Die E-Wirtschaft zum neuen ElWG
Vieles am kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz ist aus Sicht der Elektrizitätswirtschaft positiv. Unbefriedigend bleiben aber die Regelungen zur Preisanpassung.
Schon beim Oesterreichs Energie Trendforum Mitte März hatten Vertreterinnen und Vertreter der Branche ihre grundsätzliche Position zum kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) umrissen. Das ElWG soll das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz ablösen, das in seinen Grundzügen vor rund 20 Jahren beschlossen wurde und bis heute den wichtigsten rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit der E-Wirtschaft darstellt. Oesterreichs Energie Präsident Michael Strugl forderte im Zuge der Veranstaltung das ElWG unbedingt noch vor dem Sommer – und damit vor dem Ende der Legislaturperiode – zu beschließen.
Im Rahmen der Veranstaltung bekundeten die anwesenden Repräsentantinnen und Repräsentanten aller Parlamentsparteien zumindest ihre prinzipielle Unterstützung für das neue Gesetz. Auch die Branche war sich einig, dass die Fachleute des Energieministeriums (BMK), allen voran der zuständige Sektionschef Jürgen Schneider und der Leiter der Rechtsabteilung, Benedikt Ennser, bei der Erarbeitung dieser komplexen Gesetzesmaterie sehr gute Arbeit geleistet hatten. Oesterreichs Energie selbst hatte im Zuge der Begutachtung eine umfassende Stellungnahme zum ElWG-Entwurf eingebracht.
Moderner Rechtsrahmen
Einige Wochen später diskutierten die Expertinnen und Experten von Oesterreichs Energie, des BMK, der E-Control sowie Juristinnen und Juristen im Rahmen einer Fachtagung den aktuellen Stand des ElWG. Barbara Schmidt, die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, betonte dabei: „Vieles am ElWG ist positiv. Es ist ein moderner Rahmen für das Stromsystem und die längst fällige Umsetzung der Strombinnenmarkt-Richtlinie der EU.“ Der Entwurf enthält etliche Punkte, die Oesterreichs Energie schon seit Langem immer wieder einfordert, darunter die Einführung einer Leistungsbepreisung für sämtliche Kundinnen und Kunden bei den Stromnetztarifen sowie klare Regeln für die Nutzung der mit den digitalen Stromzählern erhobenen Daten. Diese sollen künftig auch ohne ausdrückliche Zustimmung der einzelnen Kundinnen und Kunden in anonymisierter Form für die Netzplanung genutzt werden.
Begrüßt werden von der E-Wirtschaft auch die im ElWG vorgesehenen „Regelungen zur Einbindung von neuen Marktteilnehmern wie Aggregatoren oder Energiegemeinschaften und Peer-to-Peer-Verträgen ins Marktsystem“, sagt Schmidt. Hier sind allerdings noch Nachbesserungen im Hinblick auf ein Level-Playing-Field geboten. Erfreulich ist weiters: Im Rahmen einer vom BMK eingerichteten Arbeitsgruppe, an der auch Oesterreichs Energie mitwirkte, gelang es, klare Regeln hinsichtlich der Grundversorgung mit elektrischer Energie zu schaffen und diese von einem Sozialtarif abzugrenzen. Der Begriff „Sozialtarif“ soll künftig übrigens keine Verwendung mehr finden: Stattdessen spricht das BMK von einem „gestützten Preis“ für schutzbedürftige Haushalte.
Anpassungen wünschenswert
Doch es gibt im Gesetzesentwurf auch Regelungen, bei denen die Branche noch Anpassungsbedarf sieht. Bei der Fachtagung ging Schmidt insbesondere auf drei Punkte ein. Der erste davon ist der Austausch der mit den Smart Metern erhobenen Daten. Die ursprünglichen Regelungen für die Einführung der digitalen Stromzähler sahen vor, den Kundinnen und Kunden die Tageswerte hinsichtlich ihres Stromverbrauchs und der in Anspruch genommenen Leistung zu übermitteln.
