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5 Fragen an Florian Haslauer, Geschäftsführer von e.venture Consulting

Der Energieexperte über Strompreise und den Wettbewerb am heimischen Markt.
 

Sind die Strompreise in Österreich angemessen?

Florian Haslauer: Die Frage ist, woran man Angemessenheit festmacht. Wenn man die Preise im europäischen Vergleich sieht, dann liegt Österreich im europäischen Mittelfeld. Auch an den Erzeugungskosten in Österreich kann man die Angemessenheit sehen, wenn man Vollkosten und nicht Grenzkosten zugrunde legt. Wirklich relevant sind die Großhandelspreise. Hier hat es teils für kurze Zeit sehr hohe Preise gegeben, die je nach Beschaffungsstrategie der Lieferanten schneller oder langsamer in den Strompreisen für die Endkundinnen und -kunden ihren Niederschlag finden.

Florian Haslauer
ist ein international renommierter Energieexperte mit mehr als 25 Jahren globaler Branchen­erfahrung. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer von e.venture Consulting in Berlin.

Sind die Strompreise Inflationstreiber?

Haslauer: Die Strompreise im Haushaltssegment sind im Durchschnitt um 30 bis 50 % gestiegen. Es gibt auch Ausreißer darüber hinaus. Bei den Industriekunden schlagen die Steigerungen der Großhandelspreise in höherem Ausmaß durch und die Preissteigerungen belaufen sich auf eine Vervier- bis Verfünffachung. Damit ist natürlich ein Beitrag zur Inflation gegeben. Allerdings drängt sich teilweise der Eindruck auf, dass in der öffentlichen Diskussion die Bedeutung des Beitrags der Stromkosten überschätzt wird. Für Haushaltskunden wirkt die Stromkostenbremse unmittelbar inflationsdämpfend. Zudem gibt es weitgehende Unterstützungsmaßnahmen im Unternehmensbereich.
 

Werden die Preissenkungen schnell genug an die Kunden weitergegeben?

Haslauer: Man sieht unterschiedliche Entwicklungen, die davon abhängen, wie die Lieferanten beschaffen. Zahlreiche Lieferanten beschaffen mindestens ein Jahr im Vorhinein. Deshalb sind die Preise zeitverzögert zur Entwicklung am Großhandelsmarkt gestiegen. Manche Lieferanten können schon wieder senken, während andere, die längerfristig, z. B. zwei Jahre im Vorhinein beschaffen, noch steigende Kosten in der Beschaffung haben.
 

Gibt es am heimischen Markt zu wenig Wettbewerb?

Haslauer: Im Vergleich zu anderen europäischen Märkten gibt es genügend alternative Angebote. Die Wechselquote ist trotzdem vergleichsweise gering, mit Ausnahme einiger städtischer Regionen. Es hat sich aber auch gezeigt, dass viele der alternativen Anbieter deshalb günstiger waren, weil sie kurzfristiger beschafft haben, was in Zeiten eher fallender Großhandelsmarktpreise oder in Zeiten, in denen die Spotmarktpreise teils geringer sind als die Terminmarktpreise, Vorteile in den Beschaffungskosten bringt. Allerdings ist das Risiko wesentlich höher, was diese Anbieter dann mit den steigenden Preisen voll getroffen hat. Einige stellten die Belieferung der Kundinnen und Kunden ein. Der Wettbewerb in Österreich war in den vergangenen 10 Jahren jedenfalls ausreichend groß, um die Margen im Stromvertriebsgeschäft zu reduzieren.
 

Wie können die Angebote für Kundinnen und Kunden  bei der Anbieterwahl einfacher gestaltet werden?

Haslauer: Ich meine, dass die Angebote vieler Anbieter schon sehr einfach sind. Wichtig ist, dass die Kundin bzw. der Kunde versteht, was sie oder er vergleichen kann oder muss und was ohnehin bei jedem Lieferanten gleich ist, wie die Netztarife sowie die Steuern und Abgaben. Bisher war Strom eher ein „Low Interest“-Produkt, bei dem die Kundinnen und Kunden  nicht sehr viel Zeit dafür aufgewendet hat, sich mit Angeboten oder Rechnungen auseinanderzusetzen. Das ändert sich aber jetzt aufgrund der höheren Preise. Das Informationsbedürfnis der Kundin bzw. des Kunden steigt und damit die Anforderungen an die Lieferanten – sowohl was neue Angebote, aber auch was die Bestandskundinnen und -kunden betrifft.