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Elektrizitätswirtschaftsgesetz: Das sagt die E-Wirtschaft

Vor kurzem endete die Begutachtung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG), das das in die Jahre gekommene ElWOG ablösen wird. Etliches in dem Entwurf ist gut gelungen, doch es gibt noch   Anpassungsbedarf. Wichtig ist ein zügiger Beschluss. 

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Zügig behandeln, bitte: Das ElWG sollte vom
Parlament jedenfalls noch in der laufenden Legislaturperiode beschlossen werden, empfiehlt
Oesterreichs Energie

Es soll die neue rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Elektrizitätsbranche für die kommenden etwa zehn Jahre bilden: das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das sich nach umfassender Begutachtung nun in parlamentarischer Behandlung befindet. Nach den Plänen des Energieministeriums (BMK) könnte der Beschluss noch vor dem Sommer erfolgen, jedenfalls aber noch vor dem Auslaufen der Legislaturperiode Ende September. Der Hintergrund ist: Das derzeit geltende Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) wurde in seiner ersten Fassung vor mehr als 20 Jahren zu Beginn der Strommarktöffnung beschlossen. Trotz einer Vielzahl von Novellen genügt es den Anforderungen der Energiewende nicht mehr. Aus diesem Grund entschloss sich das BMK zu einer weitgehenden, grundlegenden Neugestaltung des Elektrizitätsrechts. Nicht zuletzt plant das Ministerium dabei eine Bereinigung der Kompetenzen in diesem Bereich: Sie sollen so weit wie möglich auf den Bund übergehen. Den Bundesländern würden dagegen nur noch Details zur eigenen Ausgestaltung verbleiben.

Michael Strugl
„Erfolgt der Beschluss nicht mehr in der laufenden Legislaturperiode, verlieren wir mindestens ein Jahr. Diese Zeit haben wir nicht.“ Michael Strugl Präsident von Oesterreichs Energie 

Laut Oesterreichs Energie ist der Entwurf des ElWG über weite Strecken gut gelungen und eine solide Basis für die Bewältigung der Energiewende. Überdies erfolgen damit längst fällige Umsetzungen der europäischen Strombinnenmarkt-Richtlinie. Und das ist dringend notwendig, weil bereits ein Mahnschreiben der EU-Kommission an die Bundesregierung erging und ein Vertragsverletzungsverfahren droht. Wichtig sind deshalb nun zügige Verhandlungen im Parlament und ein rascher Beschluss im Plenum. Dieser bedarf einer Zweidrittelmehrheit und damit der Zustimmung zumindest der SPÖ oder der FPÖ, weil das ElWG ja in die Kompetenzen der Bundesländer eingreift. Michael Strugl, der Präsident von Oesterreichs Energie: „Wir sind der Auffassung, dass der Gesetzgeber dem Regulator zumindest grundlegende Leitlinien für seine Arbeit vorgeben sollte, damit die Regulierung im Einklang mit den politischen Zielen erfolgt.“ Strugl appelliert an die politischen Verantwortlichen, das Gesetz noch in der laufenden Legislaturperiode zu beschließen. Erfolge das nicht, „verlieren wir mindestens ein Jahr. Diese Zeit haben wir nicht.“ 
 

