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Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz: Die heiße Phase

Die Energiewirtschaft kann mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die Energiewende planen. Der Tenor der Branche: Der Entwurf des Gesetzes kommt einem großen Wurf ziemlich nahe. Doch gerade wo viel Licht ist, ist auch noch der eine oder andere Schatten.

Noch steht nicht fest, wann das Paket um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) in Kraft tritt. Die Verhandlungen auf parlamentarischer Ebene sind im Gang. Wie sie mehrfach bekundete, strebt die Regierung an, das Paket noch vor dem Sommer zu finalisieren. Aus Sicht von Oesterreichs Energie ist dabei klar: Sollten sich im Zuge der Behandlung im Nationalrat keine weitgehenden negativen Änderungen ergeben, kommt der Vorschlag der Bundesregierung dem angestrebten „großen Wurf“ sehr nahe. Zwar enthält dieser noch manche durchaus kritisch zu betrachtende Bestimmung. Doch wurden auch etliche der wichtigsten Kernforderungen der österreichischen E-Wirtschaft erfüllt, zeigt eine aktuelle Analyse. Beim Kongress von Oesterreichs Energie konstatierte Verbandspräsident Michael Strugl: „Ich gebe dem Entwurf ein ‚Gut‘. Die Bundesregierung hat die richtige Richtung eingeschlagen, wenngleich es bei viel Licht natürlich auch Schatten gibt.“

Michael Strugl
„Ich würde dem Entwurf ein ‚Gut‘ geben.“ Michael Strugl Präsident von Oesterreichs Energie

Insbesondere sind in dem Entwurf technologiespezifische Förderungen für die einzelnen erneuerbaren Energien vorgesehen, von der Wasserkraft bis zur Biomasse. Gerade dies war eines der wesentlichsten Anliegen von Oesterreichs Energie, da nur so den unterschiedlichen Erzeugungstechnologien Rechnung getragen werden kann. Auch erfolgt die Ökostromförderung mithilfe flexibler Marktprämien sowie mit Investitionszuschüssen. Dies wird von Oesterreichs Energie als effiziente Möglichkeit der Unterstützung der „Erneuerbaren“ begrüßt. Kritisch sieht die E-Wirtschaft indessen die Begrenzung der Fördermittel mit einer Milliarde Euro pro Jahr gedeckelt im Durchschnitt dreier aufeinanderfolgender Kalenderjahre. Für den Fall einer Überschreitung ist vorgesehen, die jährlich zur Verfügung stehenden Mittel für jede Technologie und Förderart bis 2030 anteilig um den Prozentsatz der Überschreitung zu kürzen. Das Problem: Es gibt keinerlei Möglichkeit, die Kürzungen wieder rückgängig zu machen. Überdies sind die Fristen für die Inbetriebnahme neuer Anlagen zu kurz. So müssen Wasserkraftwerke binnen zwei Jahren nach Genehmigung der Förderung in Betrieb gehen, wobei eine Fristerstreckung um zwei Jahre sowie in Ausnahmefällen eine weitere Verlängerung um ein Jahr vorgesehen ist. Oesterreichs Energie fordert bei allen Technologien eine Verlängerung der Inbetriebnahmefristen. „Zudem sollte eine Beeinspruchung durch Rechtsmittel eine Aussetzung der Fristen zur Folge haben“, heißt es in der Analyse.

Erneuerbare Energien
© AdobeStock/Peter Varga
Herausforderungen für die Wasserkraft.

Stichwort Wasserkraft: Laut dem Entwurf soll die Förderung von Neubauten, aber auch jene von Erweiterungen sowie Revitalisierungen bestehender Anlagen mittels administrativ festgelegter Marktprämien erfolgen. Dies wird von Oesterreichs Energie begrüßt. Empfehlenswert wäre freilich, die Obergrenze für förderungswürdige Revitalisierungen von zehn auf 25 MW anzuheben. Bereits im Zuge der Begutachtung im vergangenen Herbst äußerte Oesterreichs Energie ferner Bedenken hinsichtlich der ökologischen Ausschlusskriterien für die Förderfähigkeit. Bedauerlich ist, dass diese Kriterien nunmehr auch bei Revitalisierungen zum Tragen kommen werden. Laut der Analyse werde dies von Oesterreichs Energie abgelehnt, weil es „eine weitere Einschränkung im Hinblick auf die Erreichung der Ausbauziele bedeutet und die Sicherung des Bestandes gefährdet“.

Generell finden sich im Entwurf für alle Größenordnungen von Kraftwerken weitere Hürden für die Förderung von Revitalisierungen, die inhaltlich kaum nachvollziehbar sind. Um das Ausbauziel zu erreichen, bzw. auch um den Bestand zu sichern, müssen diese Zugangshürden zur Förderung beseitigt werden.
 

