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Klimaziele konkret

Klimaziele – der Begriff ist aus der öffentlichen Diskussion nicht mehr wegzudenken. Doch oft bleibt unklar, welche konkreten Fakten dahinter stehen, auf welche Annahmen sich die dazu gehörigen Berechnungen stützen und was getan werden muss, damit die Klima- und Energiewende gelingt. Wir bringen Licht ins Dunkel. Eine Erklärung in vier Punkten.

Klammsee nach Sonnenaufgang, Kaprun Österreich
© AdobeStock/Andreas

Übereinkommen von Paris

Die aktuellen nationalen und europäischen Klimaschutzmaßnahmen leiten sich aus dem 2015 beschlossenen Pariser Klimaschutzübereinkommen ab. Die ursprüngliche Vorgabe, die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken, wurde nach 2015 auf 1,5 Grad verschärft. Die regelmäßigen Berichte des Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC zeigen allerdings, dass global gesehen derzeit nicht genug getan wird, um das in Paris formulierte Ziel zu erreichen.

In Europa setzt der 2019 von der Europäischen Kommission formulierte European Green Deal die Rahmenbedingungen für die Klimapolitik fest. Ziel des European Green Deals ist es, die Europäische Union bis 2050 klimaneutral zu machen.
 

European Green Deal: Fit for 55

Bereits in wenigen Jahren, nämlich 2030, muss das erste Zwischenziel auf dem Weg zur europäischen Klimaneutralität erreicht werden – eine Senkung der Treibhaus­gas­emissionen um 55 Prozent verglichen mit dem Wert des Jahres 1990. Viele europäische Staaten sind dieser Vorgabe bereits ein gutes Stück nähergekommen. In Deutschland liegen die Einsparungen aktuell bei 36 Prozent, in Dänemark bei 37 Prozent. Andere Länder hinken hingegen dem Reduktionsziel für 2030 noch hinterher, darunter auch Österreich, das keine Reduktion, sondern einen Anstieg von zwei  Prozent aufweist.

Um die aktuellen Vorgaben der Europäischen Kommission zu erreichen, muss Österreich seinen Ausstoß von Treibhausgasen daher deutlich stärker senken als das in den bisherigen Plänen vorgesehen war.  

Lag das nationale österreichische Reduktionsziel in Sektoren, die nicht vom Emissionshandel betroffen sind, also Verkehr, Gebäude, Abfall- und Landwirtschaft, bei 36 Prozent (verglichen mit 2005), so müssen in diesem Bereich nun entsprechend der Lastenteilungsverordnung 48 Prozent geschafft werden. In den vom Emissionshandel betroffenen Sektoren, also Industrie und Energie, beträgt das Reduktionsziel bis 2030 62 Prozent. In Summe sollen die Einsparungen in den vom Emissionshandel betroffenen Sektoren (ETS-Sektoren) und den davon nicht betroffenen (Non-ETS-) Sektoren die angestrebte Gesamtreduktion von 55 Prozent ermöglichen.

Eng verbunden mit der Reduktion der Treibhausgase ist eine weitere Vorgabe der Europäischen Union, nämlich die Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien. Deren Anteil am europäischen Gesamtenergieverbrauch soll auf 42,5 Prozent gesteigert werden. Zudem wurde eine indikative zusätzliche Steigerung von 2,5 Prozent vorgesehen, mit der ein Anteil von 45 Prozent erreichbar würde. Zudem soll eine Senkung des Endenergieverbrauchs auf EU-Ebene um 11,7 Prozent bis 2030 erzielt werden.
 

Nationale Ziele

Beim Ausbau der Erneuerbaren hat sich Österreich allerdings ein ambitioniertes nationales Ziel gesetzt. Bis 2030 soll die österreichische Stromproduktion bilanziell erneuerbar sein.