Dem ElWG-Entwurf zufolge wird künftig stattdessen die Übermittlung der Viertelstundenwerte verlangt. Wie Schmidt betonte, sind die installierten Geräte sowie die verfügbaren Kommunikationsmittel – Stichwort Powerline – dafür nicht ausgelegt. „Wir sind deshalb der Meinung, dass zuerst jene Kundinnen und Kunden die Viertelstundenwerte bekommen sollten, die sie auch wirklich brauchen, also etwa Kundinnen und Kunden, die eine Photovoltaikanlage betreiben oder die einer Energiegemeinschaft angehören. Ihnen diese Daten, wie vorgesehen, bis 15 Uhr am jeweiligen Folgetag zu übermitteln, können wir garantieren“, erläuterte Schmidt.
Die zweite, aus Sicht von Oesterreichs Energie, wesentliche Anpassung des ElWG-Entwurfs betrifft den flexiblen Netzzugang. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre es hilfreich, die Einspeiseleistung („netzwirksame Leistung“) von Photovoltaikanlagen dauerhaft auf 70 Prozent der Nennleistung begrenzen zu dürfen. Dies würde es ermöglichen, die Anzahl der angeschlossenen Anlagen um etwa 40 Prozent zu erhöhen. Mit nennenswerten wirtschaftlichen Einbußen für die Betreiber ist nicht zu rechnen, gerade auch, weil diese den nicht eingespeisten Strom oft speichern und zu einem späteren Zeitpunkt nutzen können.
Das dritte Anliegen der E-Wirtschaft bezieht sich auf die monatlichen Abrechnungen für die Endkundinnen und Endkunden, die auf der Grundlage der mit den Smart Metern gemessenen Daten zu erstellen sind. Grundsätzlich begrüßt die E-Wirtschaft diese Regelung, die die Stromkosten transparenter macht und so zu einem verantwortungsbewussteren Umgang mit elektrischer Energie beitragen kann. Allerdings handelt es sich laut Schmidt um eine „komplette Umstellung der Abrechnung“, die den Kundinnen und Kunden in angemessener Weise kommuniziert werden muss. Wegen des saisonal bedingten höheren Verbrauchs haben diese im Winterhalbjahr – möglicherweise erheblich – höhere Rechnungsbeträge zu erwarten als während der Sommermonate. Schmidt plädiert in diesem Zusammenhang für eine umfassende Kommunikationskampagne um die Kundinnen und Kunden rechtzeitig über die bevorstehenden Änderungen zu informieren. „Die Umstellung auf die monatliche Abrechnung sollte auch eher im Sommer erfolgen, damit die Rechnungen nicht sprunghaft steigen“, erläuterte Schmidt.
Keine Rechtssicherheit bei Verträgen
Bei einem zentralen Problem dürfte das ElWG aber keine Klarheit schaffen: Der vom BMK eingesetzten Arbeitsgruppe gelang es bislang nicht, sich auf rechtssichere Bestimmungen bezüglich der Änderung der Strompreise sowie der Allgemeinen Lieferbedingungen für Endkundinnen und Endkunden zu einigen. Laut Schmidt bemühten sich die Fachleute des BMK nach Kräften und führten ebenso intensive wie konstruktive Gespräche: „Leider gibt es trotzdem kein Ergebnis, das für die Branche befriedigend ist.“ Im Wesentlichen werden die unklaren Regelungen des ElWOG – Stichwort § 80 Abs. 2a – übernommen und teilweise sogar verschärft. Ein Wiener Rechtsanwalt bezeichnete dies bei der Fachtagung als „§ 80 Abs. 2a zum Quadrat“. Ihm zufolge sind damit weitere Rechtsstreitigkeiten zwischen der E-Wirtschaft und Konsumentenschutzverbänden programmiert. Ob es gelingt, daran im Rahmen der politischen Verhandlungen etwas zu ändern, ist offen.
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