Bringen IT-Großverbraucher die Atomkraft zurück?
Strom ohne Umweg über das öffentliche Netz direkt vom AKW beziehen – mit diesem Modell wollte Amazon den Energiebedarf eines seiner Rechenzentren decken. Warum die Idee von US-Regulierern abgelehnt wurde und wie Österreich mit Großverbrauchern umgeht.
Um die Auseinandersetzung zwischen Amazon und der US-Regulierungsbehörde FERC (Federal Energy Regulatory Commission) nachvollziehen zu können, müssen zunächst einmal ein paar Zahlen genannt werden: Die Erzeugungskapazität des AKWs Susquehanna, von dem Amazon Strom für sein Rechenzentrum direkt beziehen wollte, beträgt 2.520 Megawatt. Schon in der Vergangenheit bekam Amazon 300 Megawatt davon. Dieses Jahr wollte der Konzern die Abnahme auf mehr als das Dreifache erhöhen und dafür ein eigenes kurzes Übertragungsnetz bauen.
Die zuständige Behörde hat dem Vorhaben allerdings eine Absage erteilt. Aus guten Gründen, wie man sagen muss. Zum einen spielten wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Wenn eine Kundin bzw. ein Kunde mehr als ein Drittel der von einem Kraftwerk erzeugten Energie verbraucht, sich dafür aber nicht am Übertragungsnetz beteiligen will, so ist das ohne Zweifel unfair, weil die Kosten sich dann auf dementsprechend weniger Zahler:innen verteilen.
Nicht minder schwer wiegen aber auch technische Bedenken. Ein Data-Center verbraucht gigantische Mengen an Energie. Dieser Verbrauch ist allerdings nicht konstant. Zwangsläufig würde es daher bei dem von Amazon gewünschten Modell zu Perioden kommen, in denen der nicht gebrauchte Strom von Amazon in großen Mengen ins Netz zurückfließt. Bei einem Ausfall des AKWs würde Amazon hingegen auf einmal Unmengen an Strom aus dem Netz ziehen. Beides wäre für die Netzstabilität fatal.
Die Herausforderung, dass Großverbraucher ans Netz angeschlossen werden und es potentiell destabilisieren können, gibt es natürlich auch anderswo, etwa in Bundesländern mit einer hohen Industriedichte und der fortschreitenden Elektrifizierung. Der Unterschied zwischen den USA und Österreich besteht allerdings darin, dass in Österreich die Vorbereitungen für den Anschluss von Großverbrauchern Teil der langfristigen Netzplanung sind und sich die Unternehmen an den Kosten, etwa über Netztarife, beteiligen. Amazon wollte hingegen sofort angeschlossen werden und dabei gleichzeitig Netzkosten sparen.
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