Photovoltaik gute Grundlage mit Anpassungsbedarf.

Hinsichtlich der Photovoltaik betrachtet die E-Wirtschaft den Regierungsentwurf als gute Grundlage, um den PV-Ausbau in Österreich anzukurbeln. Hinderlich ist jedoch, dass sowohl die Marktprämien als auch die Investitionszuschüsse mit einem Abschlag von 25 Prozent versehen werden, wenn die Anlagen im Grünland oder auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden. Hier gilt es, bei den Kriterien nachzuschärfen und den Abschlag auf höchstens zehn Prozent zu reduzieren.
Was die Windkraft anbelangt, begrüßt Oesterreichs Energie grundsätzlich die Förderung mit nach Standort differenzierten Marktprämien. Eine detaillierte Einschätzung ist allerdings erst nach Vorliegen der diesbezüglichen Verordnungen möglich, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das EAG-Paket bereits in Kraft ist.

In Bezug auf die Biomasse begrüßt Oesterreichs Energie die Maßnahmen zum Erhalt des Anlagenbestandes, die eine der Kernforderungen der E-Wirtschaft darstellten.

Als weitestgehend positiv erachtet die Branche ferner die Förderung von Elektrolyseanlagen zur Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff mit 50 Millionen Euro pro Jahr, wobei hier noch viele Details insbesondere zur Finanzierung zu klären sind. Besonders erfreulich ist, dass die Elektrolyseure sowie Pumpspeicher für 15 Jahre von den Netzentgelten befreit werden sollen.

Energiegemeinschaften; Stadt von oben
© AdobeStock/metamorworks

Energiegemeinschaften: Bitte kein Netzbetrieb.

Hinsichtlich der neu einzurichtenden Energiegemeinschaften zeigt sich ein differenziertes Bild. Als wenig hilfreich erachtet Oesterreichs Energie, dass „Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften“ die Stromnetze bis zur Mittelspannungssammelschiene auf der Netzebene 4 in Anspruch nehmen dürfen. Wünschenswert wäre eine Begrenzung auf Teilabschnitte der Mittelspannungsabzweige auf der Netzebene 5. Abzulehnen ist auch, dass Energiegemeinschaften Stromnetze besitzen und betreiben dürfen. Problematisch ist ebenfalls, dass die Mitgliedschaft an einer Erneuerbaren-Energiegemeinschaft Erzeugungsanlagen nur dann offen steht, wenn sie nicht von einem Energieversorger oder Lieferanten kontrolliert werden. Kritisch ist weiters die Möglichkeit, ab 1.1.2022 mit ein und derselben Anlage an mehreren Energiegemeinschaften teilzunehmen.

Dies führe laut Oesterreichs Energie „zu Zirkelbezügen, durch die das Marktmodell nicht mehr funktioniert und die eine Abrechnung und Zuordnung der eigenerzeugten Energie nicht mehr zulassen. Die Abrechnungssysteme können die Komplexität einer Mehrfachteilnahme nicht beherrschen.“ Nicht zuletzt ist das Thema der ausreichenden Möglichkeiten der Umsetzung der neuen Regelungen in der Praxis hervorzuheben. Ein stufenweises Vorgehen ist erforderlich und Übergangsfristen vorzusehen, damit die Voraussetzungen für das Funktionieren der Gemeinschaften für alle Marktteilnehmer, Mitglieder und Kunden geschaffen werden können.
 

„NIP“ zu begrüßen.

Grundsätzlich zu begrüßen ist nach Ansicht der E-Wirtschaft der Integrierte Netzinfrastrukturplan (NIP). Dieser soll den aktuellen Infrastrukturbestand sowie die voraussichtliche Entwicklung des Energiebedarfs und der zu seiner Deckung nötigen Kraftwerke, Netze und Speicher beinhalten. Für die Sektorkopplung wäre es hilfreich, wenn die Verteilernetze für Strom und Erdgas in dem Plan nicht berücksichtigt werden müssten. Stattdessen sollte sich der Plan nur auf die Spannungsebenen ab 110 kV sowie auf die Gasfernleitungen beziehen, wie dies im Begutachtungsentwurf vom Herbst vorgesehen war. Ferner war vorgesehen, den Marktgebietsmanager sowie die Übertragungsnetzbetreiber in die Erstellung des NIP einzubinden. Der nun in Verhandlung befindliche Entwurf der Bundesregierung enthält diese Bestimmung nicht mehr. Sie sollte wieder aufgenommen werden.

