Reden wir über Strom

Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie klärt in unserer neuen Kommentarreihe, die auch in Kronen Zeitung veröffentlicht wird, wichtige Fragen rund um das Thema Strom.
Stromgesetz, zu guter Letzt
20.12.2025
Mehr als zwei Jahre haben wir über das Elektrizitätswirtschaftsgesetz diskutiert. Zwei Jahre, in einer Zeit, in der sich einerseits unser Stromsystem im Eiltempo weiterentwickelt hat und gleichzeitig die Anforderungen daran massiv gestiegen sind. Darum ist der Beschluss dieses Gesetzes vor allem eines: überfällig. Die E-Wirtschaft bekommt damit endlich die notwendige Klarheit. Das ElWG regelt viele offene Punkte: Es bringt klarere Spielregeln bei Vertragsänderungen, Anreize zur flexiblen Nutzung der Netze, Spitzenkappung bei Einspeisung, die es ermöglicht die vorhandenen Kapazitäten noch besser auszulasten, detailliertere Smart Meter Daten und digitale Rechnungen für Kundinnen und Kunden. All das sind wichtige Schritte hin zu einem effizienteren und kundenorientierteren Stromsystem. In einem Punkt wird das neue Gesetz die hohen Erwartungen aber wohl enttäuschen: auch wenn man es noch so oft wiederholt – allein dadurch sinken Strompreise nicht. Die Modernisierung des Energiesystems ist das größte Ausbauprojekt der Zweiten Republik. Dabei geht es um zehntausende neue Kraftwerke, Speicher und mindestens ebenso viele Kilometer Kabel. Ist dieser Ausbau einmal bewältigt, sinken nicht nur die Preise – unser Energiesystem wird dadurch auch widerstandsfähiger und unabhängiger. Dafür hat das neue Gesetz nun die Voraussetzungen geschaffen.
Weihnachten unter Strom
13.12.2025
Es duftet nach frischen Keksen, der Backofen brummt und vor dem Fenster strahlt die Weihnachtsbeleuchtung. Trotz aller Herausforderungen bleibt eines auch heuer in der Vorweihnachtszeit unverändert: Das ganze Land kann sich nahezu hundertprozentig darauf verlassen, dass der Strom fließt. Letztes Jahr musste ein Haushalt im Durchschnitt nur 23,41 Minuten ungeplant auf Strom verzichten – das ist im internationalen Vergleich ein absoluter Spitzenwert! Aber das ist nicht selbstverständlich – tagtäglich arbeiten rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der E-Wirtschaft daran, dass wir jederzeit zuverlässig mit Strom versorgt sind. Damit das so bleibt, investiert die Branche in die Zukunft des Energiesystems und schafft zugleich 100.000 Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Land. Auch in den kommenden Jahrzehnten wird es große Anstrengungen brauchen, denn der Strombedarf wird deutlich steigen und die Anforderungen an das Stromsystem wachsen. Damit das Netz weiterhin so stabil bleibt, werden Leitungen verstärkt, neue Speicher gebaut und digitale Steuerungssysteme entwickelt. Dass wir auf eine sichere Versorgung zählen können, ist kein Zufall, sondern das Ergebnis vorausschauender Planung und hoher Investitionen. Ein Blackout wie in Spanien im vergangenen Frühjahr darf nicht passieren. Versorgungssicherheit ist kein Weihnachtswunder – sie ist ein wertvolles Gut, das es zu erhalten gilt.
Strom macht unabhängiger
6.12.2025
In den vergangenen Tagen ist wieder Bewegung in die ukrainischen Friedensverhandlungen gekommen. Das spürt man auch auf den Energiemärkten: Die Preise für Gas und Öl geben nach. Doch selbst wenn die Waffen irgendwann schweigen sollten: das Vertrauen in die russischen Gaslieferungen ist zerstört. Die vergangenen Jahre haben uns weltweit eindringlich gezeigt, wie schnell bei Öl und Gas aus Energieträgern politische Druckmittel werden – und wie empfindlich die Preise darauf reagieren. Das sollten wir uns auch bei vermeintlich verlässlichen Partnern immer vor Augen führen. Gerade für ein Land wie Österreich ist der konsequente Ausbau der Erneuerbaren daher eine Frage der Sicherheit – und damit eine der politischen und wirtschaftlichen Vernunft. Bereits jetzt stammen über 90 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Quellen. Doch das ist nicht das ganze Bild. Noch immer brauchen wir vor allem im Winter viel zu oft Gaskraftwerke, die den Strompreis treiben. Wenn wir unabhängiger werden wollen, müssen wir den Umbau unseres Energiesystems konsequent vorantreiben – weg von Energieimporten, hin zu mehr eigener Erzeugung, verbunden durch moderne Netze und gepuffert durch leistungsfähige Speicher. Dafür müssen wir jetzt investieren – denn die Energie, die wir selbst erzeugen, ist langfristig der beste Garant für leistbare Preise und eine hohe Versorgungssicherheit.
Resilienz statt Rabatte
29.11.2025
Die Regierung hat ein grundsätzlich vernünftiges Strommarktgesetz vorgelegt. Inhaltlich geht dabei Vieles in die richtige Richtung: Vorhandene Kapazitäten sollen künftig noch besser genutzt, netzdienliches Verhalten belohnt und kluge Anreize für Investitionen geschaffen werden. Zugegeben, noch nicht alles ist ideal – insbesondere die noch stärkere Belastung von Stromerzeugern durch Netztarife lehnen wir weiterhin ab. Sie würden Stromimporte begünstigen und den Erneuerbaren-Ausbau bremsen ohne Kunden nachhaltig zu entlasten. Insgesamt kann das neue Gesetz aber einen wichtigen Beitrag leisten, um die Kosten für die Modernisierung unseres Energiesystems im Rahmen zu halten. Was diesem Vorhaben aber in keinster Weise gerecht wird, ist sein neuer Name: „Günstiger-Strom-Gesetz“ – denn billiger wird der Strom dadurch sicher nicht. Wie auch? Wir befinden uns mitten im größten Umbau, den unser Energiesystem bislang gesehen hat. Er macht uns unabhängiger und widerstandsfähiger. Er stärkt unsere Versorgungssicherheit und unseren Wirtschaftsstandort. Er schafft Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Land. Wer aber heute Billigstrom für morgen verspricht, schafft Erwartungen, die sich nicht erfüllen werden. Das größte Infrastrukturprojekt unserer Zeit ist eine Chance. Es ist eine Investition in unsere Zukunft – und die findet man üblicherweise nicht im Sonderangebotsregal.