Modernes Energierecht 

Zu den etlichen positiven Aspekten des ElWG-Entwurfs gehört nach Ansicht von Oesterreichs Energie, dass dieser ein „modernes Energierecht auf Basis von europäischen Vorgaben“ schafft. Auch in diesem Zusammenhang stehen die Bestimmungen hinsichtlich der Einbindung von neuen Marktteilnehmern, darunter Aggregatoren und Energiegemeinschaften. Überdies enthält der Entwurf wichtige Regelungen zum Stromhandel zwischen Privatpersonen und Unternehmen, die nicht der E-Wirtschaft angehören (Peer-to-Peer-Verträgen), wenngleich im Detail noch Diskussionsbedarf besteht. Zu begrüßen ist weiters das „Vorhaben, endlich Rechtssicherheit bei verschiedenen Kund:innen-Themen wie Preisanpassungen, Sozialtarif und Grundversorgung zu schaffen“. Diesbezüglich hat eine Arbeitsgruppe unter Leitung des BMK ihre Tätigkeit aufgenommen, der Vertreter anderer mit dieser Thematik befasster Ministerien wie Konsumentenschutz oder Sozialpartner angehören. Auch Oesterreichs Energie ist in der Arbeitsgruppe vertreten. Erstmalig gesetzlich verankert ist im ElWG weiters ein Leistungspreis für verursachergerechtere Netzkosten. Dabei handelt es sich um eine langjährige Forderung von Oesterreichs Energie, zu der bekanntlich intensive und konstruktive Verhandlungen mit der Regulierungsbehörde E-Control stattfanden. Weil bis Jahresende die flächendeckende Installation digitaler Stromzähler (Smart Meter) bei Haushaltskunden abgeschlossen sein dürfte, ist die Einführung einer Leistungsbepreisung für sämtliche Stromkunden nun möglich. Als im Prinzip positiv erachtet Oesterreichs Energie darüber hinaus die Fokussierung des ElWG „auf Transparenz und Kundeninformation sowie die Stärkung der elektronischen Kommunikation“. Auch diesbezüglich müssen allerdings noch manche Fragen geklärt werden. Auch die „klaren Regeln für die Nutzung von Smart-Meter-Daten für den Netzbetrieb“ gehören nach Ansicht von Oesterreichs Energie zu den positiven Aspekten des ElWG-Entwurfs. 
 

Prioritäten teils unklar 

Bei allem deutlich sichtbaren guten Willen des BMK sind bei einem Vorhaben von der Dimension des ElWG manche  Schwächen jedoch kaum vermeidbar. Einer der Kritikpunkte von Oesterreichs Energie ist die teils unklare Prioritätensetzung bei der Digitalisierung. Laut dem Entwurf müssen die (Verteil-)Netzbetreiber dafür sorgen, „dass ehestmöglich, spätestens einen Monat ab dem Zeitpunkt der Installation eines intelligenten Messgeräts bei der jeweiligen Endkundin oder beim jeweiligen Endkunden, sämtliche Viertelstundenwerte im intelligenten Messgerät erfasst und zur Verfügbarkeit für die Endkundin oder den Endkunden 60 Kalendertage im intelligenten Messgerät gespeichert werden“.

PV-Anlage
Nicht dramatisch: Wird die Einspeisung einer PV-Anlage auf 70 Prozent begrenzt, können nur fünf Prozent der Erzeugung nicht ins Netz aufgenommen werden

Laut Oesterreichs Energie ist die Infrastruktur des Smart-Meterings für die Bewältigung der entsprechenden Datenmengen indessen nicht ausgelegt. Daher ist es nicht möglich, sämtliche Daten fristgerecht zu übermitteln und zu verarbeiten. Die E-Wirtschaft empfiehlt deshalb, vorerst jenen Kunden die Viertelstundenwerte zu senden, die diese tatsächlich benötigen – etwa Kunden, die selbst Strom erzeugen oder Flexibilität bereitstellen, aber auch Energiegemeinschaften sowie Kunden mit einem Jahresbedarf von mehr als 10.000 Kilowattstunden (kWh). Für alle anderen Kunden reicht dagegen die Übermittlung von Tageswerten aus.

Ferner wünscht Oesterreichs Energie die Einführung eines „flexiblen Netzzugangs“. Damit würde Verteilnetzbetreibern gestattet, die Einspeiseleistung von (Ökostrom-)Erzeugungs­anlagen dauerhaft auf 70 Prozent der Nennleistung zu begrenzen. Dies hört sich dramatischer an, als es ist: Bei Photovoltaikanlagen würde es bedeuten, dass maximal fünf Prozent des jährlich erzeugten Stroms nicht ins öffentliche Netz eingespeist werden. Und verloren wäre der Strom damit keineswegs: Er könnte beispielsweise vom Erzeuger selbst oder in einer Energiegemeinschaft genutzt, oder – etwa in Batterien – für eine spätere Verwendung gespeichert werden. Diese Einspeisebegrenzung würde es ermöglichen deutlich mehr Ökostromanlagen an das Netz anzuschließen. 

