exotische Destination
Dass Palli sich so umfassend um den Aufbau des schwedischen Standortes kümmerte, hat zwei Gründe. Zum einen, sagt sie, sei das nach wie vor etwas, was sie liebe: Dinge von null weg zu gestalten. Das konnte sie in Schweden wieder einmal ausgiebig tun.
Zum anderen ist Schweden für go-e strategisch ein zentraler Ort: „Wir sind im DACH-Raum sehr stark, in Deutschland sind wir im Bereich der Home-Charger sogar Marktführer. In anderen Ländern wie Österreich, Schweden, Finnland, Luxemburg und der Schweiz haben wir mittlerweile sehr gute Marktanteile. Das wollen wir weiter ausbauen und der skandinavische Markt spielt dabei eine wichtige Rolle“. Ebenfalls auf der Expansionsliste stehen aber auch Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Frankreich und Italien.
Exotisch mutet indessen ein anderer Markt an, den go-e bearbeitet: die Türkei. Ja, das war seinerzeit tatsächlich kein typischer Zielmarkt für E-Mobilität, sagt Palli. Dass man dort dennoch gut verankert ist und in Istanbul und Ankara sogar zwei Shops exisitieren, die ausschließlich go-e-Ware und Zubehör vertreiben, verdanke man einem Zufall: Eine Zeit lang hatte go-e in Kärnten ein Büro, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft auch ein Tonerkartuschen-Unternehmer angesiedelt war, der unter anderem Kundinnen und Kunden in der Türkei bediente. Testweise nutzte go-e diese Verbindung und schickte mit einer Ladung Kartuschen ein paar Wallboxen mit.
Und dann geschah das Unerwartete: Sie waren binnen kürzester Zeit verkauft. „Der Vertreter vor Ort, der inzwischen unser Distributor für die Türkei ist, hat sich als ein Verkaufsgenie erwiesen. Ich glaube, er kann wirklich fast jedes Produkt an den Mann und die Frau bringen“, sagt Palli. Und sie ergänzt: Auch wenn die Türkei für go-e nicht der größte Umsatzbringer sei, spannend ist das Geschäft allemal. „Ich fühle mich da oft in unsere Anfangszeiten versetzt. In der Türkei gibt es bezüglich E-Mobilität noch einen sehr großen Erklärungsbedarf, das Thema ist neu, zugleich ist der Kundenkontakt deshalb aber auch sehr intensiv. Und wie in unserer Anfangszeit bekommen wir dabei immer wieder Rückmeldungen, die uns helfen, unsere Wallboxen noch besser zu machen.“
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