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Energiemangellage: Übung im Krisenmodus

Was ist zu tun, wenn Gas und Strom knapp werden? In einer großangelegten Krisenübung auf Initiative von Oesterreichs Energie gemeinsam mit dem Fachverband Gas Wärme und dem Klimaschutzministerium probten Akteure aus der Energiewirtschaft den Ernstfall.

Krisenübung Energiemangellage: Österreich ist gut gerüstet.
Krisenübung Energiemangellage: Österreich ist gut gerüstet.

Der Tag, an dem der Notfall eintritt, könnte überaus freundlich sein: mildes Frühlingswetter, dezenter Sonnenschein. Doch nach einem kalten Winter sind die Gasspeicher in Österreich nur noch zu einem Viertel gefüllt. Gemeinsam mit der Produktion aus erneuerbarer Energie würde das im Normalfall allerdings immer noch reichen, um die Versorgung im Land sicherzustellen. 

Doch zu den knappen Gasvorräten kommen noch weitere, überaus dramatische Umstände hinzu: Aufgrund der Kriegshandlungen in der Ukraine gelangt über die Ukraine-Route gar kein Gas mehr nach Österreich und ein Infrastruktur-Gebrechen schneidet auch noch den Zugang zu den in Oberösterreich eingelagerten Gasreserven ab.

Das führt zu einer Energiemangellage, zusätzlich kommt noch ein Solidaritätsansuchen aus Deutschland, das nicht mehr genug eigenes Gas zur Verfügung hat. In dieser Situation macht die deutsche Bundesregierung von einem auf dem europäischen Recht basierenden Abkommen Gebrauch, in dem sich Österreich und Deutschland bei Energienot zur gegenseitigen Hilfe verpflichten.  
 

Positive Kernbotschaft

So lauteten in groben Zügen die Grundannahmen einer Krisenübung, die das Bundesministerium für Klimaschutz gemeinsam mit vielen anderen direkt betroffenen Stakeholdern im November in den Räumlichkeiten der Wiener Netze durchgeführt hat. „Wir haben schon im Vorjahr den Krisenfall einer Gasmangellage durchgespielt. Heuer haben wir ein Szenario gewählt, in dem die Gasknappheit auch auf den Stromsektor durchschlägt“, erklärt Jürgen Schneider, Leiter der Sektion Klima und Energie im Bundesministerium für Klimaschutz. 

Jürgen Schneider,  Sektionschef. Leiter der Sektion „Klima und Energie“
„Wenn sich eine Mangellage aufbaut, geht es um Schadens­begrenzung. Dann muss die Kommunikation schnell und einwandfrei funktionieren.“ Jürgen Schneider Leiter der Sektion Klima und Energie im Bundesministerium für Klimaschutz

Und er fügt gleich hinzu: „Die Tatsache, dass wir, um eine Mangellage zu simulieren, ein Zusammentreffen von mehreren, sehr schwerwiegenden Zwischenfällen annehmen mussten, ist eine positive Botschaft. Denn sie zeigt: Es bedarf schon einer Verkettung von mehreren dramatischen Ereignissen, damit die Energieversorgung in Österreich in Gefahr gerät.“ Üben, sagt Schneider, müsse man einen solchen Fall aber trotzdem.
Und so fanden sich Mitte November in Wien alle wesentlichen Akteure zusammen, die bei einer Energiemangellage in Aktion treten müssen: Neben Vertretern des Bundesministeriums für Klimaschutz betrifft das Vertreter der E-Control, der APG, der AGGM, der Bilanzierungsstellen AGCS und APCS sowie Vertreter der Mitgliedsunternehmen aus dem Fachverband Gas und Wärme und von Oesterreichs Energie.  
 