Auf die Stromspeicher bezieht sich eine weitere Empfehlung von Oesterreichs Energie. Laut dem ElWG-Entwurf können Speicher nur dann von den Netzentgelten befreit werden, wenn sie „systemdienlich“ betrieben werden. Dies ist per Einzelfallprüfung zu eruieren. Wie die E-Wirtschaft betont, sind solche Prüfungen aber sehr aufwendig. Sinnvoll wäre daher, neue Speicher aller Art inklusive Elektrolyseuren generell von den Netzentgelten zu befreien, wie dies etwa in Deutschland der Fall ist. 
 

Rechtssicherheit nötig 

Dringend nötig ist die Schaffung der Rechtssicherheit bei Preisanpassungen. Der ElWG-Entwurf übernimmt im Wesentlichen die geltenden Bestimmungen des ElWOG, die sich als untauglich erwiesen haben. Umso wichtiger ist es, im Rahmen der eingangs genannten Arbeitsgruppe des BMK taugliche Regeln zu schaffen – auch was die Grundversorgung und die eventuelle Einführung von Sozialtarifen betrifft. Die Gespräche sind im Gang, eine Einigung gibt es noch nicht. 

Angepasst werden sollte laut Oesterreichs Energie die Verpflichtung, allen Kunden, die über Smart Meter verfügen, monatliche Stromrechnungen zu stellen. Grundsätzlich begrüßt die Branche diese Regelung. Aufgrund technischer und organisatorischer Gegebenheiten empfiehlt sich aber die Festlegung praktikabler Fristen. Immerhin betrifft die Umstellung mehr als fünf Millionen Zählpunkte. Es bedarf daher ausreichender Zeit und umfassender Kommunikation gegenüber den Kunden, um Verunsicherungen zu vermeiden. 

Schließlich gibt der ElWG-Entwurf der E-Control eine weitreichende Verordnungsbefugnis, vor allem für Festlegungen zur Bemessung und Verrechnung des Netznutzungs-, Netzanschluss- und Netzverlustentgelts, aber auch bei allfälligen Ausnahmen, Pauschalierungen, Rabatten und Zuschlägen für dynamische Tarife. Damit überträgt der Gesetzgeber der Behörde ein hohes Maß an Entscheidungsgewalt. Wichtig wäre laut Oesterreichs Energie demgegenüber, zumindest die Grundsätze der Kostenermittlung gesetzlich festzulegen und über die grundlegenden Leitlinien „weiterhin politisch zu entscheiden“. 

Das ElWG: Die Forderungen der E-Wirtschaft

Im Wesentlichen erhebt Oesterreichs Energie zum ElWG-Entwurf folgende Forderungen:

  • Klare Prioritäten bei Digitalisierung 
    Übermittlung der mit Smart Metern erhobenen Viertelstundenwerte zuerst an jene Kunden, die diese benötigen.
  • Möglichkeit des flexiblen Netzzugangs 
    Dauerhafte Begrenzung der Einspeiseleistung von Erzeugungsanlagen auf 70 Prozent der Nennleistung. 
  • Befreiung der Speicher von Netzentgelten 
    Entfall des Kriteriums der „Netzdienlichkeit“ und der vorgesehenen aufwendigen Einzelfallprüfungen.
  • Rechtssicherheit bei Preisanpassungen 
    Klare gesetzliche Regelung wie Preise angepasst werden können.
  • Trennung von Grundversorgung und Sozialtarif
    Gute Kommunikation der Umstellung auf monatliche Abrechnung  Dies betrifft auch die Festlegung praktikabler Fristen für die Umstellung.  
  • Klare Vorgaben für die Regulierungsbehörde bei der Bestimmung der Netztarife 
    Gesetzliche Festlegung der Grundsätze zur Kostenermittlung.

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