Das EAG: Ein (vorläufiges) Fazit

Begrüßenswert ist die technologiespezifische Förderung mit einem Schwerpunkt auf Marktprämien. Allerdings müssen noch einige wesentliche Zugangshürden zur Förderung beseitigt werden, um den Ausbau im beabsichtigten Umfang erreichen zu können, so etwa beim zu restriktiven Zugang zur Förderung der Revitalisierung bei der Wasserkraft und der unzweckmäßigen Definition von PV-Freiflächen. Vollständig wird die Förderkulisse allerdings erst mit den EAG-Verordnungen, die über die konkreten Anreize zur Investition in die Anlagen entscheiden. 

Abzulehnen ist, dass Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften Stromnetze besitzen und betreiben dürfen. Problematisch ist die Möglichkeit, Stromnetze bis zur Netzebene 4 in Anspruch zu nehmen. Sinnvoll wäre eine Begrenzung auf Teilabschnitte der Mittelspannungsabzweige auf der Netzebene 5. Auch sollte mit 1.1.2022 nicht gestattet werden, mit einer Verbrauchs- oder Erzeugungsanlage an mehreren EGs teilzunehmen, da sonst Zirkelbezüge das Marktmodell außer Kraft setzen können. Ausreichende Umsetzungsfristen sind nötig.

Wesentlich für den sicheren Netzbetrieb wäre, die Betreiber von Ökostromanlagen mit bis zu 250 kW Leistung zu verpflichten,  Ansteuerungseinrichtungen zur zeitweisen Leistungseinschränkung zu errichten. Alternativ sollte der Netzbetreiber mit ihnen eine generelle Einschränkung der Einspeisung auf 70% der installierten Leistung vereinbaren können. Dadurch ließen sich in der bestehenden Netzinfrastruktur etwa 20% mehr PV-Anschlusskapazität bereitstellen. Dies würde bedeuten, 38% mehr Energie einspeisen zu können. Der integrierte Netzinfrastrukturplan sollte sich nur auf die Spannungsebenen ab 110 kV sowie auf die Gasfernleitungen
beziehen, nicht aber auf die Verteilernetze.

Überschießende Umsetzung.

Hinterfragt wird die Sinnhaftigkeit der Bestimmung, dass die Netzbetreiber (NB) verpflichtet würden, „verfügbare und gebuchte Kapazitäten je Umspannwerk zu veröffentlichen und pro Quartal zu aktualisieren“, da diese Kapazität keine Aussage über die tatsächliche Kapazität am gewünschten Netzanschlusspunkt für die neue Erzeugungsanlage gebe. Für inakzeptabel hält die Branche auch das Recht der Regulierungsbehörde, den Netzbetreibern eine Methode zur Kapazitätsberechnung vorzuschreiben, „ohne an den von den NB verpflichtend einzubringenden Vorschlag gebunden“ zu sein. 

Kritik übt Oesterreichs Energie weiters an der geplanten Pauschalierung der Netzzutrittsentgelte. Sie läuft darauf hinaus, neue Ökostromanlagen jedenfalls an die Stromnetze anschließen zu müssen, auch wenn dafür die Netze verstärkt werden müssen. Die Kosten für die Herstellung und den Betrieb der notwendigen Infrastruktur hätten mangels ausreichend hoher Netzzutrittsentgelte die Stromkunden zu zahlen, da einspeisende Netzkunden weitestgehend durch die Pauschalen von der Kostentragung befreit sind. Das führe zu „volkswirtschaftlichen Fehlallokationen“. Jedenfalls im Gesetz verankert werden muss, dass die Festlegung der Eigentumsgrenze bzw. des technisch geeigneten Anschlusspunktes sowie der Netzebenen durch den Netzbetreiber erfolgt.

Diskussionsbedarf sieht die E-Wirtschaft ferner, was die geplanten Bestimmungen zur Stromkennzeichnung betrifft. Zwar bekennt sich die Branche, wie bewiesen, zur Transparenz der Stromrechnungen und damit auch der Stromkennzeichnung. Doch die Vorgaben im Entwurf des EAG-Pakets gehen weit über die EU-rechtlichen Anforderungen hinaus. Auch wären sie mit einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand verbunden, ohne erkennbaren Nutzen zu liefern.
 

Allgemeine Lieferbedingungen – gesetzliche Regelung erforderlich.

Klar zu bemängeln ist für Oesterreichs Energie, dass das EAG-Paket das wichtige Thema „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ nicht behandelt. „Es fehlen derzeit klare gesetzliche Vorgaben für die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Thema Preisänderungen. Durch aktuelle höchstgerichtliche Judikatur ist weiterhin Rechtsunsicherheit gegeben und daher eine Lösung auf gesetzlicher Basis erforderlich“, heißt es in der Analyse.