Für den Notfall gerüstet

Die Benefits, die aus einer solchen Planübung mitgenommen werden können, haben nicht nur mit Technik und Logistik zu tun, sondern auch mit Kommunikation. Schon die Tatsache, dass dabei alle für den Krisenfall relevanten Personen einander kennenlernen und ihre Kontaktdaten austauschen, kann im Ernstfall von unschätzbarem Wert sein. „Wenn sich eine Mangellage aufbaut, geht es um Schadensbegrenzung. Dann muss die Kommunikation schnell und einwandfrei funktionieren“, sagt Jürgen Schneider.

Übrigens nicht nur unter den handelnden Personen selbst, sondern auch nach außen. Schließlich ist in einer Krisensituation das Informationsbedürfnis der Bevölkerung ebenso groß wie die Verunsicherung. Zu gewährleisten, dass dann alle am Krisenmanagement Beteiligten mit einer Stimme sprechen würden, sei etwas, woran man im Rahmen der Übung gearbeitet habe, und das weiterverfolgt werden solle, sagt Schneider.

Die Aufgabe ist ja auch alles andere als trivial: Es geht dabei schließlich nicht bloß darum, dass keine widersprüchlichen Botschaften verbreitet werden, sondern auch darum, Formulierungen zu finden, die so klar und eindeutig sind, dass sie möglichst wenig Spielraum für Mutmaßungen, Gerüchte oder sonstige Fehlinterpretationen lassen.
 

Klare Erkenntnisse

Nach intensiven Übungsstunden ist inzwischen für alle daran Beteiligten klar: Österreich zeigt sich für eine etwaige Energiemangellage sehr gut gerüstet. Die in den Einsatzplänen und rechtlichen Rahmenbedingungen festgeschriebenen Routinen funktionieren zuverlässig.

Was freilich nicht bedeutet, dass gar keine Stellschrauben existieren würden, an denen gedreht werden könnte. „Eine derart intensive Krisenvorbereitung, wie sie seit Februar stattfindet, hat es nie zuvor gegeben. Trotzdem können immer noch Dinge verbessert werden. Die Erfahrungen der heutigen Übung helfen uns, unsere Abläufe noch weiter zu optimieren“, betonen etwa die Vorstände der E-Control, Alfons Haber und Wolfgang Urbantschitsch.

Unter anderem wurde im Rahmen der Übung diskutiert, welche organisatorischen Anpassungen nötig wären, um eine Energiemangellage noch effizienter managen zu können. Einer der Punkte dabei: Die Verbrauchskontingente werden im Krisenfall von den Ländern zugeteilt, die Ländergrenzen stimmen aber nicht immer mit den Netzgebieten überein. Hier gilt es, einen guten Weg zu finden, um diese Situation zu meistern.
 

Kommunikation mit Industrie

Durchgespielt wurden aber auch konkrete Maßnahmen, mit deren Hilfe man das Worst-Case-Szenario, nämlich die Notwendigkeit, einzelne Verbraucher vom Netz zu trennen, verhindern kann. Auch dabei spielt Kommunikation eine zentrale Rolle: Neben Spar-Aufrufen ist in den Krisenplänen daher auch festgehalten, dass industrielle Großverbraucher schon früh auf die Möglichkeit vorbereitet werden sollen, dass sie ihren Verbrauch einschränken müssen. 

„Viele energieintensive Prozesse in der Industrie können nicht kurzfristig heruntergefahren werden, ohne dass an den Anlagen massiver Schaden entsteht“, erklärt Jürgen Schneider die Bedeutung dieser Maßnahme. Zugleich kann aber ein Reduzieren des Verbrauchs durch die Industrie dennoch nötig sein, wenn in einer Energiemangellage gewährleistet werden soll, dass geschützte Kunden wie etwa Haushalte weiterhin Strom und Gas bekommen.

Eines ist den Teilnehmern der Krisenübung freilich auch wichtig zu betonen: Aktuell ist eine akute Mangellage nicht sehr wahrscheinlich. Denn Österreich geht gut vorbereitet und mit voll gefüllten Gasspeichern in den kommenden Winter. Ende November betrug der Speicherstand bei Gas 99 Prozent.

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