Produktion von Windenergie aus Windräder in einem Feld
© AdobeStock/Christoph Walter

Österreich wird dann so viel grünen Strom erzeugen, wie es verbraucht. Soll das gelingen, wird es nötig sein, dass die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 um 27 Terawattstunden steigt – eine beindruckende Zahl, die im Diskurs rund um die Klimaziele dementsprechend häufig genannt wird.

Damit Europa 2050 ein klimaneutraler Kontinent werden kann, haben sich einige europäische Staaten überdies verpflichtet, die Klimaneutralität schon früher zu schaffen. In Österreich soll das im Jahr 2040 geschehen, in Deutschland bis 2045. Die bilanziell zu hundert Prozent erneuerbare Stromproduktion ist ein wichtiger Zwischenschritt auf diesem Weg.

Mit den bis dato gesetzten Maßnahmen allein lässt sich das allerdings nicht machen. Oesterreichs Energie hat daher in der „Stromstrategie 2040“ dargelegt, welche Schritte und Investitionen auf dem Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2040 nötig sind. Der Stromsektor ist davon besonders stark betroffen, denn unter der Annahme einer Klimaneutralität bis 2040 wird sich der Strombedarf in Österreich verdoppeln – selbst dann, wenn zugleich alle Potentiale zur Effizienzsteigerung ausgeschöpft werden.

Die angestrebte Verdopplung der Stromproduktion bedeutet, dass die installierte Leistung von derzeit rund 25 GW auf 70 GW nahezu verdreifacht werden muss. Denn Erneuerbare Energien können nicht konstant die volle Leistung bringen. Berücksichtigt man Tage und Jahreszeiten mit schlechter Wind- oder Sonnenausbeute, müssen die Anlagen daher dementsprechend größer dimensioniert sein.

Volatile erneuerbare Energie stellt aber auch die Netze vor ganz andere Herausforderungen als das bislang der Fall war. Die Netzspannung konstant zu halten und die Energieversorgung sicherzustellen, ist unter den Bedingungen einer hundertprozentig erneuerbaren Energieproduktion deutlich schwieriger. Um die bestehende Netzinfrastruktur auf die Bedingungen der Klimaneutralität anzupassen, sind daher beträchtliche Investitionen nötig. Experten sprechen von 15,2 Milliarden Euro bis 2030 und 30,3 Milliarden Euro bis 2040.

Unumgänglich für das Gelingen der Energiewende werden auch Investitionen in die Speicherinfrastruktur sein: in die Batterietechnologie, in Pumpspeicher und auch in grünen Wasserstoff. Allein um die Versorgungslücke zwischen dem Sommer mit seinem guten Dargebot an erneuerbarer Energie und dem schwächeren Winter auszugleichen, sind zwei Terrawattstunden Strom aus grünem Wasserstoff nötig.
 

Ziel 2050: Klimaneutrale Europäische Union

Während Österreich 2040 bereits klimaneutral sein will, sind die gesamteuropäischen Ziele, die bis dahin erreicht werden sollen noch unklar. Ursprünglich war hier bis 2040 eine Senkung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent vorgesehen. Da dieses Ziel inzwischen auf das Jahr 2030 nach vorne verlegt wurde, muss nun eine neue Vorgabe gefunden werden. Dieser Prozess hat in der EU gerade begonnen.

2050 will die Europäische Union klimaneutral sein. Ab dann soll nur so viel an CO2 ausgestoßen werden wie durch andere Maßnahmen ausgeglichen werden kann. Diese Vorgabe bringt die Notwendigkeit mit sich, auf die Nutzung fossiler Ressourcen nahezu vollständig zu verzichten. Derzeit werden laufend Programme und Regelungen geschaffen, die das ermöglichen sollen, zuletzt der Net-Zero Industry Act. In Reaktion auf den amerikanischen Inflation Reduction Act und die chinesischen Maßnahmen zur Förderung klimaneutraler Technologien hat er das Ziel, die Dekarbonisierung und Elektrifizierung der europäischen Industrie beschleunigen.

Weitere Informationen

Stromstrategie 2040